Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
mitbekommen. Wieso eigentlich?«
»Alte Commonwealth-Connections. Wenn die Queen ruft, stehen alle stramm. Auch während der beiden Weltkriege. Aber sonst sind die Kiwis wirklich total in Ordnung. Ich meine, alle von ihnen, egal, welcher Herkunft.«
»Hm.«
»Ich hab hier ein Auto stehen. Wo willst du hin? Kann ich dich ein Stück mitnehmen?«
»Das ist nett von dir, aber ich komme schon klar.«
»Aha. Okay, dann mach’s mal gut. Vielleicht sieht man sich ja noch mal. Nau mai auf Neuseeland.«
»Bitte?«
»Willkommen auf Neuseeland!«
»Ach so. Danke!« Ich lächle kurz, nehme meinen Koffer und gehe. Wohin, bleibt offen.
»Wie heißt du noch gleich?«
»Susanne.«
Er winkt mir heiter hinterher.
Ich bin froh, nur einen kleinen Rollkoffer mitgenommen zu haben. Die unbewegte Luft drückt, als ich den Stewart Duff Drive entlanglaufe. Hatte ich nicht mal was von »Windy Wellington« gehört? Auf der anderen Straßenseite beginnt der Golfplatz. Ich hätte auch ein Auto mieten sollen. Aber hier herrscht Linksverkehr. Vorhin dachte ich, es wäre eine gute Idee, sich erst mal daran zu gewöhnen, bis ich mich selbst hinters Steuer setze. Ich könnte wieder zurückgehen. Hier fahren aber auch Busse. Das wäre ebenfalls eine Option.
Ob Bus oder Auto – ich weiß ja noch gar nicht, wohin. Vielleicht sollte ich einfach so lange geradeaus gehen, bis ich an einen Strand komme. Notfalls übernachte ich dort und sehe morgen weiter. Eines ist sicher: Egal, in welche Richtung ich laufe, der nächste Strand ist nicht weit.
Hinter mir hupt es blechern. Ein Motorgeräusch schleicht sich an. Das Hupen wird lauter, aber nicht schöner. Man wird doch wohl auf einem Bürgersteig gehen dürfen, oder? Ich mache mich auf eine Tirade auf Englisch gefasst, stemme meine Hände in die Hüften, achte darauf, meine Brauen zornig zu senken, obwohl das in Kombination mit Kopfschmerzen ziemlich unangenehm ist, und gehe in Kampfstellung, ehe ich mich umdrehe.
»Hey, Susanne, so sieht man sich wieder«, tönt es aus dem Strahlen, das seitlich aus dem Fenster eines rostigen hellgrauen Ford Pick-up hängt. »Hast du schon was vor, oder magst du eine kleine Rundfahrt mitmachen?«
»Ich mache Urlaub.«
»Prima. Da wir das geklärt haben, schmeiß deinen Koffer auf die Ladefläche.«
Ich komme der Aufforderung nach und setze mich nach vorne neben Arne. Eine Sekunde zögere ich, als ich die Hand nach dem Türgriff ausstrecke. Immerhin kenne ich den Mann kaum. Aber hey, ich bin einfach so nach Neuseeland geflogen. Und ich mag seinen Wagen. Er wirkt, als könne sein Fahrer kein schlechter Mensch sein.
»Ich schätze alte Autos«, sage ich. »Man kann so schön lange daran schrauben und ist hinterher umso stolzer, wenn sie wieder fahren. Aber ein Mietwagen ist das nicht.«
»Hab ich auch nicht gesagt. Daisy ist mein Auto auf Neuseeland. Ich lebe meistens hier. Wegen Mere und Hu.«
»Und du bist Horton, oder wie?«
»Sehr komisch. Wieso bist du hier? Und wieso hast du keine Unterkunft?«
»Wer sagt denn, dass ich obdachlos bin?« Mein Schädel brummt wie ein ganzer Hornissenkorb. Ich bin froh über die frische Brise, die durch das offene Fenster weht.
»Gut, dann sag mir, wohin ich dich fahren soll.«
»In ein ruhiges Guesthouse.«
»Egal, welches?«
»Nein, es sollte wirklich ruhig sein. Und vielleicht ein bisschen Natur drum herum. Aber nicht zu weit weg von der Stadt. Ich will sie mir ansehen, bevor ich entscheide, wie ich weitermache.«
»Du bist also ein Trolley-Packer.« Arne grinst mich frech an.
»Horton, entweder weißt du ein Guesthouse, oder du fährst mich einfach zur Touristeninformation. Die wird es in Wellington ja wohl geben. Du kannst mich auch direkt hier wieder rauslassen.«
»Guesthouse«, sagt Arne, ohne sein Lächeln zu verringern. Er drückt einen Knopf in der Mittelkonsole, und Wellington Access Radio spielt leise Rihanna. Na, die hätte ich auch zu Hause haben können.
Vom Bett aus kann ich aufs Meer sehen. Und zwar nicht nur irgendwie: Die ganze Wand ist aus Glas, mit Türen auf einen Balkon. Nur ein paar weiße Streben und ein schmales Balkongitter unterbrechen den Blick. Das Meer in der Owhiro Bay glitzert und lockt. Mir geht es wieder gut. Das Kopfweh ist weg. Ich trete auf den Balkon und sehe, dass zwischen mir und dem Ozean noch ein paar Häuser und verwilderte Grundstücke liegen. Rechts und links geht es ziemlich steil die grünen Hügel hinauf, die aus der Nähe betrachtet doch eher Berge sind. Die
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