Erbin des Gluecks
betten. Er sollte ihren nackten Körper voll Verlangen betrachten, sollte tief in sie eindringen und all das nehmen, was ihm längst gehörte. Doch mit einem Mal war die Angst da und ließ sie nicht mehr los. Carinas Warnung klang ihr in den Ohren wie ein Fluch.
Er wird es versuchen, doch lass ihn nicht gewähren. Er erfüllt deine schönsten Träume, und dann musst du dafür bezahlen.
Das Leben hatte Francesca gelehrt, wie viel Wahrheit darin lag. Sie war diesem Mann, der Macht und Erfolg ausstrahlte, nicht gewachsen. Sogar jetzt, im kühlen Wasser der Lagune, erglühte sie unter seinen Händen. Seine Berührung ließ sie erbeben. Wurde sie dadurch nicht zur Leibeigenen? Hatte er – sie folgte jetzt tatsächlich dem Gedankengang ihrer Cousine! – auf dem Sklavenmarkt nicht zu schnell für sie geboten und sich dadurch verraten? Hier, an diesem verzauberten Ort, würde sie ganz in seinen Bann geraten. So hatte die Natur es vorgesehen im Verhältnis zwischen Mann und Frau.
Um jede neue Schwäche auszuschließen, warf sie sich mit erhobenen Armen zurück und schwamm von ihm weg. „Lass uns aufhören“, bat sie, als sie weit genug entfernt war. Dabei tastete sie nach dem seidenen BH, der sich um ihre Taille gewickelt hatte, und zog ihn wieder an. Vielleicht war sie doch nicht so erwachsen, wie sie gedacht hatte. Es gab immer noch Momente, in denen die alte Schüchternheit siegte.
„Wie du willst.“ Bryn machte ein ratloses Gesicht. Er hatte nicht nur seiner Lust nachgegeben, dem Drang, sie ganz zu erobern. Er liebte Francesca und verstand, dass sie mit sich kämpfte. Irgendetwas quälte sie, aber was? Er würde ihr Zeit lassen. Sie musste bereit für ihn sein. Er hätte ihr helfen können, ihre Angst zu überwinden, das sollte jedoch ohne Zwang geschehen. „Du bist bei mir in Sicherheit, Francey. Denk immer daran. Übrigens ist es schon ziemlich spät.“ Er strich sich das nasse Haar aus der Stirn. „Die Sonne wird bald untergehen.“
Sein Ton beruhigte sie sofort. Was mochte er jetzt von ihr denken? Dass die alte Francey sich niemals ändern würde? „Lass uns vorher noch ein bisschen schwimmen“, bat sie versöhnlich.
Bryn schwamm zu ihr. Ob sie sein männliches Selbstbewusstsein verletzt hatte, war nicht zu erkennen. „Siehst du den großen moosbewachsenen Felsen, der dort drüben ins Wasser hineinragt?“, fragte er. „Wer ihn zuletzt erreicht, macht das Essen.“
Francesca war zutiefst erleichtert. Sie hätte es nicht ertragen, wenn Bryn enttäuscht oder böse gewesen wäre. „Einverstanden!“, rief sie. „Gibst du mir einen Vorsprung?“
„Nur einen kleinen“, antwortete er. „Auf Kurzstrecken bist du gut. Also … eins, zwei, drei!“
Seine Stimme hallte ringsum wider und erschreckte die Papageien, die sich im Laub versteckt hatten. Sie erhoben sich kreischend zu einer leuchtend bunten Wolke und flogen fort, um sich einen neuen Ruheplatz zu suchen.
10. KAPITEL
Francesca war fast fertig. Ohne es zu merken, hatte sie sich wie eine Frau angezogen, die ihren Geliebten treffen will. Jetzt saß sie am Frisiertisch und betrachtete ihr Spiegelbild, ohne etwas zu sehen.
Erinnerungen an den Nachmittag kehrten bruchstückweise zurück und quälten sie. Immer wieder hatte sie versucht, sich Rechenschaft abzulegen und ihr Verhalten zu erklären. Wie gern hätte sie die magischen Augenblicke festgehalten, in denen sie wie entrückt gewesen war, aber die Flucht aus Bryns Armen, der Verzicht auf das ersehnte Glück drängten sich immer wieder dazwischen.
Wie leicht war es, vom Weg abzukommen! Sie hatte ihre Chance verpasst. Vielleicht würde sich keine zweite ergeben.
Langsam zog sie die Bürste durch ihr Haar und lauschte auf das leise Knistern. Es erinnerte sie an ihre Kindheit, als Tante Elizabeth das bei ihr gemacht hatte. Sie war ihre Vertraute gewesen und hatte sie mehr geliebt als die eigene Tochter.
Francesca legte die Bürste beiseite und seufzte tief. Irgendwann im Lauf der Jahre hatte sie gelernt, sich von ihrer andauernden Schwermut zu befreien, die vermutlich ein Teil ihrer künstlerischen Natur war. Jetzt kam es darauf an, sich mit aller Energie auf das neue Leben und ihre Pläne für die Zukunft zu konzentrieren.
Das Schicksal gab ihr die Gelegenheit, ihre Schwingen auszubreiten und zu fliegen. Jetzt galt es, sich endlich Carinas drückendem Einfluss zu entziehen, der sie wie eine böse Krankheit gequält hatte. Natürlich hoffte sie immer noch, dass ihre Cousine sich ändern
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