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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Wand drängten sich die Menschen und versuchten, sich unsichtbar zu machen; fast konnte man ihre Angst riechen. Auch ich hatte Beklemmungen, womit ich nicht gerechnet hatte. Nach dem, was mir zugestoßen war, dachte ich, dass ein Rüffel vor der gesamten Belegschaft mir nichts anhaben könnte. Aber offenbar handelte es sich um den Pawlow’schen Reflex: Am Montagmorgen in diesem Raum zu stehen, bedeutete, dass sich die Angst von selbst einstellte.
    Montagmorgen war schrecklich. Ich weiß, dass es für alle überall schrecklich ist, aber hier war es besonders schrecklich, weil unser Erfolg oder Misserfolg in so hohem Maße davon abhing, was in den Zeitschriftenbeilagen der Zeitungen vom Wochenende erschienen war. Es war so offensichtlich . Manchmal, wenn eine Agentin von einer Beauty-Redakteurin im Stich gelassen wurde und nicht die erwartete redaktionelle Erwähnung bekam, musste sie sich vor der Besprechung übergeben.
    Während wir unsere Plätze einnahmen, beachtete Ariella uns gar nicht. Sie saß an der Stirnseite des langen Tisches und blätterte in einer Zeitschrift. Ich sah, was es war – wir sahen es alle fast gleichzeitig: die Femme von diesem Monat. Mist. Am Kiosk gab es sie noch nicht. Ariella hatte ein Vorabexemplar, und keine von uns wusste, was drinstand. Doch das würde sie uns schon sagen. »Meine Damen! Kommen Sie näher, kommen Sie näher. Sehen Sie sich an, was ich hier sehe. Ich sehe Clarins. Ich sehe Clinique. Ich sehe Lancôme. Ich sehe sogar Revlon. Aber was ich nicht sehe, …«
    Wen würde es treffen? Es konnte jede sein.
    »… ist Visage!«
    Arme Wendell. Wir schlugen die Augen nieder, beschämt, aber ach, so froh, dass es nicht uns traf.
    »Möchten Sie mir dazu etwas sagen, Wendell?«, fragte Ariella. »Über die teuerste Kampagne, die wir je gefahren haben? Wohin haben wir noch diese magersüchtigen Schönen geflogen? Könnten Sie mich daran erinnern?«
    »Tahiti.« Wendells Stimme war kaum zu hören.
    »Tahiti? Ta hi ti! Selbst ich war noch nie in Tahiti. Und dann konnten sie uns nicht mal miese fünf mal zehn Zentimeter geben? Was haben Sie ihr getan, Wendell? Haben Sie ihr in den Schoß gekotzt? Mit ihrem Lover geschlafen?«
    »Sie hatte mir eine Viertelseite versprochen, aber dann brachte Tokyo Babe die neue Augencreme raus, und weil die Firma so viele Anzeigen schaltet, hat ihre Chefredakteurin unsere Seite gestrichen.«
    »Ich will keine Entschuldigungen hören. Es gilt die Regel: Wenn jemand anders im redaktionellen Teil steht, haben Sie versagt. Sie sind eine Versagerin. Sie haben versagt, Wendell, nicht nur, weil Sie nicht hart genug gearbeitet haben, sondern weil Sie nicht genug gemocht werden. Sie sind nicht beliebt genug. Haben Sie zugenommen?«
    »Nein, ich …«
    »Aber irgendetwas klappt nicht!«
    Eine schreckliche Wahrheit. In der PR-Arbeit hing so viel von persönlichen Beziehungen ab. Wenn eine Beauty-Redakteurin einen mochte, hatte die Marke eine bessere Chance, allen anderen vorgezogen zu werden. Aber man konnte einfach nichts ausrichten, wenn eine der großen Marken damit drohte, eine Zwanzigtausend-Dollar-Anzeige nur dann zu schalten, wenn sie eine freundliche Besprechung im redaktionellen Teil bekam.
    Nach dem Hauptereignis – der Demütigung von Wendell – gingen wir zur Tagesordnung über. Da ging es darum, dass Ariella die Marken untereinander verglich. Wenn eine erfolgreich war, war dies die Gelegenheit, die Mängel einer anderen hervorzuheben. Außerdem spielte sie gern Franklin gegen Mary-Jane aus, die die anderen sieben Marken betreute. Und dann war es für diese Woche vorbei.
    Beim Rausgehen murmelten einige: »Das ging ja noch. Sie war nicht so übel heute.« Und das Tolle an einer MMB war – wenn sie vorbei war, konnte die Woche eigentlich nur besser werden.

SIEBENUNDZWANZIG
    An: [email protected]
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    Thema: Oberlippenbart

    Habe es mit Bleichen versucht. Blond, aber immer noch sichtbar. Sehe aus wie deutscher (männlicher) Pornostar. Mum nennt mich Rolf der Wolf. Sie findet es toll . Weißt du Rat?
    Deine haarige Schwester Helen.
    Piss: Was weiß sie denn von Pornostars?

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    Von: [email protected]
    Thema: Oberlippenbart

    Versuch’s mit Enthaarungscreme.

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    Von: [email protected]
    Thema: Besserung schreitet voran

    Heute ist der Gips von meinem Arm abgemacht worden. Er sieht gar nicht aus wie mein Arm, er ist ganz schrumpelig und haarig, fast so

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