Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch
dass er dieses Gefühl von Ganzheit, das sie jetzt gerade verspürte, ebenfalls spüren konnte. Im Moment tat er das mit Sicherheit. Aber es würde nicht anhalten. Er hatte ihr gesagt, dass es das nicht durfte …
Obwohl Lily wusste, wie blöd das war, brannten ihre Augen auf einmal von unvergossenen Tränen. Sie war eine Närrin. Aber war es nicht besser, sich dieses kleine Stück vom Paradies zu gönnen, mit dem einzigen Mann, der je solche Gefühle in ihr hatte erwecken können, egal, wie kurz ihre Beziehung dauern würde? Besser als es nie erlebt zu haben und sich für den Rest des Lebens zu fragen, wie es wohl gewesen wäre?
Sie wusste es wirklich nicht.
Sie wusste nur, dass sie nicht nur Gefahr lief, ihr Leben zu verlieren, sondern auch ihr Herz, und das an einen Mann, von dem sie nicht sicher wusste, ob er ihr seins ebenfalls schenken konnte oder wollte.
»Lily«, schnurrte Ty. »Schöne Lily.« Er strich ihr durch das Haar, glitt von ihr herunter und kuschelte sich dicht an sie. »Meine Lily.«
Ja , dachte Lily und gab sich ganz dem Vergnügen hin, von einem Mann im Arm gehalten zu werden, der sie gerade geliebt hatte, wie sie das noch nie zuvor erlebt hatte. Sie saß tief in der Patsche.
Und diesmal war es ganz allein ihre Schuld.
15
Als Lily wach wurde, wusste sie zunächst nicht, wo sie war.
Allmählich schien das zur Gewohnheit zu werden.
Allerdings wusste sie genau, zu wem die Arme gehörten, in denen sie lag, und das zu wissen, reichte ihr völlig. Sie hatte tief und fest geschlafen, zum ersten Mal seit langer Zeit auch traumlos, und fühlte sich herrlich erholt. Auch ihr Körper fühlte sich großartig an, aber das hatte nichts mit dem Schlaf zu tun.
Ty und sie lagen ineinander verknäult wie junge Katzen. Sein Atem ging regelmäßig, sein Herz schlug langsam. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust, und sie konnte den ewigen Rhythmus seines Herzens deutlich hören. Ihre Beine lagen zwischen seinen, und bevor sie endgültig eingeschlafen waren, hatte er die Decke über sie beide gezogen …
… nachdem er sie das letzte Mal mit seinem Schnurren und Kosen und Lecken geweckt hatte …
Allein bei dem Gedanken daran wurde Lily wieder ganz heiß. Sie war noch genauso gierig auf ihn wie in der Nacht, bevor er sie auch nur angerührt hatte. Und was Ty anbetraf, schien das Wort Gier nicht mal ansatzweise zu beschreiben, was er empfand. Dennoch – so wild sie sich auch geliebt hatten, so zärtlich war es gleichzeitig gewesen, und Lily konnte sich nicht vorstellen, dass es für ihn nur ein rein körperlicher Akt gewesen war. Er hätte sie hinterher allein lassen können, aber stattdessen hielt er sie im Schlaf eng umschlungen. Noch jetzt konnte sie spüren, wie seine Finger durch ihre Haare glitten. In Ty steckte einiges mehr, als er die Welt sehen ließ. Und sie wollte noch sehr viel mehr über ihn erfahren. Wenn sie sich doch bloß auf anderem Weg kennengelernt hätten, wenn er doch bloß sterblich wäre und sie normal. Wenn …
Lily kuschelte sich an Tys Brust, sog seinen Geruch ein und versuchte, die Wirklichkeit zu vergessen. Das war typisch für sie, dass sie endlich den richtigen Mann gefunden hatte, und dann stellte sich heraus, dass er ein Katzengestaltwandler und Vampir mit einer Menge Problemen war. Ganz zu schweigen von ihren eigenen Problemen.
Während sie so dalag, verflog ihre sexuelle Euphorie und machte lähmendem Brüten Platz. Sie versuchte wieder einzuschlafen, aber es gelang ihr nicht. Schließlich ging sie sich selbst so sehr auf die Nerven, dass sie beschloss, aufzustehen und etwas zu tun, und wenn sie sich nur einen Kaffee besorgte und wartete, dass ihr Gefährte aufwachte.
Wohl eher Gefährten , dachte sie und fragte sich, ob Jaden in der Nacht noch zurückgekehrt war. Hoffentlich war er nicht während einer der lauteren Phasen der vergangenen Stunden nach Hause gekommen. Allein bei dem Gedanken wurden Lilys Wangen feuerrot, aber ändern konnte sie jetzt auch nichts mehr. Wenn sie sich aus Versehen zur Exhibitionistin gemacht hatte, dann war es eben so. Immerhin hatte das Loft Trennwände, auch wenn das die Geräusche nicht dämpfte.
Vorsichtig wand sie sich aus Tys Armen, was gar nicht so leicht war, weil er wie ein Toter schlief und sich überhaupt nicht rührte. Ihre Angst, er würde wach werden, erwies sich als überflüssig. Offensichtlich schliefen Vampire, solange die Sonne am Himmel stand, egal ob sie das wollten oder nicht.
Zum Schluss zog sie mit großer Mühe ihre
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