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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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neue Hello! , einmal eine Tüte Gummibänder. Dann geht sie nach Hause, setzt Wasser auf, macht Tee, sitzt vorm Fernseher, raucht und starrt ins Leere.
    Einmal ging sie nach der Messe zum Zeitungsladen UND zur Apotheke. Hat Hühneraugenpflaster gekauft. Ich dachte, ich würde vor Aufregung zerspringen.
    Einmal ist sie nachmittags mit dem BMW losgefahren, und ich hoffte inständig, dass sie sich mit Racey O’Grady treffen würde. Aber ging nur zur Fußpflege, offensichtlich hat sie Probleme mit Hühneraugen, dann nach Hause, Wasser aufsetzen, Tee, rauchen, ins Leere starren.
    An einem anderen Nachmittag machte sie einen Spaziergang am Pier. Ging schnell, trotz Hühneraugen. Ganz vorn setzte sie sich auf Bank, rauchte Zigarette, starrte ins Leere, kam zurück. Nichts Bedenkliches. Nur ein bisschen Bewegung. Obwohl manche das für bedenklich halten könnten.
    Sie sieht aus, als wäre sie gute Kartenspielerin, als würde sie einen ausnehmen. Viele feine Fältchen um den Mund vom Rauchen. Verbringt viel Zeit damit, die Lippen nachzuziehen. Ist gern in der Sonne, hat ledrige Haut. Versteh mich nicht falsch. Attraktive Frau, angesichts ihres Alters und so. Muss sie nur tagsüber beobachten. Harry arbeitet von neun bis fünf, montags bis freitags. Sagt, wozu ist man Verbrecherkönig, wenn man nicht gute Arbeitszeiten hat. Die Nachbarn glauben, er hat einen Schrotthandel. Trotz abartiger Langeweile habe ich Abende und Wochenenden für mich.
    Piss: Wie geht es dir? Hier ein aufmunternder Gedanke – wenigstens hat Aidan dich nicht wegen einer anderen Frau verlassen. Mir wäre lieber, jemand stirbt, als dass er mich betrügt. Obwohl, wenn jemand mich betrügen würde, würde ich ihn umbringen, also gleiches Ergebnis.

    Von jedem anderen wäre dies schrecklich herzlos. Aber es kam von Helen. Da zählte es als tief empfundenes Mitgefühl.

NEUNZEHN
    Bis Sonntagmorgen hatte ich nichts von Mitch gehört, sodass ich mich in das Unabwendbare fügte und mich auf den Weg zu den Spiritualisten machte. Auch diesmal kam ich viel zu früh, aber es saßen schon zwei junge Frauen auf der Bank und warteten. Ich kannte sie nicht vom Sonntag davor, deshalb setzte ich mich neben sie und lächelte verhalten. Auf der anderen Seite vom Flur übte die South-Pacific -Gruppe. Dann kam ein kleiner, gut aussehender Mann, stolzierte – das ist das richtige Wort, er stolzierte – aus unserem Raum und sagte zu der Frau, die näher an der Tür saß: »Ich bin Merrill Dando, der Regisseur. Haben Sie Ihre Fotos dabei?«
    Schauspielerinnen! Sie hatten mit den Geistersehern nichts zu tun. Zum Glück hatte ich nichts gesagt.
    Die Frau reichte ihm einen großen braunen Umschlag, und Merrill führte sie in den Raum, ich hörte laute Stimmen, und die Frau kam ohne ihre Fotos wieder heraus. Dann wurde die andere Frau in den Raum gebeten.
    Ich sah auf meine Uhr. Es war fast so weit. Gleich würden die anderen kommen. Meine Eingeweide krampften sich zusammen bei dem undenkbaren Gedanken: Wenn Mitch gar nicht käme? Wenn ich niemals Neris Hemmings Telefonnummer erfahren würde? Aber das durfte ich nicht denken. Er musste kommen. Ich musste die Nummer bekommen.
    Die zweite Schauspielerin kam heraus, ging den Korridor hinunter und verschwand.
    »Also gut!« Der Merrill-Typ zeigte mit zwei Fingern auf mich und drehte sie, als wollte er sie in mich hineinbohren. »Sie sind die Letzte.« Er musterte mich von oben bis unten und sagte: »Wo sind Ihre Fotos?«
    »Ich habe keine dabei.«
    Er seufzte schwer. »Hat Ihnen keiner gesagt, Sie sollen welche mitbringen?«
    »Nein.« Das stimmte ja.
    »Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«
    »Autounfall.«
    Er sog den Atem ein. »Also gut. Fangen wir mit dem Vorsprechen an.«
    Offenbar gab es ein Missverständnis: Ich wurde versehentlich für eine Schauspielerin gehalten.
    Er führte mich in den Raum und gab mir ein Skript, und ich dachte: Warum eigentlich nicht? Irgendwie war es leichter, als alles zu erklären.
    Ich überflog die Seite. Es schien sich um ein verworrenes Südstaaten-Melodram, einen Tennessee-Williams-Verschnitt mit dem Titel The Sun Never Rises zu handeln.
    In dem staubigen Zimmer saßen zwei bärtige Männer an einer Tischplatte auf Böcken. Merrill stellte sie als den Produzenten und den Casting Director vor.
    »Also«, sagte er. »Kurze Zusammenfassung der Handlung. Zwei Schwestern in einer Pechsträhne, ihr Daddy hat gerade das Zeitliche gesegnet und sie mit einem Haufen Schulden zurückgelassen. Sie brauchen

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