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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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allerersten Drachentochter, noch hier lebte. Ihr zuliebe wurden sie so erbaut, dass sie die Stadt bequem betreten und verlassen konnte.«
    Mina schüttelte den Kopf. »Unmöglich! Die Tore mögen ja groß genug für einen Drachen sein, aber die Straßen der Stadt sind zu klein und verwinkelt. Da hätten ja schon drei Pferde nebeneinander echte Probleme voranzukommen.«
    »Ja, heute mag das so sein, aber damals, als die Stadt nur aus einer traurigen Hüttenansammlung um den Palast herum bestand, bot Tempelburg ausreichend Platz für einen Drachen.«
    Er ließ sein Reittier tiefer sinken und löste sich somit aus der Keilformation, die die Greifen kompromisslos gehalten hatten. »Jetzt sind wir direkt über der Stadtmauer. Seht Ihr sie, Mina? Seht Ihr die Perfektion, mit der die Steine angeglichen wurden?« Er strahlte.
    »Du kommst aus Tempelburg, nicht wahr? Es ist dein Zuhause«, stellte Mina unvermittelt fest. Es war keine Frage.
    Ihre Blicke trafen sich. »Ja, das stimmt. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, und irgendwann habe ich mir meinen Jugendtraum erfüllt: Ich bin in die Armee der Drachentochter eingetreten. Mein Ziel war es, zu einem Greifenreiter berufen zu werden, von denen es nur wenige gibt und deren Ausbildung zu den härtesten zählt. Nur die besten und treusten Wächter der Leibgarde dürfen auf die Rücken dieser edlen Tiere. Und wir in Tempelburg sind die Einzigen, die gezähmte Greife vorweisen können.« Stolz schwang in seiner Stimme mit.
    Mina verstand ihn, sie schaute wieder zur Stadt. Hinter den Stadtmauern erkannte sie ein Gespinst aus schmalen Gassen und Straßen, die von scheinbar wild zusammengewürfelten Gebäuden flankiert wurden. Die Häuser waren alle unterschiedlich groß und auf verschiedene Weisen errichtet, als ob jedes Volk und jeder Clan seine Individualität durch die Architektur seiner Bauten zum Ausdruck bringen wollte. Vereinzelt sah sie auch kleine Verkaufsstände vor den Hauswänden, auf denen alle möglichen Handelswaren angeboten wurden. Die Stadt pulsierte von Stimmen, Geräuschen und Gerüchen.
    Mina schüttelte den Kopf. Der Greifenreiter missverstand ihre Bewegung und zuckte entschuldigend die Achseln. »Na ja, Ihr habt schon recht. Die Straßen sind wirklich zu voll und fast beängstigend eng. Das ist wohl die Konsequenz daraus, dass sich zu viele Völker auf einer zu kleinen Fläche angesiedelt haben, die Stadtmauern aber niemals weiter nach außen versetzt wurden.«
    Sie antwortete ihm nicht. Von der schier unendlichen Menge an neuen Eindrücken in den Bann geschlagen, war es nicht die Stadt selbst, die ihr die Sprache verschlagen hatte. Es war das, was sie im Zentrum all dessen ausgemacht hatte. Weit über den höchsten Dächern der mächtigsten Residenzen offenbarte sich der riesige Palast, der nicht beeindruckender hätte sein können. Unzählige unterschiedlich große Türme mit kleinen Spitzdächern schimmerten dort elfenbeinfarben. Einige von ihnen waren irgendwie asymmetrisch, und es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, was an ihnen nicht stimmte: Seitlich waren ungewöhnlich breite Balkone angebracht, die ohne eine Brüstung, dafür aber mit einer sehr breiten Fläche ausgestattet waren. Mina musste nicht fragen, welcher Sinn damit verfolgt wurde, denn sie sah dort überall Greife, die auf ihnen entlangliefen, herumlagen oder aus länglichen Steintrogen fraßen. Es waren Landeflächen.
    Die Greifenreiter hatten den Palast fast erreicht. Zuletzt überflogen sie eine weißgetünchte Steinmauer, die den inneren Hof umgab. Dort sah Mina eine Einheit von uniformierten Kriegern, die stramm zu einem Tor marschierten. Sie hörte die unter ihr angebundenen Pferde unruhig wiehern, als sie die Greife bemerkten. Mina fühlte sich plötzlich klein und zerbrechlich. Der Palast wirkte unbezwingbar, seine Ausmaße waren gigantisch. Jeder Turm und jede Ausbuchtung zeigten eine Verspieltheit, die sie entfernt an ein Elbenheim erinnerte. So oder so ähnlich hätte sie es sich vorgestellt, wenn diese reinen, feinfühligen Wesen versucht hätten, eine Festung für Menschen zu erbauen. Unzählige zierliche Türme, fein geschnittene Fenster, bei dem keines dem nächsten glich, und Burgzinnen, die über und über mit in Stein gehauenen Fabelwesen verziert waren – all das sah Mina gleichzeitig und ließ sie schwindeln.
    Ihr Reiter bemerkte, wie sie zusammensackte. Eilig legte er einen Arm um sie und drückte sie fest an sich. Ein wenig erschrocken blickte sie über

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