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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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aber wo war Mitch?
    Den Korridor entlang kamen der pomadisierte Juan, die kämpferische Barb, noch ein paar Damen mit Gummizughosen – alle außer Mitch.
    Wir bauten die Stühle auf und zündeten die Kerzen an und bildeten einen Kreis, aber er war immer noch nicht da. Ich überlegte, Nicholas zu fragen, ob er die Telefonnummer von Mitch hatte, als die Tür aufging.
    Er war es.
    »Gerade noch rechtzeitig«, sagte Liesl.
    »Ja, Entschuldigung.« Er ließ den Blick rasch durch den Raum wandern und entdeckte mich. »Anna, es tut mir Leid, ich habe deine Karte verloren. Ich bin so chaotisch«, sagte er. »Aber ich habe die Nummer hier.«
    Er gab mir einen Zettel, und ich faltete ihn auf und las die Nummer. Zehn wertvolle Ziffern, die mich zu Aidan führen würden. Gut, ich konnte gehen!
    Aber ich blieb. Sie waren alle so nett zu mir gewesen, dass ich es als unhöflich empfunden hätte, wäre ich gegangen. Und da ich schon mal hier war und die krächzende Cellomusik spielte, fing ich an zu hoffen, dass etwas geschehen würde. Ich meine, wenn heute der Tag wäre, an dem du Kontakt aufnehmen wolltest, und ich wäre zur Fußpflege gegangen!

ZWANZIG
    Die erste Nachricht war für Mitch.
    »Trish ist hier«, sagte Liesl mit geschlossenen Augen. »Sie sieht wie ein Engel aus. So hübsch, ich wünschte, ihr könntet sie sehen. Mitch, ich soll dir von ihr sagen, dass es besser wird. Sie sagt, sie wird immer bei dir sein, aber du musst weitergehen.«
    Mitch sah völlig leer aus. »Wie?«
    »Du musst es zulassen, dann geht es.«
    »Ja, stimmt, ich lasse es nicht zu«, sagte Mitch. »Trish«, sagte er, und es war ein kleiner Schock, als er sie direkt ansprach. »Ich gehe nicht weiter, weil ich dich nicht zurücklassen möchte.«
    Es wurde still, und wir alle rutschten etwas unbehaglich auf unseren Stühlen herum. Nach einer Weile sprach Liesl. »Barb, wer ist Phoebe?«
    »Phoebe?«, rief Barb mit ihrer rauen Stimme. »Also, wer hätte das gedacht? Sie war eine meiner Geliebten, wir hatten einen berühmten Maler als Liebhaber, natürlich darf ich nicht sagen, wer, et cetera et cetera. Sie war mit ihm verheiratet, und ich vögelte ihn, dann haben wir ihn beide in die Wüste geschickt und uns zusammengetan. Eine Weile. Hahaha. Worum geht’s also, Phoebe, Schätzchen?«
    »Es wird dir nicht gefallen.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Okay«, seufzte Liesl. »Es tut mir Leid, Barb, aber ich soll dir von Phoebe ausrichten, dass – und ich zitiere – ›dass er dich nicht geliebt hat und dass es ihm nur um Sex gegangen ist‹.«
    »Nur um Sex? Was soll das heißen, ›nur um Sex‹? Es geht doch schließlich immer nur um Sex.«
    »Machen wir weiter«, sagte Liesl schnell.
    Das ist doch verrückt, dachte ich. Ein Schlagabtausch jenseits des Grabes. Ich sollte nicht hier sein, ich bin normal und bei Sinnen, diese Leute hier haben doch einen Sprung in der Schüssel …
    Dann sagte Liesl: »Ich habe hier einen Mann …«, und mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen, entspannte sich aber sofort wieder, als sie fortfuhr: »… er heißt Frazer. Kann jemand was damit anfangen?«
    »Ich!«, sagte Mackenzie gleichzeitig mit Liesl, die sagte: »Mackenzie, für dich. Er sagt, er sei dein Onkel.«
    »Großonkel. Cool! Und, wo ist das verlorene Testament, Großonkel Frazer?«
    Liesl konzentrierte sich einen Moment und sagte dann: »Er sagt, es gebe kein verlorenes Testament.«
    »Aber es muss eins geben!«
    Liesl schüttelte den Kopf. »Er scheint sich völlig sicher.«
    »Aber wenn es kein Testament gibt, wie soll ich dann an Geld kommen?«
    »Er sagt, such dir eine Arbeit.« Schweigen, während Liesl der Stimme aus dem Jenseits lauschte. »Oder heirate einen reichen Mann. – Das ist ja empörend«, fügte sie hinzu.
    Mackenzies gebräuntes Gesicht war rot angelaufen. »Sagen Sie ihm, er ist ein betrunkener Scheißtyp und hat von nichts eine Ahnung. Holen Sie mir Großtante Morag! Die weiß Bescheid.«
    Liesl saß mit geschlossenen Augen da.
    »Holen Sie mir Großtante Morag!«, befahl Mackenzie, als wäre Liesl ihre Sekretärin.
    Mir tat Liesl Leid – sie musste Botschaften weitergeben, die niemand hören wollte, und obwohl die Nachrichten angeblich aus einer anderen Sphäre stammten, gab man ihr die Schuld.
    »Er ist weg«, sagte Liesl. »Und niemand anders kommt durch.«
    »Das ist doch alles der letzte Mist!«, rief Mackenzie. Sie empörte sich eine Weile lang, dass sie eigentlich in den Hamptons sein sollte – wusste ich es doch!

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