Erbin des Gluecks
Blechbechern köstlich, ebenso die frisch gebackenen Brotfladen, die reichlich mit Rosenmarmelade oder Honig bestrichen wurden.
Während Bryn mit Roy Forster über dessen Zukunft sprach, fühlte sich Francesca von einem neu eingestellten Arbeiter unangenehm beobachtet. Er hieß Vance Bormann und war ein großer, bulliger Typ, den man sich eher als Ringer oder Catcher vorgestellt hätte. Sein grobes Gesicht, das er unter dem zerdrückten schwarzen Akubra halb verbarg, gefiel Francesca so wenig wie der Ausdruck der dunklen Augen. Da Roy Forster den Mann eingestellt hatte und mit ihm zufrieden war, schob sie ihre instinktive Abneigung auf weibliche Intuition. Vielleicht erinnerte er sie auch an einen schurkischen Cowboy aus einem alten Hollywood-Western.
Am späteren Nachmittag, als die Hitze allmählich nachließ, holten sie die Pferde aus dem Stall. Francesca hatte sich eine schlanke rotbraune Stute namens Jalilah ausgesucht, Bryn einen kräftigen schwarzen Wallach mit weißen Fesseln und einem weißen Fleck auf der Stirn. Er hieß Cosmo. Beide Tiere waren ehemalige Rennpferde, sehr munter und konnten im Ernstfall große Schnelligkeit entwickeln.
Francesca strahlte vor Freude. Sie hatte das Reiten sehr vermisst und genoss den Geruch von Pferd, Leder und blühender Natur. Bryn hielt sich dicht neben ihr. Er ritt nicht besser als Francesca, war aber kräftiger und hätte sie deshalb bei einem Rennen geschlagen.
Anfangs waren die Tiere nervös. Vor allem Jalilah bockte, weil sie zu lange nicht bewegt worden war. Sobald sie offenes Gelände erreicht hatten, lockerten sie die Zügel und achteten nur darauf, dass die Pferde auf die zunächst gelegenen Billabongs zuhielten. Bald würde die Sonne untergehen. Dann kam die kurze Dämmerung, und wenig später lag alles in tiefer Dunkelheit. Bis dahin mussten sie wieder zurück sein.
Kurz vor dem Ziel scheute Jalilah vor flüchtenden Wallabys, die wie aus dem Nichts aufgetaucht waren. Francesca brauchte all ihre Kraft, um die Stute zu zügeln, die sich immer wieder aufbäumte und mit den Hinterhufen die rote Erde zerstampfte.
Die Berge des Hill Country, die im Licht der Mittagssonne geglüht hatten, schienen jetzt über dem Boden zu schweben, eingetaucht in den silbergrauen Dunst, der von den zahllosen Wasserstellen aufstieg. Ohne sich zu verständigen, hielten Francesca und Bryn auf den Kala-Guli-Creek zu, die schönste und verschwiegenste von Quellwasser gespeiste Lagune auf der ganzen Ranch. Sie war ungefährlich, was man von anderen Wasserstellen nicht sagen konnte. Viele waren von trügerischem Schwemmsand umgeben, in dem immer wieder Menschen und Tiere unrettbar versanken.
Man hatte behauptet, Gulla Nolan sei so verschwunden, aber die meisten widersprachen dieser Theorie energisch. Gulla hatte das Land zu gut gekannt. Falls er auf diese Weise umgekommen war, hatte man ihn vorher an Händen und Füssen gefesselt. Wenn der Wind günstig stand, glaubte Francesca noch heute, seine Hilferufe zu hören. Carina lachte sie deswegen aus und erklärte, sie habe zu viel Fantasie.
Weiße Kakadus näherten sich in Scharen und setzten sich wie geflügelte Engel in die Baumkronen. Francesca und Bryn stiegen ab, banden die Pferde an und bahnten sich durch Farn und hohes Gras einen Weg zum Ufer. Schmetterlinge in den verschiedensten Farben schwebten wie losgelöste Blütenblätter durch die Luft und leuchteten auf, wenn sie ein Sonnenstrahl traf.
Der Wasserspiegel lag etwa zwei Meter tiefer als das Land, und es duftete nach unzähligen Blumen. Neben gelbem Geißblatt fassten wilde Lilien das Ufer der schmalen Lagune ein. Nach der unbarmherzigen Hitze des Tages war es hier unten erfrischend kühl.
„Der Mensch ist nur in der Natur wirklich zu Hause“, sagte Bryn, während er Francesca über eine unwegsame Stelle hinweghalf.
„Weil er Gott dort am nächsten ist.“
Bryn kommentierte das mit einem Lächeln, obwohl er großen Respekt vor Francescas starkem Glauben hatte. „Betest du manchmal für mich?“, fragte er.
Natürlich tat sie das. Er war der wichtigste Mensch für sie, doch das behielt sie besser für sich.
„Traust du mir das zu?“
Bryn nickte. „Nicht nur das. Ich fürchte vielmehr, dass ich deine Fürbitte brauche.“
Sie kamen zu den fantastisch geformten, mit Moos überwachsenen Felsen, die Francesca besonders liebte und oft gezeichnet hatte. Einige ragten plattformartig ins Wasser und boten sich als ideale Liegeplätze zum Sonnenbaden an. Als Kinder hatten
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