Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
frei. Jaden zog Lyra hinter sich her.
Du schaffst das
, rief er ihr lautlos zu.
Du schaffst das. Nur noch ein paar Schritte.
Er hatte keine Ahnung, ob irgendetwas von seinen Gedanken bei ihr ankam, wie das bei seiner Gattung der Fall war, sobald sie Katzengestalt annahmen. Jedenfalls kam sie mit ihm, einen Schritt nach dem anderen machend.
Die Wölfe verhielten sich ruhig. Jeder, an dem die Ausgestoßenen vorbeikamen, drehte sich um und kehrte ihnen den Rücken zu. Der symbolische Gehalt dieses Rituals machte Jaden mächtig zu schaffen. Das hier bedeutete wirklich das Ende für Lyra. Er konnte nur hoffen, dass seine Kraft ausreichte, um ihr durch die schwere Zeit hindurchzuhelfen. So stark sie auch sein mochte, diese Wunde würde nicht so leicht heilen – wenn überhaupt.
Schließlich hatten sie die Menge hinter sich gelassen und gingen die verlassene Straße entlang auf das Haus zu, das nun nicht mehr Lyras war. Jaden wollte seinen Wagen holen und so schnell wie möglich die Stadt verlassen – auch weil er sich große Sorgen um Lyra machte. Sie war offensichtlich in einem Schockzustand. Sie war weiß wie ein Leintuch, und ihre Augen waren ganz glasig. Bisher hatte er sie immer nur stark erlebt. Wie er mit dieser Lyra umgehen sollte, wusste er nicht so recht. Sie hatte sich nie von ihm trösten lassen, hatte auch nie Trost gebraucht. Aber jetzt klammerte sie sich an seine Hand, als wäre sie das Einzige, das sie noch über Wasser hielt.
Er würde sie nach Tipton bringen, zu Lily. Danach konnten sie gemeinsam entscheiden, wie es weitergehen sollte.
»Komm«, sagte er, um sie dazu zu bringen, ihren Schritt zu beschleunigen. »Wir müssen möglichst schnell zu meinem Auto, und dann nichts wie weg hier.« Er hatte plötzlich ein komisches Gefühl. Sie wurden beobachtet. Er spürte die Blicke, die auf ihnen ruhten, und nur wenige Sekunden später stieg ihm auch der Geruch in die Nase.
Wie es aussah, mussten sie Silver Falls schneller verlassen, als er gedacht hatte. Und wer ihnen diese Begleitung mit auf den Weg gegeben hatte, konnte er sich sehr gut vorstellen.
Wag es ja nicht, mich zu beschuldigen – also wirklich, Eric Black.
»Mist«, sagte Jaden. »Lauf!«
Sein drängender Ton schien sie aus ihrer Benommenheit zu reißen, zumindest so weit, dass wieder Bewegung in sie kam. Sie rannten los. Jaden verwandelte sich im Laufen in seine schnellere Gestalt, und Lyra musste das Gleiche getan haben, denn kurz darauf hatte er eine schlanke Wölfin an seiner Seite. Jaden war sich sicher, dass sie verfolgt wurden. Er zwang sich, schneller und schneller zu laufen, bis seine Füße kaum noch den Boden zu berühren schienen. Nicht weit hinter ihnen erscholl hämisches Gelächter. Dennoch gelang es Lyra und ihm, ihren Vorsprung zu halten. Über Gassen und Hinterhöfe gelangten sie schließlich zu Lyras Straße. Jadens Corvette glänzte im Licht der Straßenlaterne. Sie hatten es fast geschafft …
Plötzlich fiel ihm auf, dass Lyra nicht mehr an seiner Seite war. Jaden blieb stehen, wirbelte herum und sah, dass Lyra offensichtlich beschlossen hatte, sich ihren Verfolgern zu stellen. Breitbeinig stand sie mitten auf der leeren Straße und knurrte eine kleine Gruppe hübscher blasser Ptolemy-Frauen an, die auf einmal aus der Dunkelheit aufgetaucht waren. Die eine, eine niedliche blonde Hofdame, die Jaden vor vielen Jahren einmal eine Zeit lang angeschmachtet hatte, setzte sich mit schwingenden Hüften an die Spitze der Gruppe. Ihr Lächeln war grausam.
»Oh, wollt ihr schon weg? Komm her, Hündchen. Lass uns ein bisschen spielen.«
Jaden flitzte los, um sich vor Lyra zu stellen, und verwandelte sich wieder in einen Mann. Er sah, dass sie ihn alle sofort erkannten – nicht, dass das ihr Vergnügen geschmälert hätte.
»Verräter«, zischte die Blonde ihn an. Die anderen griffen das Wort auf und riefen es jetzt im Chor.
»Das ist eine Wölfin«, sagte eine der anderen Frauen kichernd. »Interessant, mit wem du dich heutzutage so rumtreibst, Jaden.« Sie warf ihrer blonden Freundin einen Blick zu. »Erinnerst du dich noch, wie er uns immer angestarrt hat? So ein hübscher Kater. Zu schade, dass so schmutziges Blut in ihm fließt. Es tut mir ja fast leid, wenn ich sehe, was aus ihm geworden ist.«
Die Blonde – Carissa, wie Jaden wieder einfiel – zuckte mit den Schultern. »Tötet die Wölfin. Arsinöe will Jaden. Hier sind überall Ptolemy«, wandte sie sich dann lächelnd an Jaden. »Hier kommst du nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher