Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
Vom Netzwerk:
Momente lebhafter Erinnerung. Es war ein Samstagabend vor zwei Jahren und ein Mädchen, das er im New Lagos Club kennen gelernt hatte.
    Der erste Teil dieser Begegnung war perfekt gewesen. Sie schien ihm quer durch den Raum ein Zeichen zu machen; und als sie tanzten, waren ihre Bewegungen so glatt wie das Gleis eines Transrapidzuges und ebenso elektrisch. Und dann ihre Augen! In ihnen glaubte er sicher eine enthusiastische Verheißung zu erkennen für jeden, der sie gewinnen mochte. Sie gingen frühzeitig. Nelson begleitete sie zu ihrer kleinen Kaltwasserwohnung nach Hause. Seine Erwartungen waren hochgespannt.
    Die Begegnung mit ihrer ältlichen Tante in der Küche war nicht verheißungsvoll gewesen. Aber das Mädchen schickte die Alte weg ins Bett. Er entsann sich, dann nach ihr gegriffen zu haben. Aber sie hielt ihn zurück und sagte: »Ich werde gleich wieder da sein.«
    Während des Wartens hörte er aus dem Nebenzimmer leichte Geräusche. Das Rascheln von Stoff steigerte seine Erwartung. Aber als sie wieder auftauchte, war sie noch voll angezogen und hielt ein zweijähriges Kind in den Armen.
    »Ist er nicht süß?« sagte sie, als das Kind sich die Augen rieb und von Nelsons Schoß hochblickte. »Jeder sagt, er ist der sich am besten benehmende kleine Junge in White Horse.«
    Nelson hatte seine sexuellen Hoffnungen sofort begraben. Seine Erinnerung an das, was folgte, war vage; aber er entsann sich eines langen verlegenen Schweigens, unterstrichen durch stammelnde Worte, als er das Kind von seinem Schoß entfernte und sich zur Tür begab. Nur ein Bild behielt er mit äußerster Klarheit im Gedächtnis – jener letzte, entnervte und geduldige Gesichtsausdruck der jungen Frau, ehe er kehrtmachte und floh.
    Später wurde Nelson klar, daß sie schlimmer gewesen war als verrückt. Sie hatte einen Plan gehabt. Und aus irgendeinem Grund hatte er nach dieser Episode das Gefühl, er wäre es gewesen, der versagt hatte.
    Die kleine Pavianmutter wandte sich um und sah ihn direkt an. Nelson empfand einen seltsamen Moment von déjà vu. Der Belehrung B’Kelis gegen direkten Augenkontakt eingedenk, fand er viel zu tun und suchte nach weiteren Haufen zur Untersuchung.
     
    Die weite Fläche von superhartem Glase konnte vielleicht das Ultraviolett abhalten, aber sie milderte kaum die Hitze der Savanne. Künstliche Nachahmung des Treibhauseffekts bewirkte trotz den blasenden Ventilatoren Schwüle. Nelson nahm, wie er jetzt seit ein paar Wochen tat, Ablesungen von Feuchtigkeit und Temperatur an seinem Gürtelmonitor vor und vermerkte die Richtung der sprunghaften Brise. Langsam kam er zu der Erkenntnis, warum auch ein von Menschen geschaffenes Milieu seine ›Jahreszeiten‹ hat, seine natürlichen Reaktionen auf unnatürliche Kontrollen.
    Sein Arbeitsweg führte ihn bald zum Rande des Habitats, wo geneigte Fensterflächen an die Begrenzungsmauer stießen. Zwei Meter hoch liefen Kabelbündel um das Habitat. Durch die transparente Schranke konnte er die Dünenlandschaft und von der Sonne verbrannten Weizenfelder eines Landes sehen, das einst Rhodesia hieß und dann Simbabwe und mehrere andere Namen getragen hatte, ehe es endlich zum Ndebele-Kanton der Südafrikanischen Föderation wurde.
    Es war nicht wie irgendein ›Afrika‹, das Nelson als Halbwüchsiger gesehen hatte, wenn er vor dem Kanal für B-Filme auf dem Bauch lag. Keine Elefanten. Keine Rhinos. Bestimmt gab es hier keinen Tarzan. Wenigstens war er verständig genug, aus Kanada nicht in das geliebte Heimatland seiner Eltern zu fliehen. Jeder wußte, was aus Nigeria geworden war. Die Regen, die dieses Land jetzt verlassen hatten, befeuchteten nun die Bucht von Afrika und verschlangen dort verlassene Städte.
    Wüsten oder Ertrinken. Afrika kam einfach nicht zur Ruhe.
    Näher in Sicht waren die abgedichteten Kammern unter in dieser, eine Reihe funkelnder Ziggurat-Terrassen, die in Stufen zu dem staubigen Boden führten und eine jede ein anderes Habitat bargen, eine andere zwergenhafte Ökosphäre, die von dem ruinierten Kontinent gerettet worden war.
    Inzwischen war der Klüngel neugieriger Paviane in seinem Gefolge angewachsen, als Nelson sich der Glaswand vollends genähert hatte. Sie gingen irgendwie ihren Tätigkeiten nach – Fressen, Putzen, Raufen –, beobachteten ihn aber die ganze Zeit mit einer nonchalanten Faszination, die sie ihm folgen ließ. Jedesmal, wenn er mit dem Sammeln eines Kothaufens fertig war, stocherten einige Affen in der zermanschten Masse,

Weitere Kostenlose Bücher