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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Zimmerflucht, die einem Wolkenkratzer des Geistes hinzugefügt worden war. Darunter lag der Cortex der Säugetiere, den der Mensch mit seinen engsten Vettern gemein hatte. Weiter unten, aber immer noch nützlich und funktional, führten die zu den Reptilien passenden Gehirnteile immer noch zweckmäßig Arbeiten aus, während darunter ein fundamentales Reflexsystem pulsierte ähnlich dem in primitiven Chordaten.
    So würde es auch mit ihrem Modell sein. Nach und nach fanden Teile des Puzzlespiels an die richtige Stelle. Zum Beispiel vertrug sich das Erkenntnissystem von Berkeley erstaunlich gut mit den Modellen des ›emotionalen Impulses‹ der Behavioristen von der Universität Beijing. Mindestens tat es das, wenn man jedes von beiden erst ein wenig in der richtigen Weise verdrehte.
    Wenn sie sich ins Netz begab, um diese und andere Programme zu suchen, mußte sie natürlich zuerst erfahren, was dort herauskam. Es war reines Chaos! Ihre ersten Spitzel gingen in dem Mahlstrom völlig verloren. Sie mußte bessere schreiben, nur um das Clearinginstitut der großen psychologischen Bibliothek in Chicago zu erreichen. Und selbst dann bedurfte es mehrerer Versuche, bis die Sendboten mit dem, was sie brauchte, zurückkehrten. Die letzte Beschaffung hatte ganze sieben Sekunden erfordert und sie veranlaßt, der Konsole ärgerlich einen Klaps zu geben.
    Inzwischen erkannte Jen – vielleicht mit einem Stich von Eifersucht –, daß ihr Enkel konkurrenzlose Höhen erreicht hatte in der Kunst, Leute zu weit mehr als ihren eigenen bescheidenen Leistungen anzustacheln.
    Das Netz schäumte von Gärstoffen, die Alex Lustig ausgelöst hatte. Jen stellte sich vor, daß irgendwo und vielleicht bald bei der ganzen Rube-Goldberg-Erfindung eine Sicherung durchbrennen würde.
    Paß auf, altes Mädchen! Deine Metaphern verraten dein Alter.
    Also gut, wir wollen einige Vergleiche anstellen.
    Das Chaos im Netz war wie Gischt, der über ein kleines Boot sprüht. Die von ihren Spitzeln zurückgebrachten Subroutinen enthielten unverlangtes Material aller Art. Jen war sowohl alarmiert wie amüsiert, wenn manche Stücke von Softwareschlacke regelrecht darum kämpften, nicht verworfen zu werden. Sie klebten an ihrer Existenz im Computer wie krabbelnde kleine Tiere und mußten verfolgt werden, damit sie sich nicht in einer Ecke versteckten und knappen Speicherplatz verbrauchten oder sich gar vermehrten.
    Impulsiv blickte sie auf den kleinen Schirm, wohin sie Comicsfiguren verbannt hatte, die von ihren freien Assoziationen aufgerufen worden waren. Zum Beispiel schimmerten im Vordergrund ein wackelndes Kartenhaus und verbrauchte rauchende Sicherungen, die deutlich aus neuerlichem oberflächlichem Gemurmel extrapoliert waren.
    Dann war da das Tigersymbol, das während all dieser Wochen an der gleichen Stelle gelegen hatte. Das Simulacrum schnurrte leise und ruhte auf einem Nest, das wie zerfetztes Papier aussah.
    Sie sagte diesem Bruchstück ihrer selbst: Wenn du darauf bestehst, hier herumzuhängen, dann ist es Zeit, daß ich dir Arbeit gebe.
    Der Tiger gähnte, reagierte aber, als sie entschlossen zwei Zähne zusammenstieß – um die Dominanz ihres zentralen Ichs über seine Teile zu bekunden. Subvokal befahl sie, diese unechten Fetzen unverlangter Software zu verjagen – alle diese zappelnden und plappernden Irrelevanzen, die ständig aus dem Chaos des Netzes hereinströmten und ihre Arbeit störten.
    Das Wetter droht, erkannte sie. In Zeiten wie diesen wird jedes bewegliche Ding Obdach suchen, wo es nur kann.
    Mit diesem Gedanken schienen Regenflecke den Pelz des Tigers zu befeuchten, aber nicht seine Stimmung. Mit einem weiteren Gähnen und danach einem wilden Grinsen machte die Katze sich auf, um alle Eindringlinge zu beseitigen und Jens Modell Platz zu schaffen, sich niederzulassen und zu wachsen.
    ¤
    Auf anderen Inseln Polynesiens lebten die Leute ganz ähnlich wie die unseren. Auch ihre Häuptlinge waren Wesen mit großem mana. Auch unsere Vettern glaubten, daß der Lebenslauf des Kriegers gleich unter dem der Götter liegt.
    Aber in anderer Hinsicht waren wir verschieden. Denn als seine Kanus vom alten Hiva ankamen, erkannte unser Urvater Hotu Matua sofort, wohin er gekommen war. Dies ist Te Pito o Te Henua – die Insel im Mittelpunkt der Welt.
    Wir besaßen Hühner und Taro und Bananen und Yams. Es gab Obsidian und harten schwarzen Stein, aber keinen Hafen, und unsere Kanus waren verloren.
    Wozu brauchten wir Kanus? Warum auf Abreise

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