hätten, dann hätte sich der Stress über ein ganzes Jahr ausgedehnt.
Aber es hat sich alles gelohnt.
Aidan und ich haben an einem sonnigen, windigen Tag in einer Kirche auf einem Hügel geheiratet. Die Osterglocken blühten – leuchtend gelbe Büschel, die in der Brise wogten. Um uns herum frühlingsgrüne Felder, und in der Ferne funkelte das schaumgekrönte Meer.
Auf den Fotos, die vor der Kirche gemacht wurden, sind lächelnde Männer in glänzenden Schuhen und Frauen in pastellfarbenen Kleidern zu sehen. Wir sehen alle schön und sehr, sehr glücklich aus.
SECHSUNDZWANZIG
An:
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[email protected] Thema: Magnum Pl
Anna, hör zu, es ist etwas Schreckliches passiert. Du musst mir helfen, und du darfst niemandem etwas erzählen. Die schreckliche Wahrheit: Ich habe einen Oberlippenbart. Ist aus dem Nichts gekommen, Wechseljahre unmöglich, da erst neunundzwanzig, muss die Arbeit sein. Das Sitzen im nassen, kalten Gebüsch hat mich zu einem Tier mit starkem Haarwuchs gemacht, als Wärmespeicher.
Im Moment nur Oberlippe betroffen, sehe aus wie Magnum Pl, aber schon bald starke Ähnlichkeit mit ZZ Top, mit Bart bis zu den Knien. Mir gefällt die Arbeit. Will sie nicht aufgeben. Was kann ich tun?
Schick Produkte. Alles, was du hast. Das hier ist ein Notfall, abartig.
Deine haarige Schwester Helen.
Piss: Hoffe, es geht dir gut.
Es gab keine Haarentfernungsprodukte von Candy Grrrl. Noch nicht. In dem Plan, die Weltherrschaft zu übernehmen, war es nur eine Frage der Zeit.
Ich schickte Helen eine Mail, in der ich ihr vorschlug, ihren Oberlippenbart zu bleichen und mir über die neuesten Entwicklungen ihres Drehbuchs zu berichten.
An:
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[email protected] Thema: Garderobe vom Montag
Ein roter bestickter Satin-Sari (für dich ein chinesisches Kleid) über abgeschnittenen Jeans und roten Lackleder-Sneakers. Mein Haar ist aufgetürmt und mit Essstäbchen hochgesteckt, ein raffinierter Trick, um keinen Hut tragen zu müssen. Ich habe seit sechs Tagen keinen Hut getragen, meine stille kleine Revolte. Ich würde gern wissen, wie lange sie brauchen, um es zu bemerken, aber du kannst mir glauben, sie werden es bestimmt bemerken.
Ich würde so gern von dir hören, ich liebe dich.
Dein Mädel Anna
Als ich ins Büro kam, ließ Franklin rasch seinen Blick über mich gleiten und verweilte einen Moment bei meinen Haaren. Er wusste sehr wohl, dass etwas fehlte, war aber zu aufgeregt, um zu merken, was. Es war nämlich Zeit für die MMB (Montagmorgenbesprechung), der anderthalb Stunden in der Hölle jederzeit vorzuziehen wären.
Zur Vorbereitung scheuchte Franklin seine »Mädels« herum – diejenigen, die für Candy Grrrl, Bergdorf Baby, Bare, Kitty Loves Katie, EarthSource, Visage und Warpo arbeiteten (eine noch ausgeflipptere Marke als Candy Grrrl – nachdem ich gesehen hatte, was sie zur Arbeit tragen müssen, verfolgt mich der Gedanke, dass ich gezwungen werden könnte, in ihr Team zu wechseln).
»Gute Arbeit«, sagte Franklin zu Tabitha. Die neue Nachtcreme von Bergdorf Baby hatte ein fantastisches Lob und – was viel wichtiger war – ein Foto in der New York Times vom Sonntag bekommen.
Zu mir und Lauryn sagte er: »Ihr müsst euch ranhalten, meine Damen.«
»Ja, aber …«, begann Lauryn.
»Ich kenne die Gründe«, sagte Franklin. »Ich sage nur, ihr müsst aufholen. Möglichst schnell.«
Lauryn sah mich streng von der Seite an. Sie hatte offensichtlich etwas mit mir vor. Sie wollte, dass ich meine ganze Zeit ihren Ideen für Features widmete, während ich meinerseits Texte und Fotos für Beauty-Seiten produzieren und meine Ziele erreichen musste. Wer von uns beiden würde sich durchsetzen?
Wir strömten in den Konferenzraum. Wir waren alle versammelt, alle vierzehn Marken. Manche hatten Zeitungen und Zeitschriften dabei. Das waren die Glücklichen, die in der Presse erwähnt worden waren. Auch ich hatte ein, zwei Seiten dabei. Nicht aus Zeitungen, versteht sich. Während ich weg war, hatte sich anschienend niemand um die Beauty-Redakteurinnen der Zeitungen gekümmert – mir war schleierhaft, was die Mädchen von der Zeitarbeit überhaupt die ganze Zeit gemacht hatten.
Aber weil die Hochglanzzeitschriften einen so langen Vorlauf haben, hatten die Schmeicheleien, mit denen ich sie vor Monaten bedacht hatte, Früchte getragen – so wie wenn man im September Zwiebeln setzt und im nächsten Frühling die Blumen blühen.
Entlang der