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Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Erbschuld: Psychothriller (German Edition)

Titel: Erbschuld: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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abfertigen?«
    Sie starrten einander an. Gordon schüttelte den Kopf.
    »Du kannst mich nicht ändern. Es war so erfrischend, dass du es nie versucht hast. Fang nicht jetzt damit an. Bitte.«
    »Gut«, meinte sie mit einem ärgerlichen Schulterzucken. »Ich werd’s nicht versuchen.« Sie wartete ein paar Sekunden, aber da er nichts mehr hinzuzufügen hatte, sagte sie: »Mach’s gut, Gordon« und stürmte durch den Wolkenbruch davon, zurück in Richtung Brücke.
    »Madeleine, komm zurück«, rief er hinter ihr her.
    Sie hoffte zum Teil, dass er ihr folgen, sie packen und ihr gestehen würde, dass er ohne sie nicht leben konnte. Sie hörte jedoch nur, wie sich seine Schritte entfernten, und blickte über die Schulter. Gordon marschierte in die entgegengesetzte Richtung, und sein dunkler Regenumhang flatterte heftig im Wind.
    Eine Stunde später saß Madeleine in ihrem Wohnzimmer auf dem Sofa und hielt ein großes Glas Rum in der Hand. »Was für ein toller Geburtstag«, dachte sie, »wirklich wunderbar.« Niemand rief an. Rosaria, ihre Mutter, litt an einer chronischen Psychose, und sie konnte nicht erwarten, dass sie sich an ihren Geburtstag erinnerte. Neville, ihr Vater, war zu berühmt, wichtig und selbstsüchtig, um daran zu denken. Ihre wenigen Freunde kannten das Datum nicht – aber das war ihre eigene Schuld. Ihrem Kollegen John und ihrer Sprechstundenhilfe Sylvia war es bekannt, und die beiden hatten sie zu einem üppigen Mittagessen in ein hervorragendes Restaurant eingeladen. Sie nahm die Karte, die sie ihr geschenkt hatten, vom Couchtisch.
    »Wie viele Psychotherapeuten braucht man, um eine Glühbirne auszuwechseln?«, las sie laut. Natürlich kannte sie die Antwort, aber wehmütig lachend öffnete sie die Karte und las sie erneut. »Nur einen – aber die Glühbirne muss die Veränderung wirklich wollen. Alle Liebe der Welt, John und Sylvia.«
    Alle Liebe der Welt! Madeleine biss die Zähne zusammen. Eine Woge des Kummers überschwemmte sie. Seit über sieben Jahren hatte sie nicht mehr geweint, seit Forrest gestorben war, und sie würde jetzt nicht damit anfangen. Alle Tränen eines ganzen Lebens waren aufgebraucht, als hätte der Hurrikan ihr gesamtes Empfindungsvermögen aus ihr herausgespült und sie leer und trocken zurückgelassen.
    Jahrelang hatte sie sich mit Enthaltsamkeit gestraft, dann war Gordon in ihr Leben getreten. Sie liebte ihn wohl nicht, aber sie mochte ihn sehr. Oder vielleicht mochte sie sich selbst sehr, wenn er da war. Jetzt hatte sie allerdings das Gefühl, dass er sie irgendwie benutzt hatte. Er hatte ein unausgesprochenes Gesetz gebrochen. Da lag das Problem: Sie kamen aus unterschiedlichen Welten und spielten nach unterschiedlichen Regeln, und weil es viel Spaß machte, hielten sie nie inne, um sich auszutauschen. Er hatte sie gerettet und ihr wieder das Gefühl gegeben, eine Frau zu sein. Möglicherweise hatte sie ihn benutzt.
    Ihre Rückkehr nach Bath hatte letzten Endes doch nicht funktioniert. Wieder war sie ganz allein. Sie brachte zwar Licht in das Leben ihrer Mutter, aber was hatte sie sonst noch vorzuweisen? Wenige Freundschaften, vier Jahre psychotherapeutischer Ausbildung, drei Jahre Berufserfahrung und einen Stapel düsterer Ameisengemälde. Und Edmund.
    Edmund! Sie sprang auf und ging in die Diele. Ihre Jacke hing über einem Stuhl, und sie griff in die Tasche, um Edmunds Geburtstagsgeschenk herauszuholen. Es hatte sich wie ein kleines Ei angefühlt, als er es ihr gab, und es sah auch wie eins aus. Es war aus Stein gemacht, grün mit grauen Flecken, glatt, auf Hochglanz poliert. Ein Ei – wie nett! Irritiert rätselte sie über die symbolische Bedeutung des Geschenks.
    Sie wollte es gerade in eine Schale mit anderen nutzlosen Dingen legen, als sie eine Bewegung spürte. Sie hielt das Ei ans Ohr und schüttelte es. Es war hohl, und es befand sich eindeutig etwas in seinem Inneren. Sie musterte den eiförmigen Stein eingehend, drehte ihn langsam in der Hand, untersuchte seine Oberfläche. Da war es, ein Spalt, so fein wie der Schnitt einer Rasierklinge. Entschlossen, zu dem im Inneren verborgenen Objekt vorzudringen, holte sie den Brieföffner vom Dielentisch, ging zum Sofa im Wohnzimmer zurück und hebelte an dem Spalt herum, bis es ihr gelang, das Ei aufzustemmen.
    Es enthielt eine Brosche. Sie bestand aus einem gedrehten Tau oder Seil, das aus einem stumpfen grauen Metall, möglicherweise Hartzinn, gefertigt und zu einer Träne geformt worden war … oder war es

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