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Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane

Titel: Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
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vor dem Mädchen nicht. Mädchen – wie Tati – spüren bei annähernd Gleichaltrigen sofort das »Falschspiel«. Aber was alle zumindest ahnten, war, daß Superhirn seine Gründe hatte, sich gerade jetzt so lustig zu stellen. Obwohl sie durch den Test begriffen: Nicht ihr Freund, der Professor Charivari, war mit einem als Fahrer getarnten Labor-Assistenten (unter einer Ausrede) hiergewesen, sondern sein Todfeind, der rätselhafte Herrscher eines unbekannten, innerirdischen Menschenstaates. Superhirn lehnte sich zurück, als hätte er sich ein vergnügen daraus gemacht, Madame Claire zu frotzeln.
    »Ich wollte Sie auf die Probe stellen«, grinste er freundlich. »Nun sagen Sie mir bitte mal, wie sahen der Besucher und sein Fahrer nun wirklich aus? Fangen wir mit dem Vater von Tatis Freundinnen und Michas Mitschüler Paul an!«
    Die Wirtschafterin merkte nicht, welches Entsetzen. Die anderen im Bann gehalten hatte (und wachsend hielt).
    »Nichts einfacher als das!« rief sie. »Der Vater ist das völlige Gegenteil der Zirkusfigur, die du gezeichnet hast!« (Sie meinte Superhirns naturgetreue Skizze von Professor Dr. Brutto Charivari.)
    »Der Vater hatte keine Glatze. So schönes, volles Haar hab ich selten gesehen! Hach, und keine Rede von so einem Gesicht wie bei einem Plattfisch von vorn! Sein herrlicher, breiter Löwenkopf kann sich im Nationaltheater und im Fernsehen zeigen ... zur Freude von Hunderten – ach, was sage ich – von Millionen von Zuschauern. Daß er dick ist, spielt keine Rolle. Große Menschen, ich meine Menschen mit großer Seele, ja, die dürfen dick sein, da gilt nur das Vornehme. Und so ein vornehmer Herr ist der Vater. So was merk ich doch! Da kann mir keiner was vortäuschen.«
    Tati wurde unruhig, aber da traf sie Superhirns eisiger Blick.
    Um ihre Unbefangenheit nicht zu verlieren, durfte Madame Claire keinerlei Verdacht schöpfen, daß hier etwas nicht in Ordnung war. Ihre letzten, ahnungslosen Worte wiesen eindeutig darauf hin: Der große Freund, Professor Charivari – etwa mit einem Labor-Assistenten als Fahrer – war nicht hiergewesen. Nicht er hatte die fünf jungen und das Mädchen unter den geschilderten Vorwänden einladen wollen! Dafür mußte es jetzt für mehr als wahrscheinlich gelten, daß sein Feind, der teuflische Ragamuffin, den Kindern auf der Spur war, um sie in eine Falle zu locken «
    Der Zweck lag auf der Hand: Alle, besonders aber Superhirn, sollten über die geheimen, technischen Einrichtungen, Errungenschaften und Pläne (im All, auf dem Grund der Weltmeere und unter der Erde) ausgehorcht werden. Selbst eine noch so kärgliche Bemerkung von Micha konnte für die Gegner von ungeheurer Wichtigkeit sein.
    Superhirn war mittlerweile in Schweiß gebadet. Doch mit staunenswerter Beherrschung sprach er im Plauderton weiter: »Ein feiner Herr, der Vater von Tatis Freundinnen und von Michas Freund Paul ... Klar. Glaub ich. Außerdem können Sie das am besten beurteilen. Dieses Schloß ...«, er kicherte, » ... dieses Schloß ist ja keine ... – äh ... keine Gangsterbude. Wenn mein Onkel hier ist und wenn er Gäste hat ...«
    » ... dann kommen nur so edle und bescheidene Herrschaften wie der Besuch von vorhin!« vollendete Madame Claire stolz. Sie verschränkte die Hände über dein Bauch. Über die »edlen und bescheidenen Herrschaften« grinste Gérard, daß seine Mundwinkel fast die Ohrläppchen berührten.
    Die anderen dagegen sahen Tati deutlich an, daß ihr nicht im geringsten zum Lachen zumute war: Sie fürchtete, der unbekannte Schreckensmensch und sein Fahrer könnten jeden Augenblick zurückkehren!
    »Was für Finger hatte der Mann?« platzte Prosper allzu direkt heraus. »Was für eine Stimme? Trug er einen Bart? Wenn ja: Was für einen ... ? Welche Farbe ... ?«
    »Mensch! Bist du 'n lebender Fragebogen oder 'n Friseur?« fuhr ihn Henri ärgerlich an. Er fand Prospers Art zu plump, und dann klang die »Bartfrage« zu sehr nach Quiz. So, als habe die Wirtschafterin in ihrer Antwort zwischen Moses-Bärten, Babylonier-, Assyrer-, Perser-, Griechen- und Römer-Barttrachten zu unterscheiden – und schließlich noch die Kaiserbärte, Fischerfräsen, Mogul-Zwirbel, Altprofessoren-Gesichtsfußsäcke und den verschiedenen Schnurrbartarten zu wählen.
    Doch eines hatte Henri vergessen: Madame Claire war ja eine begeisterte Kreuzworträtsellöserin. Und so sagte sie wie aus der Pistole geschossen: »Gepflegter, sehr dichter und breiter Gelehrtenvollbart! So einen,

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