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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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ihnen im Hänger Wände stapelt. Ich liebe das. Es ist anstrengend, aber berechenbar. Das Band läuft mit einem metallischen Ruck an und beginnt sein sonores Summen. Die ersten Kartons rollen aus den Transportern. Das Radio an der Hallendecke sendet Werbung von Carglass. Ich werfe wie ein junger Gott, aber nach den Nachrichten spielen sie ohne Vorwarnung »Message In A Bottle«. Augenblicklich schießen Caterina-Bilder durch mein Gehirn. Wir beide, wie wir auf dem Flokati in der WG auf der grauen Playstation Azure Dreams spielen. Ihre Zehen, die Grashalme ausrupfen, während sie an der Kemnade malt. Ganz automatisch, so herrlich gedankenlos. Meine Konzentration ist futsch, und die Pakete sausen an mir vorbei. Mein Hirn nimmt sie wahr und sagt »Greifen!«, aber ich greife nicht und sehe der Ware nach, wie sie an den anderen Männern vorbeizuckelt und am Ende des Bands in den Überlauf fällt.
    »Sag mal, kommt heute so wenig, oder pennst du?«, fragt Martin.
    Ich hebe nur wortlos die Hände. Er hat erst eine halbe Wand gestapelt. In Ermangelung anderer Tätigkeiten drückt er sich mit dem Daumen ein Nasenloch zu und pustet aus dem anderen einen erdnussgroßen Popel aus. Er bleibt an der Innenwand des Trucks kleben.
    »Achtung, alle zusammen!«, brüllt Stolle. Er steht auf dem Trittbrett eines Transporters wie ein Pirat, der mit einer Hand am Mast hängt. »Jetzt kommen zehntausend Reisekataloge. Konzentriert euch und träumt nicht von Möpsen in Malibu!« Es ist gut, dass er uns warnt. Reisekatologe sind schlimme Ware. Nicht wegen Möpsen in Malibu, sondern wegen der Verpackung. Zwanzig Stück verschnürt in diesen harten Strapsen aus Plastik, deren Kanten so scharf sind, dass sie nach hundert verladenen Einheiten durch die Handschuhe schneiden.
    »Hey, Trübsalposaunist!«, ruft Martin aus dem Laster, »wenn von den Katalogen die Hälfte im Überlauf landet, trage ich sie nachher nicht per Hand zurück!«
    Ich nicke. Er guckt enttäuscht, weil ich nicht über sein neues Schmähwort lache. Die Kataloge nähern sich, große Stapel, wie bunte Gebirge. Ich überfliege die Postleitzahlen. Drei von fünf Gebinden sind für uns. Ich reiße sie vom Band und schleudere sie nach oben. Die Strapse sind scharf. Ein 20er Pack knallt vor den Lasterrand und fällt zu Boden. Das zweite werfe ich zwar hoch genug, aber knapp am Laster vorbei in die Halle.
    »Das glaube ich ja jetzt nicht, oder?«, sagt Martin. Er legt die Hände an den Rand der Öffnung und schaut aus dem Hänger heraus ums Eck. »Du stehst einen Meter vor einer zweieinhalb Meter breiten Öffnung und wirfst daneben?«
    Ich schwitze. Es ist peinlich. Meine Arme haben überhaupt keine Spannung mehr. Sie greifen ein lächerliches Gewicht von drei, vier Kilo, und kaum schleudern sie es nach oben, werden sie zu Gummi. Alles bloß wegen des Liedes im Radio. Die nächsten Kataloge kommen. Drei für uns auf einen Schlag. Ich reiße an allen gleichzeitig. Ein Paket öffnet sich, als ich es über den Stahlrand des Bandes schiebe. Die Kataloge verteilen sich auf dem Boden. Einer öffnet sich und zeigt mir die kalifornische Küste. Surfer, Models und Gewichtheber am Venice Beach. 14 Tage Los Angeles inkl. Flug und Hotel für 1999,– Euro. »Haltet ihr ein Schäferstündchen in eurem Hänger da vorne? Hier läuft alles durch!«, schimpfen die Kollegen an den Lastern im hinteren Teil.
    »Stolle!«, ruft Martin. »Mach das Band aus!«
    »Spinnst du?«, antwortet der Chef und stapft mit seinen abgewetzten Arbeitsschuhen herbei. »Eine Minute kostet mich ein paar hundert Euro.«
    »80Prozent im Durchlauf auch«, erwidert Martin und zeigt auf mich, wie ich hypnotisiert von kalifornischen Muskelmännern auf dem Boden hocke. Stolle wirft einen Blick auf mich. Dann bemerkt er das Paket, das drei Meter neben dem LKW auf dem Hallenboden liegt. Er zeigt darauf und fragt Martin: »Hat er das Bündel neben den Laster geworfen?«
    Martin nickt.
    »Ein Fall für den NPbMv?«, fragt Stolle.
    »Klare Sache«, sagt Martin.
    Der NPbMv ist der Notfallplan bei Männlichkeitsverlust. Er wird bei UPS nur alle paar Jahre angewendet, denn er kostet viel Geld, da das Band angehalten werden muss. Außerdem sortiert die Firma durch ultraharte Testwochen von vornherein alle Typen aus, die noch genug Kraft haben, während ihrer Schwächeanfälle ausführlich zu erklären, dass sie keine Kraft mehr haben. Jammerlappen, Selbstmitleidige – sie bleiben gar nicht erst hier. Felix Magaths Medizinballhügel

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