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Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch

Titel: Erben des Blutes 01 – Dunkler Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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Haare unter seinem Arm hervor. Mit einem erleichterten Seufzer rieb sie über die malträtierte Kopfhaut und rutschte von ihm weg. Einen Moment lang gönnte sie sich das Vergnügen, ihn einfach nur zu betrachten. Irgendwie sah er im Schlaf anders aus. Das Misstrauen, das er sonst ausstrahlte, war verschwunden, und sein kantiges, schönes Gesicht war viel offener und unschuldiger. Sein ganzer Körper wirkte locker und entspannt. Während sie ihn so betrachtete, begann ihr Herz auf eine Art zu schmerzen, dass sie wusste, dieser Schmerz würde sich nicht lindern lassen.
    Lily zwang sich, den Blick abzuwenden, und stieg aus dem Bett.
    Sie zog ein paar Sachen aus der Reisetasche, die offen auf dem Boden lag, und klopfte sich dafür auf die Schulter, dass sie so rasch gelernt hatte, sich im Dunkeln anzuziehen. Dann tastete sie sich leise zur Treppe vor und schlich sich hinunter.
    Als sie jemanden atmen hörte, blieb sie stehen. Vermutlich war es Jaden, der sich auf dem Sofa schlafen gelegt hatte. Und wie sich herausstellte, schnarchte der Vampir, der sie so sehr an einen erotischen, mürrischen Rockstar erinnerte. Nicht laut, aber unüberhörbar.
    Vorsichtig tastete Lily sich die restlichen Stufen hinab. Ein- oder zweimal fürchtete sie zu fallen, doch schließlich war sie unten angelangt.
    Einen kurzen Moment lang fühlte sie sich schuldig, weil sie in Tys Jackentasche nach Geld wühlte. Sie war keine Diebin, aber er hatte ihr keine Chance gelassen, irgendetwas selbst zu bezahlen, und sie brauchte jetzt dringend einen Kaffee. Er hatte erwähnt, dass er sie nach draußen lassen würde, aber sie waren nicht mehr dazu gekommen, das weiter zu besprechen. Und ein gepflegter Latte Macchiato klang für sie gerade wie der Himmel auf Erden.
    Außerdem war da noch etwas. Ty würde sie umbringen, wenn er es erfuhr, aber sie musste es einfach tun. Er hatte seine eigenen Vorstellungen, das war Lily durchaus klar. Und ihre waren in diesem Punkt eben anders. Es gab Dinge, die konnte sie einfach nicht dulden, so sehr sie es auch versuchte.
    Trotz der Atem- und Schnarchgeräusche glich die Wohnung für Lilys Geschmack ein bisschen zu sehr einem Grab. Ihr wurde erst richtig bewusst, wie wichtig es ihr war, aus der Wohnung herauszukommen, als sie den Schlüssel von dem schmiedeeisernen Schlüsselbrett genommen und die Tür hinter sich ins Schloss gezogen hatte.
    Rasch durchquerte sie den Eingangsbereich. Mit jedem Schritt wurde ihr leichter ums Herz, obwohl auch hier kein Tageslicht hereinfiel. Derjenige, der diese Wohnung ausgesucht hatte, hatte eine gute Wahl getroffen. Das Gebäude war wie eine Höhle. Als sie endlich die schwere Eingangstür aufstieß und ins sonnenhelle Freie trat, musste sie blinzeln, weil sich ihre Augen nicht so schnell an die Helligkeit gewöhnen konnten.
    Nachdem sie die letzten Tage wie eine Nachteule gelebt hatte, war es, als würde sie auf einem anderen Planeten umherwandeln. Der Himmel war leicht bedeckt, und gelegentlich verbarg sich die Nachmittagssonne hinter einzelnen Wolken. Es ging ein schneidender Wind, und es roch, als würde es bald regnen. Als Lily tief einatmete, stellte sie fest, dass es außerdem nach Abgasen und nach Essen roch. Typische Stadtgerüche, dachte sie und wandte sich nach kurzem Zögern nach rechts. An der Ecke ging sie, ihrer Nase folgend, nach links, und nachdem sie ein paar Querstraßen überquert hatte, stand sie schließlich vor einem schmierigen kleinen Schnellrestaurant namens Santo’s . Ein paar Häuser weiter war ein Café, das sich Brühstation nannte, und sie nahm an, dass sie dort den ersehnten Latte bekommen würde.
    Aber erst brauchte sie noch etwas anderes: eine Telefonzelle. Niemand beachtete sie, die hübsche rothaarige Frau, die die Telefonzelle betrachtete – welche sie glücklicherweise trotz Handyzeitalter gefunden hatte –, als wäre sie eine hungrige Bestie, die sie unter Umständen angreifen würde. Lily hatte das Gefühl, von allen Seiten beobachtet zu werden. Ty hatte sie gewarnt, irgendjemanden mit in die Sache hineinzuziehen. Aber das hier zählte nicht, und sie wollte ihre beste Freundin nicht mehr leiden lassen als unbedingt nötig.
    Lily betrat die Telefonzelle und wählte.
    Ana, Bays Assistentin, hob beim ersten Klingeln ab, doch Bay musste direkt neben ihr gestanden haben, denn sofort wurde der Hörer an sie weitergereicht.
    Lily fühlte sich schuldig. Sie hätte schon viel früher anrufen sollen, auch wenn das nicht ganz einfach zu bewerkstelligen

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