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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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und dann Aquarelle. Mein Kasten, den ich mitgebracht habe, ist froh, dass er wieder zum Einsatz kommt. In der heißen Sonne trocknet die Farbe schnell und ergibt wunderbare Flächen. Ich bin dennoch nicht zufrieden und fange noch mal von vorn an. Dieses Mal arbeite ich geometrischer.
    »Nutzlose Fingerübungen. Du hast eine hervorragende Ausbildung genossen. Besser wirst du nicht mehr. Technisch gesehen.«
    Oh nein, meine Kopf-Mutter. Punktlandung.
    »Mutter, lass mich doch einfach in Frieden!«
    »Das ist Kaffeehaus-Malerei.«
    »Das sind Fingerübungen. Hast du gerade selbst gesagt.«
    »Du vergeudest dein Talent. Sitzt hier und lässt es dir gutgehen. Sonne, Strand und Meer. Wie albern.«
    »Okay, Mutter, wie du willst. Du möchtest, dass ich leide, um zur wahren Kunst zu kommen? Gut, von mir aus. Ich werde einfach depressiv. Rolle mich in meine Kissen ein, stehe nicht mehr auf, mache unter mich.«
    »Caterina!«
    »Ich kann auch Amalgam in meine Zähne spachteln lassen und durch die Quecksilbervergiftung verrückt werden.«
    »Das dauert zu lange.«
    »Dann ritze ich mich eben. Hin und wieder dann auch mal ein bisschen zu tief. Immer so, dass du mich findest und möglichst viele deiner geliebten Dinge mit dem roten Blut des tiefen Leides überzogen sind.«
    Meine Kopf-Mutter macht spitze Lippen. »Du nimmst mich nicht ernst. Für Kunst muss das Innerste nach außen gestülpt werden. Wenn dein Innerstes nur aus bunten Farbflächen besteht, würde mich das schon sehr enttäuschen.«
    »Ich mache daraus eine Performance. Ich lade alle ein, wickle mich in deine Damasttischdecken und stelle mich auf den verehrten Familienesstisch. Dann lasse ich die Tischdecken fallen, und alle sehen auf meinem nackten Körper tiefe Schnitte, aus denen das Blut tropft und den Tisch durchtränkt. In meiner Hand Klingen, die weiterschneiden und schneiden und schneiden. Bis mein Innerstes nach außen gestülpt ist und du siehst, dass es aus bunten Farben besteht, und zwar zumeist aus hellem und dunklem Rot! Natürlich läuft eine Kamera. Die Aufnahme kann vervielfältigt und verkauft werden. Oder gegen Gebühr im Internet runtergeladen. Ganz modern. Das ist große Performance Art, wie du sie willst.«
    Meine Kopf-Mutter ist still. Ich bin gespannt, wie lange. Aber die Zeit nutze ich, schiebe die Diskussion beiseite und konzentriere mich auf meine Aquarelle.
    Der Junge eilt weiter am Stand entlang auf der Suche nach Kunden für sein günstiges Pferd. Er sieht zu mir hoch und winkt. Ich winke zurück. Lachend hüpft er weiter. Seine Füße platschen vergnügt im Wasser.

    Nach dem Mittagessen ziehe ich mir eine leichte Bluse mit halsnahem Ausschnitt an, binde meine Haare zusammen und gehe die steile Rampe zur Straße hoch. Der Bus soll in vier Minuten eintreffen.
    Ich warte fünf, als ich eine große Staubwolke von Zarzis kommend sehe. Der Bus hält, und ich zahle passend.
    Einen halben Kilometer weiter hält er wieder. Der Fahrer öffnet die Tür und schreit mit kehliger Stimme etwas heraus. Zwei junge Männer schreien etwas anderes herein. Dem Ton nach zu urteilen tauschen sie übelste Beleidigungen aus und beginnen jeden Moment mit schweren Kriegshandlungen. Wäre ich mal besser auf dem Hotelgelände geblieben. Der Fahrer nickt, und die beiden Männer steigen ein. Sie müssen nicht zahlen. Kurz vor dem Römerdamm, der nach Djerba über das Meer führt, lässt der Fahrer die beiden Männer wieder aussteigen. Sie schreien sich erneut etwas zu und greifen nach ihren Waffen. Ach nein, es sind nur ihre Taschen. Die Tür schließt sich.
    Eine Freundin meiner Mutter war Anfang der Siebziger hier. Damals konnte der Damm immer nur aus einer Richtung befahren werden. Saß man nicht gerade neben dem Fahrer, dachte man, es gäbe gar keinen Weg, weil der Damm so schmal war, dass man rechts und links vom Fahrzeug nur Wasser sah. Jetzt fahren wir auf einer gut ausgebauten zweispurigen, ganz gewöhnlichen Straße. Abgesehen davon, dass sie von Männern mit Maschinengewehren bewacht wird.
    Als wir in der Nähe des touristischen Marktviertels in Houmt Souk, das nichts anderes als »Großer Markt« bedeutet, ankommen, treffe ich zum ersten Mal seit meiner Ankunft auf bunte Geschäftigkeit. Ich sehe sogar ältere Männer mit weißen Gewändern und intensiv roten, dezent braunen und tiefschwarzen Turbanen. Die Bilder in dem Buch über Macke kommen mir in den Sinn, und ich mache Fotos, ohne den Männern zu nah zu kommen. Da läuft ein Fez. Ebenfalls in

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