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Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Titel: Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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sie sich nicht mit ihm eingelassen hätte, hätte irgendjemand einen Weg gefunden, sie bei der Prüfung auszubremsen. Sie hätte niemals eine Chance gehabt. Er hielt Dorien zugute, dass er etwas Unkonventionelles ausprobiert hatte, statt seine Tochter zu brechen, aber vermutlich würde er sich nach dieser Erfahrung nie wieder gegen das System auflehnen. Ohne einen gewalttätigen Aufstand würde es keine Veränderung geben, und solch einen Aufstand wollte er sich lieber gar nicht erst vorstellen.
    Dorien ging auf den Vorwurf nicht ein. Er machte den Eindruck, als hätte er ihn gar nicht gehört. Stattdessen stellte er sich wie betäubt neben seinen Neffen – den offensichtlichen Erben.
    »Wölfe der Thorn! Bestimmt das Schicksal meiner …« Er hielt einen Moment inne, und Jaden dachte schon, er würde es sich trotz allem vielleicht noch einmal anders überlegen. Aber nachdem er tief Luft geholt hatte, fuhr er fort.
    »Bestimmt das Schicksal meiner Tochter!«
    Einige Sekunden herrschte Stille, und in Jaden keimte schon Hoffnung auf, dass sich eine Handvoll mutiger Wölfe finden würde, die sich für sie einsetzen und fordern würde, dass sie bleiben dürfe. Doch dann setzte der Gesang ein, tief und leise, wie der gleichförmige Schlag einer Trommel.
    Lyra, die den Blick zu Boden gerichtet hatte, hob den Kopf in einem letzten Akt der Auflehnung, während man sie aus der Gemeinschaft ausschloss.
    Geisterwolf … Geisterwolf … Geisterwolf … Geisterwolf …
    Der Gesang wurde lauter, brandete auf wie eine Welle und stieg wie ein düsteres Gebet in den Nachthimmel. Sobald Dorien die Hände hob, erstarb er. Dorien nickte den Wölfen zu, die sie festhielten, und sie ließen sie los und traten zurück. Jedes Wort, das Dorien sprach, klang schmerzvoll.
    »Lyra Black. Du wirst mit Beginn dieser Nacht aus dem Rudel ausgestoßen, aus unserem Territorium, unserer Welt. Du wirst nie wieder zu unserer Gattung gehören. Für uns bist du ein Geist, ein Wolf nur der Gestalt nach, nicht in Bezug auf das Leben, für das du dich entschieden hast. Und du bist nicht länger mein Kind.«
    Jaden hörte Lyra nach Luft schnappen, als hätte man ihr einen Schlag versetzt.
    »Dad«, sagte sie leise, bittend. Aber Dorien wandte sich ab. Jaden spürte Lyras Qualen, als wären sie seine eigenen, und ihre Intensität zwang ihn schier in die Knie. Er war so schockiert von Doriens Entscheidung, dass er sich wahrhaftig nicht mehr auf den Beinen halten konnte, und die Männer, die ihn noch immer festhielten, mussten ihn wieder hochziehen.
    Eric schien zufrieden mit dem Ablauf, aber er wirkte nicht unbedingt begeistert. Jaden hatte erwartet, dass er mehr den strahlenden Sieger herauskehren würde … aber vielleicht sparte er sich das für später auf, wenn er mit seinen Spießgesellen feixen würde, wie leicht er schließlich doch noch gesiegt hatte.
    »Was machen wir mit dem Vampir?«, fragte er Dorien leise. »Soll ich ihn töten? Oder willst du das selbst übernehmen?«
    Dorien schüttelte den Kopf. »Lass ihn laufen. Immerhin hat er einmal das Rudel verteidigt.« Er sah Jaden an, und in seinen Augen spiegelten sich Gefühle, die Jaden sich lieber gar nicht erst vorstellen wollte. »Damit wäre die Schuld beglichen, Jaden von den Lilim.« Er trat näher an Jaden heran und beugte sich herab, um Jaden ins Ohr zu flüstern.
    »Kümmere dich um sie, du Mistkerl. Das ist das Mindeste, was du tun kannst.«
    Dann richtete sich Dorien wieder auf, gab den Wölfen, die hinter Jaden standen, einen Wink, und sofort ließen sie Jaden los. Lyra stand da und sah sich um, als wisse sie nicht recht, wo sie sich befand. Jaden zögerte, aber schließlich ging er doch zu ihr. Wozu jetzt noch Versteck spielen? Sie würde jemanden brauchen. Ob es ihr gefiel oder nicht, sie würde ihn brauchen.
    Er nahm ihre Hand, die sich kalt und leblos anfühlte, und sie ließ es geschehen.
    »Geht«, sagte Dorien noch, bevor er sich einen Weg durch die Menge bahnte und aus ihrem Blickfeld verschwand. Dass er nicht mit ansehen konnte, wie seine Tochter die Stadt verließ, sagte eine Menge. Aber es hätte noch viel mehr gesagt, wenn er es gar nicht erst zugelassen hätte.
    Lyra sah Jaden an. In Ihren Augen glänzten ungeweinte Tränen. Ihre Stimme war so leise, dass er sie kaum verstehen konnte.
    »Hilf mir, das durchzustehen«, sagte sie.
    Jaden nickte. Er wäre für sie durchs Feuer gegangen. Eine Tages würde sie das vielleicht erkennen.
    Die Menge teilte sich und gab ihnen den Weg

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