Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
Gartenanlage zwischen kleinen weißen Häusern, die jeweils in Vierergruppen zusammenstehen, verbunden durch schmale Wege, die wie zwei rechtwinklige Tetris-Steine aneinanderkleben und aus der Vogelperspektive ein Kreuz bilden. Ich habe eine Luftaufnahme in einem Prospekt gesehen. Die Häusergrüppchen sehen darin aus wie weiße Windräder auf hellbraunem Grund mit dunkelgrünen Punkten. Es wächst und blüht in der ganzen Anlage, alles ist ausgesprochen gepflegt. Selbst jetzt in der Abenddämmerung durchdringt mich das tunesische Licht, das ich gesucht habe.
Auf dem Flug von Zürich nach Djerba unterhielt ich mich mit einer Stewardess über Tunesien. Sie hatte viel Zeit für mich. Rund zwanzig Passagiere teilten sich vier Flugbegleiter. Sie erzählte mir vom Club Sangho auf dem Festland, am Rande von Zarzis, in dem sie selbst gern Urlaub macht. Sie schilderte mir den Komplex in den schillerndsten Farben und überzeugte mich damit, dass man dort selbst in einer vollbelegten Hochsaison Ruhe finden könne; in der jetzigen Situation sei es sogar fast einsam, doch die Qualität würde trotzdem stimmen. Später hörte ich, wie sie einen anderen Fluggast beruhigte und sagte, dass er absolut sicher sei, solange er nicht weiter in den Süden führe als Ben Guardene und im Norden möglichst Tunis miede.
Sie pries das Land an, als wäre sie eine hochdotierte Sonderbotschafterin, die bei den letzten Tunesientouristen für eine positive Wahrnehmung des Landes sorgen sollte. Ich überlege, ob ich Susanne von Hartmuts Aktivität bei dem Komplott schreiben soll, denn daran ist gar nichts Positives wahrnehmbar.
Am Pool, in dessen Mitte eine Insel mit Palme steht, die man über eine tunesischblaue Brücke erreichen kann, bleibe ich stehen. Das Wasser ist so ruhig, dass es künstlich wirkt, wie in einem Diorama. Dann muss das Diorama aber entweder sehr groß oder ich stark geschrumpft sein. Letzteres scheint mir wahrscheinlicher, aber ich sollte es verifizieren. Ich streife meine Sandale ab, strecke den großen Zeh aus und rechne sicher damit, auf eine feste Fläche zu stoßen. Aber der Zeh taucht ins Wasser ein und wird nass. Schlussfolgerung: Entweder ist das kein Diorama oder ein so gutes, dass ich damit leben kann.
Ich schüttle den Fuß, schlüpfe wieder in die Riemchensandale und setze meinen Weg zum Haupthaus fort. Auf der großen Terrasse aus Natursteinen und Holzbalken kann man tagsüber essen, wenn man den Speisesaal meiden möchte. Dinner wird ausschließlich drinnen serviert. Alles so hübsch und beschaulich wie ein Feriendomizil auf Risa.
Kurz vor der Treppe zur Terrasse bleibe ich erneut stehen. Was habe ich gerade gemacht, als ich den Zeh ins Wasser getaucht habe? Ich hatte einen Gedanken und habe ihn auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft. Das ist eigentlich Susannes Vorgehensweise. Ich bewundere das so sehr, dass ich schon vor Jahren angefangen habe, es nachzuahmen. Wenn ich daran denke.
Aber vorhin? Da habe ich die Tornados losgetreten, einen für jeden Mann. Nicht Hartmut. Nicht mein Bärchen. Nicht Alejandro. Ich selbst!
Hartmut kann genauso gut wirklich nur meinen, was er schreibt. Er will wissen, wie es mir geht und was ich mache. Nichts weiter. Von meinem Bärchen weiß ich gar nichts. Weder etwas Positives noch etwas Negatives. Das an sich ist zwar schon negativ, aber es entspricht der Vereinbarung. Und Alejandro? Der ist vielleicht einfach nur nett zu mir und kümmert sich. Er mag mich, und ich mag ihn, wir verstehen uns gut, wir können prima miteinander kreativ arbeiten, aber jede weitere Schlussfolgerung wäre ebenfalls nur eine Unterstellung. Ich muss aufhören, mir wegen irgendwelcher Spekulationen Sorgen zu machen. Es reicht, wütend oder traurig zu werden, wenn die Fakten klar und eindeutig auf dem Tisch liegen.
So, damit wären Männer abgehakt.
Eine schmale grau-rot getigerte Katze setzt sich an den Pool. Während sie mich beobachtet, gleitet ihr Schwanz ins Wasser. Sie bemerkt es gar nicht, das Wasser scheint noch warm genug zu sein. Ich zwinkere ihr zu und schaue direkt danach weg. Internationale Katzensprache für ein freundliches »Komm doch mal her, wenn du magst«. Mit einem leisen »Mau« steht sie auf und merkt plötzlich, dass ihr Schwanz zu schwer ist. Sie hüpft einen halben Meter vorwärts, dreht sich dabei um und sieht, dass niemand hinter ihr ist. Energisch hockt sie sich hin und leckt ihren ganz dünn gewordenen Schwanz trocken. Ich bin nicht mehr interessant. Trotzdem nehme
Weitere Kostenlose Bücher