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Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane

Titel: Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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den man früher Wallebart genannt hätte. Ich hab seinen hellen Glanz bewundert. Goldglanz würde ich das nennen! Ja, und die starken, großen, kraftvollen Hände mit den breiten Fingern ... die paßten so recht zu seiner wunderschönen Baßstimme. Er sprach volltönend wie ein Opernsänger.«
    Jetzt sprang Tati auf. Ihr Gesicht war vor Entsetzen verzerrt.
    Charivari war hager, groß, hatte einen lackschwarzen Fadenbart, sehr feine, längliche, fast damenhafte Finger – und seine Stimme war weich, sanft, leise. In dem dicken wallebärtigen »Löwenkopf« mit den Pranken und der angeblich volltönenden Opernsängerstimme schilderte Madame Claire eine derart gegensätzliche Person, daß man sogar noch nicht mal mehr hoffen konnte, Professor Charivari sei vielleicht verkleidet erschienen ... !
    Henri sah Superhirn an. Seine Blicke signalisierten: Flucht! Alles stehen- und liegenlassen. Nur weg von hier, bevor es zu spät ist!
    Die Wirtschafterin hob die Brauen. »Tati! Was ist denn mit dir? Hat dich was gestochen?«
    »N-n-nein«, stammelte das Mädchen. »Der Pudel. Der ... der ist gerade auf die Terrasse gekommen.«
    Sie bückte sich rasch, um Loulou zu streicheln. Das Tier erwiderte die Liebkosung nicht mit einem Freudenlaut, einem behaglichen Schniefen wie sonst. Es begann seltsamerweise mörderisch zu knurren.
    Das klang so ungewohnt, als sei eine Alarmanlage in Tätigkeit.
    Geistesgegenwärtig griff Superhirn unter den Tisch und riß das Spielzeugauto an sich, das der Unbekannte für Micha dagelassen hatte.
    Wäre der spindeldürre Junge nicht tatsächlich ein »Superhirn« gewesen, so hätte er jetzt laut aufgeschrien.
    Das scheinbare »Spielzeug« vibrierte in seiner Hand!
    Ein getarnter Plastiksprengkörper mit eingebauter Zeituhr!
    Der Pudel mußte das Ding mit der Schnauze angestupst haben – darum sein Knurren!
    Superhirn täuschte den Arglosen vor. Flink, aber nicht in zu verdächtiger Eile stand er auf.
    »Loulou gefällt das Ding nicht«, sagte er. Daß er den Satz trotz größter Beherrschung mit einem Schlucken hervorbrachte, machte die anderen nicht stutzig. Superhirn lächelte ja dabei. Im abendlichen Dämmerlicht, besonders gegen die untergehende Sonne, sah auch keiner, daß sein Lächeln eine eisige Fratze war. »Madame Claire kann ja inzwischen das Eis mit den Himbeeren bringen!«
    Superhirn lief über die Terrasse, an der Rückfront des Gebäudes entlang.
    »Hallo!« schrie Micha. »Wohin mit dem Auto?«
    »Ins Gartenhaus! Ich steck's in deinen Campingbeutel!«
    Nun lag Michas Campingbeutel nicht mehr im Gartenhaus, doch Micha wußte nie genau, wo er seine Sachen hatte – und Superhirn hoffte, er würde sich nicht jetzt erinnern. Wohin mit der Bombe ... ?
    Superhirn rannte jetzt wie ein Wilder. Er rannte auf den großen, alten Brunnen zu, der ein hohes, säulengetragenes Dach hatte, aber keinen unmittelbar aufliegenden Deckel!
    Er warf das gespenstische »Spielzeug« in die Tiefe und hörte es – wie ihm schien, nach einer Ewigkeit – drunten im Wasser aufklatschen.
    Jetzt wollte er zurückjagen. Patsch – prallte er gegen Tati und Micha. Hinter den beiden näherten sich Henri, Prosper und Gérard. Loulou war nicht zu sehen. Verflixt: Der Pudel schien als einziger den richtigen »Riecher« zu haben ... !
    »Was soll denn das mit Michas Campingbeutel ... ?« begann Tati. »Ich hab ihn selber in Michas Schrank gehängt.«
    »Und wa-wa-warum bist du in die verkehrte Richtung gelaufen?« wollte Prosper wissen. »Das Ga-Ga-Gartenhaus liegt doch vorm Küchenausgang ... ?«
    Nun wurde es Superhirn zu toll.
    Im Brunnen die getarnte Bombe, deren Sprengkraft keiner kannte – und er sollte mit den anderen ein paar Schritt weiter ein gemütliches Plauderstündchen halten!
    »Deckung ... !!!« schrie er. »Los, ins Haus, auf die Terrasse, die Böschung runter! Wir müssen Madame Claire sagen: retten ... !«
    Er kam nicht dazu, auszureden. Das einzige, was ihm noch einfiel, war der fieberhafte Befehl: »Hinlegen ... Achtung!«
Signale aus dem Brunnen
    Tati, Henri, Micha, Prosper, Gérard und Superhirn lagen auf dem Kies oder in den Blumenbeeten. Sie hatten begriffen – und sie warteten wie erstarrt auf den Donner der Explosion, auf umherfliegende Steinbrocken und Erdklumpen.
    Die größte Dummheit, dachte Superhirn noch, die größte Dummheit ist, daß ich den Sprengkörper in die Tiefe geworfen habe! Jetzt kommt die Sprengung von unten herauf und reißt uns in ihren Krater!
    Doch weder erfolgte ein

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