Erdbeermond: Roman (German Edition)

haarig wie Lauryns Arme. Mein Knie ist viel besser (und nicht haarig). Auch meine Nägel wachsen nach. Jetzt ist es nur noch das Gesicht.
    Ich liebe dich.
    Dein Mädel Anna

    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Ich heiße Anna

    Heute hat mir jemand eine Liste der AA-Treffen auf den Schreibtisch gelegt. Anonym, sozusagen. Ich liebe dich.
    Dein Mädel Anna

    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Neue Frisur!

    Ich habe Sailor inständig um eine pflegeleichte Frisur gebeten, aber er hat gesagt, wir müssen für unsere Schönheit leiden, und hat mir einen Trendsetter-Look verpasst, struppig und nach vorn gebürstet. Das Gute daran ist, dass er die Narbe größtenteils bedeckt. Aber wenn ich mir die Haare selbst föhnen soll, wird das so schrecklich aussehen, dass ich wieder Hüte tragen muss. Offenbar handelt es sich um eine große Verschwörung.
    Ich liebe dich.
    Dein Mädel Anna

    Die ganze Woche arbeitete ich zwölf bis dreizehn Stunden am Tag, und irgendwann war so viel Zeit vergangen, dass wieder Freitagabend war. Doch kaum hatte ich aufgeschlossen und die Schlüssel auf den Tisch gelegt, als ich auch schon das Schuldgefühle weckende, vorwurfsvolle Licht an meinem Anrufbeantworter blinken sah. Schiet. Womit hatte ich zu rechnen? Wie viele Nachrichten? Ich blieb, wo ich war, und beugte mich nach vorn: drei Nachrichten. Ich sah in Doglys freundliches Gesicht und sagte: »Ich wette, sie sind alle drei von Leon.«
    Ich wurde von ihm mit Nachrichten bombardiert. Bombardiert! Im Büro wäre es ihm beinahe ein paar Mal gelungen durchzukommen, indem er seine Nummer unterdrückte, aber trotzdem hatte ich es bisher vermeiden können, mit ihm zu sprechen. Irgendwann würde ich allerdings nicht umhin können. Es würde nicht mehr lange dauern, dann käme er persönlich zu mir in die Wohnung, oder, was noch fürchterlicher wäre, schickte Dana zu mir. Aber ich konnte es nicht ertragen, jetzt noch nicht.
    Stattdessen schaltete ich den Computer an – mir wurde es leichter ums Herz, als ich drei neue Mails sah! Ich hielt den Atem an und wartete, voller Hoffnung. Aber die erste war von Helen.

    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Enthaarungscreme

    Der Gestank! Brennendes Fleisch! Wächst schon nach, aber borstig und … und … wie Stoppeln! Werde zum Mann.

    Ich empfahl ihr Wachs. Die zweite Mail war von Mum! Zwei Mails auf einmal von ihr – das glich dem achten Weltwunder. Was konnte der Grund sein?

    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Thema: Helens Oberlippenbart

    Was hast du Helen nur gesagt, was sie mit der scheußlichen Enthaarungscreme machen soll? Grundgütiger, der Gestank! Die Leute, die an die Tür kommen, machen Bemerkungen darüber. Der Junge, der für die Milch kassiert (ein echter Lausebengel), sagte – und das ist nicht gelogen – : »Mann, haben Sie gerade gefurzt?« Kann man das glauben? Ich habe in meinem Leben nicht gefurzt.
    Was die Frau mit dem Hund betrifft, so möchte ich dich »auf dem Laufenden« halten, wie es so schön heißt. Es gibt neue »Entwicklungen«. Heute Morgen habe ich ihr »aufgelauert«. Normalerweise kommt sie um zehn nach neun, und ich war schon bereit. Sobald sie um die Ecke kam, tat ich so, als wollte ich die Mülleimer auf den Gehweg stellen, was ich ziemlich »listig« fand, denn die Müllabfuhr kommt immer montags und dein Vater ist derjenige, der die Mülleimer rausstellt.
    »Guter Morgen dafür«, sagte ich und wollte damit sagen: »Guter Morgen, um Ihren Hund an dem Tor eines unschuldigen Fremden sein Pipi machen zu lassen.« Die Frau zog sofort an der Leine und sagte: »Komm schon, Zoe.« Jetzt haben wir einen Hinweis. Was für ein Name für einen Hund! Dann passierte etwas Schreckliches, denn die Frau bedachte mich mit einem »Blick«. Unsere Augen begegneten sich, und du weißt, Anna, ich bilde mir nichts ein, aber ich wusste sofort, dass ich dem Bösen gegenüberstand.
    Deine dich liebende Mutter
    Mum
    PS In zwei Wochen verreisen dein Vater und ich, vierzehn Tage »Algarve«. Es wird bestimmt schön. Natürlich nicht so schön wie das Cipriani in Venedig (obwohl ich das gar nicht kenne), aber trotzdem. Wenn wir weg sind, geht Helen zu »Maggie« und »Garv«, wie ihr sie nennt. Das heißt, dass es dann nicht so leicht sein wird, der alten Frau auf der »Spur« zu bleiben, aber da sie mir diesen bösen Blick zugeworfen hat, ist es vielleicht auch besser