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Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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verabscheuungswürdige Freude sah, erinnerte sie sich unangenehm daran, dass sie tatsächlich solche Regungen empfunden hatte, wenn auch keinesfalls in dem Maß wie ihr dämonisches Alter Ego.
    Marlandra blickte sie an. „Verabscheuungswürdig nennst du das, wenn ich so fühle, aber bei dir ist das in Ordnung?“
    „Nein!“ Bronwyn schüttelte den Kopf. „Zu töten ist niemals in Ordnung.“
    „Doch, ist es.“ Marlandra nickte nachdrücklich. „Das, was uns zum Töten befähigt, ist dieselbe Triebfeder, die uns um unser Leben kämpfen lässt. Die uns befähigt, nicht aufzugeben. Die uns in die Lage versetzt, mit Schwierigkeiten fertigzuwerden. Die dich dein Leben opfern lässt, um das Eine Tor zu versiegeln. Ohne mich würdest du dich feige irgendwo verkriechen und darauf hoffen, dass irgendjemand deine Probleme für dich löst. Ohne mich wärst du längst tot.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, du brauchst mal eine andere Sicht auf die Dinge.“
    Marlandra wurde wieder zu dem Kind, das den Frosch tötete. Diesmal jedoch tat sie das nicht am Teich beim Haus in Dunraven, sondern in einer Umwelt, die ein Teil der Unterwelt sein musste. Sie ähnelte in ihren vorherrschenden Farben und Formen denen, mit denen Mokaryon sein Haus in Las Vegas und seine Residenz ausgestattet hatte. Bronwyn begriff schlagartig, dass er damit offenbar seine Heimat so gut wie möglich nachgebildet hatte, um wenigstens ein paar Orte in dieser Welt zu haben, die dem ähnelten, was er gewohnt war.
    Als der Frosch tot war, kam Mokaryon und brachte Marlandra weitere Wesen zum Spielen – lebende Geschöpfe, von denen Bronwyn noch nie gehört, geschweige denn eins gesehen hatte. Er ermutigte sie, die auch zu töten und sah ihr voller Stolz dabei zu. Das taten auch andere Dämonen, die wohl zu seinen Gefolgsleuten gehörten. Die Szene wechselte und zeigte andere Stadien aus Marlandras dämonischer Existenz, die aus menschlicher Sicht verwerflich, grausam und sogar abscheulich waren. In die Welt der Dämonen passten sie, waren ein Teil davon und gehörten dort zum guten Ton.
    Bronwyn begann zu begreifen, welche Probleme ihr Vater und alle Ke’tarr’ha- und auch Py’ashk’hu-Dämonen gehabt hatten, als sie in diese Welt gekommen waren. Marlandra hatte recht. Und Nalin ebenfalls. Gut und Böse waren Definitionssache, und seiner Natur zu folgen grundsätzlich nicht verwerflich. Aber wie weit man das tat, lag in den Bereichen, in denen es nicht um angeborene Instinkte ging, in der bewussten Entscheidung jedes Einzelnen. Und auch wenn man sich einer fremden Welt nicht hundertprozentig anpassen konnte, so war es doch weitgehend möglich. Ebenso wie das dämonische Erbe zu akzeptieren, das, ob Bronwyn wollte oder nicht, ein Teil von ihr war.
    Die letzte Szene verschwand. Marlandra blickte Bronwyn an. „Kannst du mich jetzt umarmen, Schwester?“ Sie streckte ihr einladend die Arme entgegen.
    Bronwyn zögerte. „Ich werde mich im Ritual von dir trennen, Marlandra.“
    Marlandra grinste. „Träum weiter, Schwesterchen. Das Einzige, wovon du dich trennst, ist dein dämonisches Blut. Ich bin aber nicht dein Blut, sondern ein Teil deiner Seele. Ich werde immer bei dir sein. Ob du willst oder nicht. Die Frage ist nur, wie du in Zukunft mit mir umgehen willst. Und da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Akzeptanz oder Krieg. Welches von beiden soll es sein?“
    Bronwyn musste nicht länger darüber nachdenken. Einen Krieg konnte sie nicht gewinnen; konnte keine von ihnen gewinnen. Und Akzeptanz war nicht nur hinsichtlich des Rituals essenziell. Marlandra war längst ein Teil von ihr. Schon von ihrer Geburt an. Sie abzulehnen hätte bedeutet, sich selbst abzulehnen. Genau das war die Ursache ihres gegenwärtigen seelischen Ungleichgewichts. Sie breitete die Arme aus und ging auf Marlandra zu.
    „Akzeptanz, meine Schwester. Aber ich werde dir nicht alles durchgehen lassen, nur weil ich dich akzeptiere.“
    Marlandra lachte boshaft. „Ich dir auch nicht.“
    Sie schmiegte sich in Bronwyns Arme. Kaum berührten ihre Körper einander, verschmolzen sie miteinander zu einem einzigen. Mit dieser Verschmelzung kam ein Gefühl von Vollständigkeit, von Heilung, von Einssein. Bronwyn wusste endlich, wer sie wirklich war und was sie war. Und endlich auch, wie sie damit umgehen musste.
    Die Höhle um sie verschwand. Sie befand sich wieder in ihrem Körper, der immer noch im warmen Wasser in der Badewanne lag. Neben Devlin, der sie im Arm hielt und

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