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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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ihre Schulter. »Danke«, hauchte sie verlegen.
    Der Greifenreiter grinste. »Als ich das erste Mal zum Palast schritt, erging es mir nicht anders. Die Geschichte, die in den Mauern steckt, überwältigte mich und ließ meine Beine schwach werden. Und selbst nach sieben Jahren lässt der Anblick mein Herz noch frohlocken.« Er schaute verträumt zu dem höchsten Turm. »Für diese Stadt lohnt es sich zu sterben.«
    »Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Ich werde abwarten, was sich hinter dem äußeren Erscheinungsbild verbirgt.« `Und was ich von eurer Drachentochter halten werde´, fügte sie in Gedanken hinzu. In den letzten Abenden hatte sie mehrfach versucht, die Greifenreiter über die Drachentochter auszufragen, doch keiner hatte mit ihr darüber reden wollen. Offensichtlich hatten sie eine entsprechende Anweisung erhalten. Minas Wissen über die Drachentochter war sehr begrenzt. Nexus‘ Oheim hatte von der Schöpfungsgeschichte und den Göttern erzählt. Zados hatte von Lian berichtet, die für die jungen Völker gegen ihre eigene Rasse gezogen war. Aber was dann? Irgendetwas musste mit Lian passiert sein. Und obwohl außer ihr alle Drachen in die Verbannung geschickt worden waren, hatte sie Nachfahren, die bis heute das Land regierten.
    Mina blickte nach hinten. Sie erkannte mehrere Greife, die ihnen folgten. Auf halber Höhe sah sie Nirvan, der mit kalkweißem Gesicht hinter einem Reiter saß. Nexus hockte nur einen Greif weiter zwischen einem andern Reiter und dem Hals des Tieres, so wie sie. Der kleine Waldkobold amüsierte sich offenbar gut, denn er lachte und zeigte auf Ereignisse, die sich unten auf der Straße abspielten. Dabei bewegten sich seine Lippen ohne Unterlass. Der Wachmann, der Nexus eher unwillig umklammert hielt, blickte nur gelangweilt in die gewiesenen Richtungen.
    »Dort ist unser Landeplatz!«, rief jemand zu Mina. Es war Herdanik. Sein Greif glitt näher. Mit ausgestrecktem Arm zeigte er schräg nach unten. Mina folgte seinem Hinweis und erkannte eine Stelle, auf der kurzgeschnittener Rasen wuchs und die von einem anmutigen Garten umschlossen wurde.
    »Es ist wunderschön hier«, flüsterte sie.
    Der junge Greifenreiter hinter ihr nickte. »Oh ja, das ist es. Aber wartet erst, bis Ihr den Audienzsaal der Drachentochter seht! Er ist einmalig in Form und Gestaltung. Nur die besten Künstler von den vereinten Völkern haben dort ihre Spuren hinterlassen.«
    Die Greifen setzten zur Ladung an. Gleich kamen aus allen Richtungen junge Burschen, die schwarze Wamse trugen, auf deren Brust ein hellgrauer Drache eingestickt war. Es war der gleiche Drache, den Mina schon so oft an der Greifengarde gesehen hatte – der gleiche, den sie selbst als Silberamulett um den Hals trug. Die Burschen standen Spalier und halfen den Reitern beim Absteigen. Herdanik trat neben Mina. Er bedeutete ihr, ihm zu zwei großen Flügeltüren zu folgen. Sie öffneten sich wie von Geisterhand. Herdanik, Mina, Nirvan und Nexus betraten einen langen, breiten Flur. Blendendes Sonnenlicht, heller als außerhalb des Palastes, erfüllte ihn. Auf der rechten Seite reihten sich doppelt mannshohe Fensterbögen aneinander, auf der linken schimmerten kupferfarbene Spiegel in der gleichen Größe und Form, die in kunstvoll gehaltenen Rahmen an den Wänden hingen. In der Mitte jedes Spiegels prangte eine silberne Rune. Die Spiegel waren es, die das einfallende Licht in einem solchen Maße reflektierten, dass Mina ihre Augen zusammenkniff und die Stirn kraus zog.
    »Wie kann es hier drin so hell sein?«, flüsterte sie mehr zu sich selbst, doch der Heerführer hatte sie gehört und wandte sich um. »Es liegt an den Runen. Es handelt sich hierbei um Runen der Bindung. Jedes Tageslicht, das in die Spiegel fällt, wird dupliziert, gebunden und teilweise zurückgeworfen.«
    »Das verstehe ich nicht«, gestand sie.
    »Der Spiegel fängt das Sonnenlicht ein und speichert einen Teil davon«, erklärte er in einem trockneren Tonfall. »Das gespeicherte Licht gibt er erst dann wieder frei, wenn die Sonne untergegangen ist und sich der Schleier der Finsternis über das Land gelegt hat. Vorher kann das gespeicherte Licht nicht entweichen, obwohl es das will. Das ist der Grund, warum es in den Gängen stets heller ist als draußen. Und so kann es hier auch am Abend und in der Nacht so hell wie am Tage sein. Wenn man das nicht wünscht, gibt es ein einfaches magisches Schlüsselwort, das – laut ausgesprochen – das Licht zum Erlöschen

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