Erbarmen
er stärker denn je in diesem Fall, dass er als Bindeglied zwischen Opfer und Täter stand. Ja, zum ersten Mal war er sich seiner Sache sicher. Dieser Atomos war zu einem reinen Teufel herangewachsen. Blumig ausgedrückt
Das Böse in ihm hatte ihn zu Merete Lynggaard geführt, die Frage war jetzt nur noch, warum und wie und wann. Vielleicht würde er darauf nie eine Antwort erhalten, aber der Wille dazu war jedenfalls vorhanden.
Da sollte doch eine Frau wie Mona Ibsen in der Zwischenzeit ruhig ihren Ehering putzen.
Anschließend schickte er die Fotos an Bille Antvorskov, den Mann von BasicGen. Keine fünf Minuten später hatte er die Antwort per E-Mail vorliegen. Ja, doch, der eine Junge auf den Fotos erinnere ihn sehr an den Mann, den er nach Christiansborg mitgenommen hat. Aber unterschreiben könnte er nicht, dass er es war.
Carl war trotzdem zufrieden. Er war sicher, dass Bille Antvorskov niemals irgendetwas unterschreiben würde, was er nicht zuerst auf Herz und Nieren geprüft hatte.
Dann klingelte das Telefon. Aber weder der Mann aus Godhavn noch Assad war dran, wie er angenommen hatte, sondern ausgerechnet Vigga.
»Wo bleibst du denn, Carl?« Ihre Stimme vibrierte förmlich. Er versuchte zu erkennen, was los war. Aber noch ehe er zu einem Ergebnis gelangt war, kam die Suada.
»Der Empfang hat vor einer halben Stunde angefangen, und bisher ist keine Menschenseele aufgetaucht. Wir haben zehn Flaschen Wein und zwanzig Tüten mit Snacks. Wenn du jetzt auch noch wegbleibst, dann weiß ich gar nicht mehr weiter.«
»Du meinst in deiner Galerie?«
An dem kurzen Schniefen am anderen Ende hörte er, dass sie kurz davor war, in Tränen auszubrechen.
»Ich weiß nichts von einem Empfang.«
»Hugin hat vorgestern fünfzig Einladungen rausgeschickt.« Sie schniefte ein letztes Mal, dann kam wieder die gute alte Vigga zum Vorschein. »Warum kann man nicht zumindest mit
deiner
Unterstützung rechnen? Du, der du doch sogar Geld in das Projekt gesteckt hast!«
»Frag doch mal das wandelnde Gespenst.«
»Wen bezeichnest du als Gespenst? Hugin?«
»Hast du noch andere von dieser Sorte rumlaufen ?«
»Hugin hat jedenfalls mindestens ein ebenso großes Interesse daran wie ich, dass das hier funktioniert.«
Das bezweifelte er nicht. Wo sonst konnte der seine Klecksereien ausstellen?
»Vigga, ich sage nur: Wenn dieser Einstein überhaupt daran gedacht hat, die Briefe am Samstag in den Briefkasten zu stecken, wie er behauptet, dann liegen sie doch frühestens in den Briefkästen, wenn die Leute irgendwann nachher von der Arbeit nach Hause kommen.«
»Ach verdammter Mist, natürlich!«, stöhnte sie.
So gab es einen Mann in Schwarz, der an diesem Tag der Blamierte war. Schadenfreude ist die schönste Freude.
Tage Baggesen klopfte in dem Moment an Carls Türrahmen, als dieser sich gerade eine der Zigaretten angezündet hatte, nach denen er sich seit Stunden verzehrte.
»Ja«, sagte er, die Lungen voller Rauch, und erkannte den Mann, der offenbar einen hübschen kleinen Rausch hatte und einen Geruch von Cognac und Bier verströmte.
»Ja, es tut mir leid. Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich unser Telefonat neulich vorzeitig abgebrochen habe. Ich musste nachdenken, jetzt wo die Dinge doch ans Tageslicht kommen.«
Carl bat ihn, Platz zu nehmen, und fragte, ob er etwas zu trinken haben wolle, aber der Parlamentarier winkte mit einer Hand ab, während er mit der anderen nach der Stuhllehne griff. Nein, durstig war der wohl nicht mehr.
»An welche Dinge denken Sie da im Augenblick?« Carl bemühte sich, seine Frage so klingen zu lassen, als hätte er noch etwas in der Hinterhand, was aber nicht der Fall war.
»Morgen werde ich von meinem Posten im Folketing zurücktreten«, sagte Baggesen und sah sich mit müden Augen im Raum um. »Nach diesem Gespräch gehe ich zu unserem Vorsitzenden. Merete hat mich gewarnt, dass es so kommen würde, wenn ich nicht auf sie hörte. Aber ich habe nicht auf sie gehört, sondern das getan, was ich nie hätte tun sollen.«
Carl kniff die Augen zusammen. »Dann ist es ja gut, dass wir zwei reinen Tisch machen, ehe Sie vor Gott und aller Welt Ihr Geständnis ablegen.«
Baggesen nickte und senkte den Kopf. »Ich habe 2000 und 2001 Aktien gekauft, und ich habe dabei Gewinne gemacht.«
»Was für Aktien?«
»Allen möglichen Mist. Und dann bekam ich einen neuen Finanzberater, der mir riet, in Waffenfabriken in den USA und in Frankreich zu investieren.«
Auf die Idee,
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