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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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soll denn dieser ›Mann‹ tun?«
    »Meine Klimaanlage vom Regal holen und zum Fenster tragen.«
    »Weißt du was? Wir holen Bubba von oben, der kann uns sicher helfen.«
    »Bubba?«
    »Oder so ähnlich. Er ist ein kräftiger Typ. Mit lausigen Klamotten. Ihm wird es nichts ausmachen, wenn sie verschwitzt sind. Komm mit.« Ornesto ging voran die Treppe hinauf und klopfte an die Tür von Nummer zehn.
    Eine tiefe Stimme rief misstrauisch: »Wer ist da?«
    Ornesto und ich sahen uns an und mussten plötzlich kichern. »Anna«, rief ich mit erstickter Stimme. »Anna aus Nummer sechs.« Ich stieß Ornesto an.
    »Und Ornesto aus Nummer acht.«
    »Was wollt ihr? Mich zu einer Gartenparty einladen?« Er sagte »Gahtenpahdy«, und wir lachten wieder.
    »Nein, Sir«, sagte ich. »Ich wollte fragen, ob Sie mir helfen könnten, meine Klimaanlage anzuschließen.«
    Die Tür öffnete sich und ein massiger Mann im Unterhemd, so um die fünfzig, stand vor uns. »Sie brauchen also meine Muckis?«
    »Ehm, ja.«
    »Schon eine Weile her, dass eine Frau das von mir wollte. Ich hole meine Schlüssel.«
    Zu dritt gingen wir runter zu meiner Wohnung, wo ich auf das Gerät auf dem Brett zeigte.
    »Dürfte kein Problem sein«, sagte Bubba.
    »Ich helfe Ihnen«, bot Ornesto an.
    »Sicher, mein Junge.« Aber er sagte es freundlich.
    Bubba kletterte auf den Stuhl, und Ornesto machte viel Aufhebens darum, den Stuhl festzuhalten. Außerdem lieferte er ermutigende Kommentare wie: »Ja, Sie haben es. Genau … noch nicht ganz, jetzt, ein bisschen weiter …«
    Dann war das Gerät unten, wurde zum Fenster geschleppt, in die Steckdose gesteckt, und sofort wurde – wie durch ein Wunder – kalte Luft in meine Wohnung geblasen. Das Gefühl von Dankbarkeit!
    Ich bedankte mich überschwänglich bei dem Mann und fragte: »Hätten Sie gern ein Bier, Sir?«
    »Eugene.« Er streckte die Hand aus.
    »Anna.«
    »Ein Bier käme gut.«
    Zum Glück hatte ich eins. Ein einziges. Weiß der Himmel, wie lange es schon im Kühlschrank gelegen hatte.
    Als Eugene sich an die Küchentheke lehnte und das Bier, das möglicherweise abgelaufen war, trank, fragte er: »Was ist mit dem Typen, der hier gewohnt hat? Ist der ausgezogen oder was?«
    Ein betroffenes Schweigen folgte. Ornesto und ich sahen uns an.
    »Nein«, sagte ich. »Er war mein Mann.«
    Ich sprach nicht weiter. Ich konnte es nicht über mich bringen, das Wort »tot« zu sagen, es war tabu. Alle bemitleideten mich wegen meines »Unglücks«, meines »traurigen Verlusts«, was mich oft mit dem zwanghaften Wunsch erfüllte, laut zu schreien: »Aidan ist tot. Er ist tot, tot, tot, tot, tot, tot, tot. TOT. Na bitte! Es ist nur ein Wort – davor braucht man keine Angst zu haben.«
    Aber ich machte es nie. Sie konnten nichts dafür. Wir lernen nicht, wie wir mit dem Tod umgehen können, obwohl es jedem widerfährt und obwohl es das einzig Sichere im Leben ist.
    Ich atmete tief durch und warf das Wort mitten in die Runde. »Er ist tot.«
    »Ah, das tut mir aber Leid, Kleine«, sagte Eugene. »Meine Frau ist auch gestorben. Ich bin seit fünf Jahren Witwer.«
    Oh Gott. So habe ich nie darüber nachgedacht. »Und ich bin Witwe.« Ich fing an zu lachen.
    Vielleicht ist es seltsam, aber es war das erste Mal, dass ich dieses Wort auf mich anwandte. Mein Bild von einer Witwe war das eines alten, verschrumpelten Weibleins, das sich in einen schwarzen Mantel hüllte. Der schwarze Mantel war das Einzige, was wir gemeinsam hatten, nur dass meiner rosa war.
    Ich lachte und lachte, bis mir die Tränen aus den Augen rannen. Aber es war die falsche Sorte Lachen, und die Männer sahen mich entsetzt an.
    Eugene zog mich zu sich heran, und dann legte Ornesto die Arme um uns beide, eine seltsame, wohlmeinende Gruppenumarmung. »Mit der Zeit wird es besser«, sagte Eugene. »Es wird besser, glauben Sie mir.«

ACHTZEHN
    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Arbeit!

    Es ist mir peinlich, es zu gestehen, Anna, aber Detta Big zu beschatten, ist das Langweiligste von der Welt. Man kann die Uhr nach ihr stellen. Jeden Morgen um zehn vor zehn geht sie aus dem Haus zur Zehn-Uhr-Messe. Jeden Morgen! Kann es nicht glauben – sie gehört zu einer Verbrecherdynastie, ist in großem Stil in räuberische Erpressung verstrickt und weiß der Himmel was noch, geht aber jeden Morgen zur Messe. Dann zum Zeitungsladen und kauft eine Packung Benson & Hedges und Verschiedenes mehr. Manchmal eine Tüte Cola-Bonbons, manchmal eine

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