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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nachforschen, ob ich einen Großvater hatte, der Mick hieß. Und wenn ja …? War Liesl dann ein echtes Medium? Sie kam zwar mit Botschaften für die anderen, aber deren Geschichten kannte sie, sie wusste, was sie hören wollten.
    Doch über mich wusste sie sehr wenig. Obwohl, es konnte nicht besonders schwer sein, eine irische Familie zu finden, in der ein Mann Mick hieß. Hatte sie einfach gut geraten? Doch dass ich ihn nicht gekannt hatte – wie sollte ich das erklären? Wieder gut geraten?
    Mum kam mit einem gehauchten »Ja?« ans Telefon.
    »Ich bin’s, Anna.«
    »Anna, mein Schatz, was ist passiert?«
    »Nichts. Ich wollte mich nur mal melden.«
    »Dich melden?«
    »Ja, was spricht dagegen?«
    »Jeder weiß doch, dass wir um diese Zeit am Sonntagabend Midsomer Murders gucken. Niemand ruft dann an.«
    »Entschuldigung, das wusste ich nicht. Gut, dann rufe ich später wieder an.«
    »Ach, nein, bleib mal dran. Diese Folge haben wir schon gesehen.«
    »Na gut. Ich wollte dich etwas über Granny Maguires Mann fragen.«
    Schweigen. »Meinst du meinen Vater?«
    »Ja! Entschuldige, Mum, ja. Wie hieß er? Hieß er Michael? Mick?«
    Wieder Schweigen. »Warum willst du das wissen? Was hast du vor?«
    »Nichts. Mick? Ja oder nein?«
    »Ja«, sagte sie zögernd.
    Meine Kopfhaut kribbelte. Mein Gott, Liesl hatte vielleicht doch etwas erfahren.
    »Und ich kannte ihn nicht? Weil er starb, als ich geboren wurde?«
    »Zwei Monate später.«
    Das Kribbeln breitete sich über meinen ganzen Körper aus. Das musste mehr als nur ein gelungenes Raten vonseiten Liesls gewesen sein. Doch wenn sie wirklich mit den Toten in Verbindung stand, warum hatte sich dann Aidan noch nicht gemeldet …?
    »Was soll das alles?«, fragte Mum misstrauisch.
    »Nichts.«
    »Was soll das?« Lauter diesmal.
    »Ni-ichts!«

ZWEIUNDZWANZIG
    Mittels einer Reihe raffinierter Lügen – ich sagte zu Rachel, ich würde zu Teenie gehen, Teenie sagte ich, ich verbrächte den Tag mit Jacqui, und Jacqui wiederum erzählte ich, dass ich bei Rachel eingeladen sei –, konnte ich vermeiden, dass ich anlässlich des Feiertages am 4. Juli zu irgendwelchen Grillpartys oder zum Feuerwerk auf irgendeiner Dachterrasse eingeladen wurde, und vergnügte mich stattdessen in der Wohnung, wo ich im kühlen Wind meines Klimageräts saß und mir Wiederholungen von The Dukes of Hazzard , Quantum Leap und M.A.S.H. im Fernsehen ansah.
    Ich wollte nirgendwo anders sein als in unserer Wohnung. Dort fühlte ich mich ihm am nächsten. Wir waren weiß Gott durch die Hölle gestiegen und zurückgekommen, um die Wohnung zu bekommen. Ich weiß, es ist ein Klischee, dass es schwer ist, eine halbwegs anständige Wohnung in Manhattan zu finden, aber es ist ein Klischee, weil es zutrifft. »Groß, hell und luftig«, das waren die magischen Worte, aber man bezahlte sich dumm und dämlich für jeden Zoll Holzfußboden und Fensterglas. »Klein, eng, dunkel und meilenweit entfernt von der Subway« war das, womit sich die meisten am Ende zufrieden geben mussten.
    Nachdem Aidan und ich uns verlobt hatten, fingen wir an, eine Wohnung zu suchen, aber es war aussichtslos. Wir hatten wochenlang erfolglos gesucht, als wir eines Abends am Laden eines Immobilienmaklers vorbeigingen und im Schaufenster ein Foto von einem »hellen, luftigen Loft« entdeckten. In einem Viertel, das uns gefiel, und, was weit wichtiger war, zu einer Miete, die wir uns leisten konnten.
    Von dem Gefühl erfasst, dass dies unser Schicksal war, machten wir einen Besichtigungstermin für den nächsten Tag. Wir hatten es gefunden, dachten wir, wir hatten endlich ein Zuhause! Wir waren uns so sicher, dass wir zwei Monatsmieten gleich mitbrachten. Warum sollten wir auch nicht denken, dass wir ziemlich schlau waren?
    »Wir werden ein normales Paar sein«, sagte ich, als wir zur Subway gingen. »Wir werden eine hübsche Wohnung haben und Freunde zum Essen einladen und am Wochenende gehen wir trödeln.« (Ich hatte nur eine sehr vage Idee, was das in New York City wirklich bedeutete, aber alle taten es.)
    Als wir zu der Wohnung kamen, stellten wir jedoch fest, dass neun andere Paare auch einen Besichtigungstermin hatten. Die Wohnung war so klein, dass kaum Platz für alle zwanzig war und wir uns ärgerlich anrempelten und aus dem Weg stießen und in einer Schlange anstehen mussten, um in den Wandschrank zu gucken und in die Dusche, während der Makler mit einem amüsierten Lächeln zusah. Dann klatschte er in die Hände und bat um unsere

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