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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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verdammt! Ihre Loyalität legte ihm hinwiederum eine Verpflichtung auf.
    So wand er sich eines Tages durch seine enge Felspassage, um die Kiwis zu überprüfen. In den ersten Tagen sah es ziemlich übel aus. Die Jungen und Mädel aus Neuseeland ließen sich gegen die Kalksteinmauern fallen, starrten die an, welche sie gefangen hatten, und sprachen nur einsilbig. Aber dann änderten sich die Dinge dramatisch. Inquisitoren wurden durch eine Schar fremder Experten ersetzt, die in einem Ansturm weißer Mäntel herunterkamen und die Neuseeländer höchst achtungsvoll behandelten. Alles sah höchst gemütlich aus.
    Allzu gemütlich. Sepak wollte daran keineswegs teilhaben. Besonders vermied er die Kavernen während der Essenszeiten, wenn er über eine hohe Galerie blicken und zivilisierte Küche riechen mußte. Er mußte sich inzwischen mit dem behelfen, was ihn sein Großvater gelehrt hatte, direkt aus dem Wald zu holen.
    Am Ufer eines rieselnden Baches schmierte sich Sepak Streifen aus weichem Lehm zwischen die Brauen und erneuerte die Tarnung, die ihn für die Soldaten unsichtbar machte… bis jetzt… und solange er nicht diese nie schlafenden Strahlen an der Grenze zu durchqueren suchte. Er kaute langsam an den letzten Bissen einer jungen Baumpythonschlange, die er tags zuvor gefangen hatte. Oder den letzten Bissen, die er zu essen beabsichtigte. Der Großvater hatte ihm gezeigt, wie man die Innereien unter Verwendung einiger obskurer Kräuter zubereitet. Aber er war damals zu sehr angewidert gewesen, um besonders darauf zu achten. Die Verehrung des Erbes war gut. Aber manche ›Delikatessen‹ überschritten doch die Grenzen zum Ekligen.
    Der Wald war seit einigen Generationen nicht mehr so bejagt worden. Vielleicht erklärte dies sein bisheriges Glück. Oder vielleicht war es auch, weil Sepak ein Bündel bunter Federn und Schmetterlingsflügel am Fuß eines hohen Baumes niedergelegt hatte als Opfer für einen Geist, dessen Namen er vergessen hatte, der aber nach Aussage seines Großvaters stark und wohlwollend war.
    Ich komme gut zurecht, dachte er. Aber, zum Henker… Ich wünsche, ich könnte ein Bad nehmen!
    Sepak sah in dem flachen Wasser sein Spiegelbild. Gewiß, er war recht ansehnlich. Verfilztes, mit Beuteltierfett nach hinten geklebtes Haar. Dunkle Haut mit blassen, verschmierten Farbstreifen und Flecken von Blättersaft. Nur wenn er grinste, war da eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Mann des einundzwanzigsten Jahrhunderts, dessen Zähne allzu weiß, ordentlich und vollkommen wirkten.
    Rings um sich spürte er Leben rutschen und kriechen, von winzigen Käfern, die durch modrige Abfälle des Waldes krabbelten, bis hin zu dem hohen Baldachin, wo er eilige Fellstücke, schimmernde Schuppen und aufblitzende Augen bemerken konnte. Zweige raschelten. Irgendwelche Dinge stelzten über andere Dinge. Man mußte aber Geduld haben, um etwas davon zu sehen. Diese Fertigkeit lernte man nicht in der Schule.
    Zumeist war am auffälligsten die Stille.
    Plötzlich wurde die Ruhe durch einen Schwarm Nahrung jagender Vögel unterbrochen, die mit einem Sturm von Federn in die kleine Lichtung einfielen. Sie flogen von rechts herein, ein zirpendes, wildes Chaos von Farben und Arten. Nach dem ersten aufgeregten Moment verhielt Sepak sich vollkommen ruhig. Er hatte schon über dieses Phänomen gelesen, es aber bisher nie erlebt.
    Kleine Vögel mit blauem Gefieder stürzten sich direkt in den Humus. Sie verstreuten Blätter und Zweige bei der Jagd nach fliehenden Insekten. Über ihnen schwebte eine größere Species mit weißen und gelben Federn, die hinabtauchte, um sich etwas von dem zu schnappen, was durch die frechen blauen Vögel sichtbar aufgescheucht wurde. Noch andere Arten schwärmten um die Baumstämme und verkrümmten Wurzeln. Es war ein erstaunlicher Anblick, wie die verschiedenen Species zusammenarbeiteten wie Angehörige einer disziplinierten militärischen Einheit zum Aufräumen des Dschungels.
    Dann bemerkte Sepak, wie einige Vögel sich wüst um diesen oder jenen zappelnden Bissen stritten, und revidierte seinen ersten Eindruck. Die weißgelben Vögel waren Nutznießer, die aus dem Fleiß der kleineren Vorteil zogen. Er beobachtete, wie ein schwarzschwänziger Wurzelhüpfer einen Bissen stibitzte, der schon im Schnabel eines wütenden Vogels mit hellorange Federn zappelte. Andere Arten machten es genau so und hielten ein achtsames Auge aufeinander, während sie die tiefe Rinde der Bäume bearbeiteten und Parasiten

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