Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
ihr. Nein. Wenn Hartmut Kontakt zu Susanne haben will, greift er zum Hörer. So eine kleine nichtssagende SMS würde er nur schreiben, wenn ihm etwas unangenehm ist und er nicht weiß, wie er es sagen soll.
Ich gehe um das große Doppelbett herum, öffne die Flügeltüren zu dem kleinen ebenerdigen Balkon ohne Abgrenzung, betrachte einen Busch mit winzigen gelben Blütchen, gehe in die Hocke, um genauer hinzuschauen, freue mich über orange Miniaturpünktchen, die ich niemals gesehen hätte, wäre ich nicht in die Hocke gegangen, und stehe wieder auf.
Das ist es. Das muss es sein. Ich nehme mein Handy und lese die SMS erneut. Da ist keine versteckte Botschaft. Ich lasse das Telefon fallen. Die Nachricht ist dermaßen neutral gehalten, dass Hartmut sich schon sehr angestrengt haben muss. Es wird ihm sehr peinlich sein. Er nimmt Kontakt auf, weil er mir das Ende meiner Beziehung schonend beibringen soll. Nicht mal so viel Courage hat der angebliche Mann meines Lebens, um mit mir persönlich Schluss zu machen. Wahrscheinlich denkt er nicht mal daran, dass er mich informieren sollte, im Gegensatz zu Hartmut.
Aber wenn es so wäre, hätte Hartmut doch das Kind direkt beim Namen genannt. Nein, hätte er nicht. Hartmut tastet sich ran. Möglicherweise weiß er nicht, ob sein bester Freund mir nicht doch schon etwas gesagt hat.
Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich hatte doch schon längst den Verdacht, dass der Mann, mit dem ich seit fünf Jahren zusammen bin, nichts mehr mit mir zu tun haben will. Aber was heißt seit fünf Jahren? Die letzten Monate kann ich ohnehin abziehen.
Meine Knie sind wackelig, und ich setze mich, aber ich bin zu angespannt. Ich stehe wieder auf, laufe um das weiße Bett in meinem warmen weißen Hotelzimmer, setze mich wieder hin, drehe eine Locke, stehe wieder auf. Ich bin sauer. Ich kämpfe gegen alle Gefühle, die ich für einen anderen Mann haben könnte, und er lässt einfach über seinen Freund mit mir Schluss machen. Ganz sanft natürlich. Verfickte Scheiße! Ich spüre einen Schmerz in der Hand und merke, dass sich meine Fingernägel in die Handflächen eingegraben haben. Was für ein elendes Spiel.
Aber so leicht mache ich es den beiden nicht. Ich gebe mir keine Blöße.
Ich simse Hartmut zurück, dass es mir sehr gutgeht, was ich mache und wo ich bin. Außerdem frage ich explizit und ausschließlich nach Yannicks Befinden. Die beiden sollen mal nicht meinen, dass ich ihnen auch nur eine Träne hinterherweine.
Ich gehe ins Bad und sehe in ein verzerrtes Gesicht, gerahmt von blaufloralen Kacheln. Obwohl ich nicht weine, sind meine Augen gerötet und geschwollen. Die Haut fahl, in der Stirn tiefe Furchen. Ein Schwall seltsam riechendes Wasser repariert nur einen Bruchteil der optischen Katastrophe.
Mein Handy liegt auf der Tagesdecke, die genau wie die Kacheln im Bad gemustert ist, und vibriert schon wieder. Nicht noch eine solche Nachricht! Ich überlege kurz, ob ich das Ding einfach ausschalten soll, weiß aber, dass eine ungeöffnete Nachricht im Moment nur zu noch mehr zornigen Gedanken führen würde. Ich werfe dem kleinen schwarzen Gerät Vernichtungsblitze zu. Es weicht aus und grummelt. Ich reiße es an mich, öffne blind die SMS und atme einmal tief durch. Es kann nur Hartmut sein, mit einer direkten Antwort auf meine Nachricht von eben.
Caterina, mi corazón! Schönste! Ich musste gerade ganz intensiv an Dich denken. Ist alles in Ordnung bei Dir?
Das Atelier ist gestern Abend fertig geworden. Dein Teil hat ein Fenster dazubekommen! Es war hinter dem riesigen Regal an der Seite versteckt! Du weißt, eines der ganz großen, die sogar bei der Renovierung nicht verschoben wurden. Ich wollte Dir dort ein Fenster einbauen lassen, und als das Regal weg war, ist da schon eines! Ruf mich an, wenn Du magst, ja? Egal, zu welcher Uhrzeit. Alejandro
Mir knicken die Knie ein, und ich lasse mich an der Wand auf den Boden sinken. Eine Mücke summt. Ich schließe die Augen und versuche die beiden Tornados unter meiner Schädeldecke in sanfte Brisen zu verwandeln. Es gelingt mir nicht. Sie kreisen und kreisen und reißen alles mit sich mit.
Erst als mein Magen unmissverständlich Füllung einfordert, stehe ich auf. Ich gehe ins Bad. Mein Gesicht sieht wieder so aus wie immer. Mir fallen Sommersprossen auf meinem Nasenrücken und auf den Wangen auf. Die Strandspaziergänge gestern und heute Morgen haben dafür schon ausgereicht.
Mit meinem Laptop unter dem Arm gehe ich durch die
Weitere Kostenlose Bücher