Erben des Mondes - Grimoire lunaris
jedoch auch sie eingetroffen, wie mir scheint.“ In genau diesem Moment öffnete sich die Tür und fünf Personen traten ein. Die beiden Elfen, die mich gebannt hatten, gehörten ebenso dazu wie zwei Vampire und dem Aussehen nach zu urteilen einem Werwolf. Werwölfe sind alle schlampig gekleidet, selbst im Winter ärmellos und meist so viel wie möglich tätowiert. Die Vampire stachen neben der etwas dunkel gebräunten Haut des Werwolfs besonders weiß hervor. Ihr Lächeln beim Eintreten entblößte messerscharfe Reißzähne.
Vic neben mir schluckte. „Hast du schon mal welche gesehen?“
Ich verneinte. „Außer Hexen, die ja eigentlich nicht zu den Anderwesen zählen, habe ich bisher nur einen alten Troll gesehen. Mal ausgenommen von den Lupinen, die uns draußen angegriffen haben.“
Wir starrten wie gebannt auf die fünf Neuankömmlinge, dass wir gar nicht bemerkten, wie Elric eintrat. Erst als er uns mit seinem „Wow, was ist das denn?“ begrüßte, zuckten wir vor Schreck zusammen und sahen ihn entnervt an. Warum musste er doch gleich dabei sein?
„Das sind zwei Elfen, zwei Vampire und ein Werwolf.“ Vics Sarkasmus war nicht zu überhören.
Elrics Stimme klang ähnlich: „Ach ne, woher weißt du das denn?“
„Schluss jetzt“, beendete ich diesen dämlichen Dialog. Ich wollte, konnte und durfte nichtverpassen, was auf der anderen Seite der Wand passierte. Ich durfte keinen Onyx übersehen.
Die beiden sahen mich kurz an und wandten sich dann auch dem „Fenster“ zu und beobachteten, was dort vor sich ging. Vic flüsterte ihm zu: „Sie werden jetzt das Begrüßungsritual abhalten.“
„Begrüßungsritual? Nie davon gehört.“
„Ich auch nicht“, gab Vic mit einem Schmunzeln zu. „Du bist ja auch nicht wie ich. Schließlich bin ich mit dem allem hier aufgewachsen. Aber ein Begrüßungsritual? Das funktioniert bei uns so wie bei den Menschen. Man sagt „hallo“ und gibt sich vielleicht noch ein Küsschen auf die Wange. Das war’s dann. Also was soll das hier?“
Nun musste ich doch grinsen. So blöd war er ja gar nicht. Immerhin wusste oder schien er zu bemerken, dass hier etwas nicht stimmte. Ich überlegte und sandte Vic meine Gedanken. Sie nickte mir nur kurz zu und dann begann ich, Elric unsere Geschichte zu erzählen. Nicht die ganze. Die verräterischen Absichten meinerseits und das Buch ließ ich erstmal außen vor. Auf Nachfrage könnte ich immer noch die genaueren Hintergründe erläutern. Aber es kamen keine. Elric war so beeindruckt, jemand der „alten Familien“ kennenzulernen, dass er dem Rest drum herum nicht sonderlich Beachtung schenkte. Selbst die Hexensache schien ihn weniger zu interessieren, als die Tatsache, dass er endlich jemanden gefunden hatte, der ebenso viele Geheimnisse herumtrug wie er selbst. Und das schon sein Leben lang. Als ich ihm erzählte, dass mein Vater uns mit einem bösen Fluch belegt hatte, der unseren Tod besiegelte, klang er ernsthaftschockiert. Dann glitt mein Blick wieder zu dem „Fenster“ und ich erzählte, was drinnen vor sich ging. Er schien in keinster Weise davon beeindruckt zu sein, dass er mit zwei Verdammten in einen Raum gepfercht war, die auch noch einen Schlag gegen einen der mächtigsten Hexenzirkel der Welt planten. Er fand alles aufregend. Seine Eltern hatten ihr ganzes Leben dem Kampf gegen die dunkle Seite gewidmet. Wie der Rest seiner Familie. Sein Stammbaum wimmelte von Elfen und Feen. Und auch die anderen standen schon immer im Krieg mit dem Bösen, ließen sich nur niemals dafür verpflichten.
Das Fazit: Seine Familie war so gut, wie meine böse war. Er war das Licht, ich war der Schatten. Dieser Gedanke blieb lange in meinem Kopf hängen und lenkte mich ab. Erst durch einen Stoß in die Seite, den ich Elric zu verdanken hatte, konzentrierte ich mich wieder auf das Geschehen im Konferenzraum.
„Wo sind denn nun unsere großartigen Neulinge? Kommen sie etwa zu ihrer eigenen Begrüßung zu spät?“, fragte eine Dame mit silbergrauem Haar. So wie sie aussah, im Hinblick darauf, dass wir nur ganz langsam altern, könnte sie schon beinahe zur Erstbesetzung des Rates gehört haben. Was auch ihren etwas herablassenden Ton erklären würde.
„Sie werden gleich eintreffen. Ich möchte euch vorher aber um etwas bitten“, sprach Aurelia in einem ruhigen und neutralen Ton. „Da die beiden so früh eine so wichtige Aufgabe übernehmen sollen, möchte ich euch um ein unterstützendes und aufbauendes Ritual bitten. Ich
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