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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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ist ein Ferienlager gegen diesen Konzern. Ich aber bin Stammspieler, auch wenn ich zwei Jahre weg war. Ich habe Stolz im Körper. Wenn ich wegknicke, muss der NPbMv in Kraft treten.
    Stolle macht das Band aus.
    »Leute …«, wehre ich mich halbherzig, aber Stolle und Martin haken mich bereits unter und führen mich zur Umkleidekabine. Rechts hinten in der Ecke steht der knallrote Notfallschrank mit der Aufschrift NPbMv . Sie öffnen ihn. Der Schrank enthält Originalfußballtrikots aus zehn Jahren Vfl Bochum und eine Sammlung von Testosteron-CDs. Beides soll einen daran erinnern, dass man ein Alphatier ist.
    »Komm, zack, zack, welches Trikot?«, fragt Stolle.
    Ich weiß, dass es jetzt schnell gehen muss, und wähle die Nummer 4, Marcel Maltritz. Innenverteidiger, harter Kerl. Das Trikot ist sogar unterschrieben. Es riecht moderig von der langen Lagerung und säuerlich vom trockenen Schweiß meines Vorgängers, denn die NPbMv-Sachen werden nie gewaschen. Ich streife es über.
    »Jetzt die Mucke. Schnell! Sie muss dich so aufpeitschen, als würdest du damit in den Krieg ziehen.«
    Ich blättere die alten CDs durch und wähle Biohazard, »State Of The World Address«. Stolle nimmt sie heraus und rennt ins Steuerbüro, wo auch das Radio kontrolliert wird. Martin treibt mich zum Band zurück. »NPbMv!«, ruft er den fragenden Gesichtern in den Trucks und Transportern zu. Die Älteren nicken und erklären es den Jungen.
    Die CD startet. »What kind of soul that gets to hell?/All hope abandoned please render here.« Das Band startet. »It’s the state of the world address c’mon fuckers!!!« Ich denke an die Aufschrift auf meinem Rücken. Vfl Bochum, Maltritz, 4 . Ich stelle mir vor, wie ich ins Stadion einlaufe, den Blick auf 20000 Menschen, einen kleinen Jungen aus der F-Jugend an der Hand. Dem Jungen klopft das Herz bis zum Hals. Er ist stolz, dass er mich begleiten darf. Ich bin Profi, er will es noch werden. Ich darf ihn nicht enttäuschen. Evan Seinfeld brüllt in den Boxen. Der Schiedsrichter pfeift an. Ich greife die Katalogbündel und spanne meinen Bizeps. Beim zweiten Lied, »Down For Life«, passe ich mich dem Rhythmus an. Die Pakete fliegen Martin um die Ohren. Die Männer in den Boxen bellen wie Ultras im Stadion.
    »Down!« – Paket.
    »For!« – Paket.
    »Life!« – Paket.
    Fast die ganze CD lang geht es gut, weil ich dem Notfallplan bei Männlichkeitsverlust nicht widerstehen kann. Keiner kann das, es sei denn, er studiert Religion auf Lehramt für die Grundschule. Das Problem ist nur, dass ich mich beim Verladen und Bolzen immer mehr in eine seltsame Wut hineinsteigere. Ich bin sauer, weil alle weg sind. Weil ich keine Badewanne habe. Weil ich doch nichts dafür kann. Saure Männer können sich genauso wenig konzentrieren wie melancholische. Martin winkt Stolle. Der stoppt das Band dieses Mal nicht, sondern winkt einen Kollegen aus einem leichter zu packenden Truck herbei, der mich ablöst. Dessen Position muss der arme Praktikant übernehmen, der gerade die Halle fegt.
    Stolle packt mich und geht mit mir in den Pausenraum. Er wirft ein paar Münzen in den Süßigkeitenautomaten und spendiert mir fünf Snickers auf einmal. Ich öffne das erste. »Was ist mit dir passiert, als du weg warst?«, fragt er.
    »Ich will eigentlich nur malochen und weitermachen«, sage ich.
    »Das geht aber so nicht. Du wirst schlechter und schlechter. Merkst du das nicht? Das heute«, er zeigt Richtung Halle, »war eine deutliche 0:3-Niederlage. Da spricht jeder von Krise. Und wenn ich gerade schon in der Fußballsprache bin: Du spielst seit Wochen nur noch 0:0. Höchstens. Oder 0:1.«
    »Gib mir noch etwas Zeit.«
    »Die haben wir nicht, das weißt du.« Er legt seine Hand auf die Stirn, legt den Kopf nach hinten, nimmt die Hand weg und senkt ihn wieder ab. »Lass dich krankschreiben. Vorerst.«
    »Nein! Ich brauche das hier!«
    »Ich kann das Band nicht jeden Tag anhalten. Ich habe wirklich mehr Geduld mit dir als mit jedem anderen.«
    »Stolle! Ich habe schon keine Badewanne mehr. Meine Familie ist in der Welt verstreut. Ich brauche das hier!«
    Stolle betrachtet mich wie einen angeschlagenen Hengst, der früher jedes Rennen gewonnen hat und dessen Quote nun täglich steigt. Er runzelt die Stirn, geht auf mich zu und greift mir ans linke Ohr. Er schüttelt den Kopf, zieht ein Papiertuch aus dem Spender neben der Spüle und pult mir etwas aus der Muschel. Ich lasse es geschehen.
    »Schmalz?«
    Stolle inspiziert den

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