Erbarmen
Arbeit abliefern?«
Aber das wollte Assad nach wie vor nicht verraten.
Carl wollte ihm gerade erklären, dass für seine Chancen, den Job zu behalten, solche Geheimniskrämerei gar nicht gut war, als das Telefon klingelte.
Es war der Heimleiter aus Egely, und seine Abneigung gegenüber Carl triefte förmlich aus dem Hörer. »Ich wollte Sie nur darüber informieren, dass Uffe Lynggaard die Einrichtung kurz nach Ihrem vollständig wahnsinnigen Übergriff am Freitag verlassen hat. Wir wissen nicht, wo er jetzt ist. Die Polizei in Frederikssund ist informiert. Aber wenn ihm etwas zustoßen sollte, Carl Mørck, dann werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, dass Ihre Karriere damit beendet ist.«
Dann knallte er den Hörer auf die Gabel und ließ Carl in dröhnender Leere zurück.
Zwei Minuten später rief der Chef der Mordkommission an und bat ihn, in sein Büro zu kommen. Er machte keine großen Worte, aber das war auch nicht nötig. Den Tonfall kannte Carl.
Er musste nach oben, und zwar sofort und auf der Stelle.
Kap 33 - 2007
Der Albtraum begann schon am Zeitungskiosk im Bahnhof von Allerød. Die umfangreiche Osterausgabe der Zeitung >Gossip< erschien einen Wochentag früher als sonst. Alle, die Carl auch nur im Entferntesten kannten, wussten jetzt, dass ein Foto von ihm, dem Vizekriminalkommissar Carl Mørck, auf der ersten Seite unten in der Ecke prangte, unterhalb der Nachricht von der bevorstehenden Hochzeit des Prinzen mit seiner französischen Freundin.
Einige der Einheimischen wandten sich peinlich berührt ab, als sie belegte Brötchen und Obst kauften. »Kriminalpolizist bedroht Journalisten« lautete die Schlagzeile. Darunter stand in kleinerer Schrift: »Die Wahrheit über die Todesschüsse«.
Der Besitzer des Kiosk wirkte enttäuscht, als er merkte, dass Carl ganz offensichtlich nicht die Absicht hatte, in eine Zeitung zu investieren. Aber dass Pelle Hyttested durch seinen Einsatz indirekt seine Brötchen verdiente, das wollte Carl ums Verrecken nicht auch noch unterstützen.
Im Zug gafften ihn etliche mehr oder weniger offen an. Carl spürte wieder, wie sich der Druck in seinem Brustkasten breitmachte.
Im Präsidium war es nicht besser. Der vorige Tag hatte damit geendet, dass er dem Chef zu Uffe Lynggaards Verschwinden Rede und Antwort stehen musste und zurechtgewiesen wurde. Nun wurde er gleich wieder nach oben beordert.
»Was glotzt ihr denn so, ihr Deppen«, zischte er auf dem Weg in Jacobsens Büro einige Kollegen an, die nicht so wirkten, als tue er ihnen leid.
»Tja, Carl. Langsam stellt sich doch die Frage, was wir mit dir machen sollen«, begann Marcus Jacobsen. »Nächste Woche muss ich dann wohl Überschriften befürchten, die besagen, du hättest einem geistig behinderten Menschen gegenüber psychischen Terror ausgeübt. Du weißt doch, was die Presse sich einfallen lässt, falls Uffe Lynggaard umkommt.« Er deutete auf die Zeitung. Ein Foto, das ein Reporter vor einigen Jahren an einem Tatort aufgenommen hatte, zu dem Carl gerufen worden war, zeigte einen verärgerten Kriminalbeamten. Carl erinnerte sich sehr gut daran, wie die Presse mit Gewalt aus dem abgesperrten Gebiet um den Tatort vertrieben werden musste und wie wütend die Journalisten geworden waren.
»Nun frage ich dich, Carl: Was sollen wir mit dir machen?« Carl zog die Zeitung näher zu sich heran und überflog mit zunehmendem Ärger den Text inmitten des grellroten und -gelben Layouts. Die konnten einen Mann wirklich in den Dreck ziehen, diese Klatschjournalisten der untersten Kaste.
»Ich habe mich gegenüber >Gossip< überhaupt nie zu dem Fall geäußert«, sagte er. »Ich habe lediglich gesagt, dass ich für Anker und Hardy mein Leben gegeben hätte, weiter nichts. Ignorier es, Marcus. Oder setz einen der Anwälte darauf an.«
Er warf die Wochenzeitung auf den Tisch und stand auf. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Was zum Teufel wollte Marcus jetzt machen? Ihn vielleicht rauswerfen ? Das würde noch mehr solcher erstklassigen Überschriften produzieren.
Der Chef sah ihn resigniert an. »Vom Fernsehsender TV 2 kam ein Anruf. Das Kriminalmagazin >Station 2< will mit dir sprechen. Ich habe ihnen gesagt, das könnten sie vergessen.«
»Okay.« Der Chef wagte wohl nichts anderes zu tun.
»Sie fragten mich, ob an dieser Geschichte im >Gossip< von der Schießerei und dir draußen auf Amager was dran sei.«
»Aha. Da wüsste ich doch gerne, was du geantwortet hast.«
»Ich habe ihnen gesagt, das Ganze
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