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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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Zeichen von den beiden anderen Kriegern entdecken können.“
    „Zu dreien müßten wir ihn leicht töten können“, sagte Darren und tastete nach dem Messer, das er an einer Lederschnur um den Hals trug.
    „Wenn er bewaffnet ist, wird er schnell mit uns fertig.“
    „Du meinst, wenn er eine Feuerwaffe hat“, sagte Moir nachdenklich. „Wir müßten ihn von hinten angreifen. Einer von uns könnte ihn ablenken, und ein anderer könnte ihn von hinten töten. Dann würde ihm seine Feuerwaffe nichts nützen.“
    „Kein Dolchstoß von hinten!“ sagte Elspeth laut und bestimmt.
    „Der Meinung bin ich auch“, sagte Darren. „Er muß auf ehrenhafte Weise getötet werden. Aber es wundert mich gar nicht, daß sie so einen Vorschlag macht.“
    Moir rannte weg und verschwand hinter Büschen. Darren lachte höhnisch, doch Elspeth wies ihn zurecht: „Laß sie in Ruhe, Darren. Wir werden in den nächsten Jahren ihre Kräfte und ihr Können brauchen. Also bitte – treibe sie nicht mit deinen Gehässigkeiten weg!“
    „Sie wird nie eine Kriegerin werden, ganz gleich, was ihr das Orakel gesagt hat.“
    „Vielleicht doch“, sagte Elspeth nachdenklich, „wenn sie nämlich Gorstein tötet.“
    „Wahr“, sagte Iondai, und auch Darren nickte zustimmend. Gespannt beobachteten sie die ferne Gestalt. Er stand immer noch still (vermutlich ruhte er sich aus) und starrte zu ihnen hoch. Iondai fuhr fort: „… gewiß, das ist wahr, aber …“
    Er sprach seinen Gedanken nicht aus, und Elspeth sah ihn auffordernd an. Iondai schüttelte lächelnd den Kopf. „Nichts. Nichts Wichtiges. Nichts, was sich ändern ließe.“
    „Seht, er geht weiter“, sagte Darren. Ehe Elspeth die Stelle wiederfinden konnte, wo er gestanden hatte, war er verschwunden. „Los, weiter! Das ist kein guter Platz für einen Hinterhalt.“
    Sie gingen so rasch wie möglich höher, auf die Schneegrenze zu. Dabei mußten sie einen niedrigen Kamm überqueren, von dem aus sie in ein flaches Tal blicken konnten, hinter dem die nächste Bergkette aufstieg. Das Gefühl, bald auf dem Gipfel zu sein, das sie vorher gehabt hatten, war so täuschend gewesen, daß sich nicht einmal Iondai – der in früheren Zeiten bereits hiergewesen war – daran erinnerte, wie leicht man sich in diesen Bergen irren konnte.
    Sie liefen einen Geröllpfad hinunter, der im Laufe der Zeit durch die Erosion des rasiermesserscharfen Grats entstanden war. Rutschend und schlitternd kamen sie vorwärts, meilenweit, wie es ihnen schien, zerkratzt und zerschunden, aber lachend und vergnügt. Besonders Iondai machte der schnelle Abstieg zu schaffen, und am Ende des halbmeilenlangen Hanges rutschte er das letzte Stück auf dem Rücken hinab und schrie um Hilfe; Darren und Moir rannten trotz der Gefahr, sich den Hals zu brechen, herzu, um ihn zu halten. Sie kugelten erschöpft und lachend auf dem Boden, rutschten in niedriges, stachliges Gebüsch, ohne sich um die Kratzer und Risse auf ihrer Haut zu kümmern. Keuchend und schwer atmend setzte Darren sich auf und blinzelte nach oben, wo Elspeth soeben die letzten paar Yards herunterrutschte.
    „Bist du verletzt?“ fragte sie den Seher. Der Alte grunzte etwas unbestimmt Obszönes und stand auf. Er war blutig, und Steinsplitter hingen in den Strähnen seines weißen Haares.
    „Nein“, knurrte er, als er den Umfang des Schadens festgestellt hatte; doch beim Weitergehen hinkte er ein bißchen.
    Sie erreichten den schmalen, flachen Bach in der Talsohle. Die Zeit verging rasend schnell; es kam ihnen vor, als sei kaum eine Stunde verflossen, seit sie am Morgen aufgebrochen waren. Alle Knochen taten ihnen weh, und Elspeth sehnte sich nach einem warmen Bad. Wie die Dinge lagen, mußte sie sich jedoch gleich den drei anderen damit begnügen, ein paar Sekunden lang in dem eisigen Bach zu plantschen. Kreischend kam sie wieder heraus und machte einen kleinen Dauerlauf auf der Stelle, um sich zu trocknen und zu wärmen. Für die bepelzten Aerani war das schwieriger; doch Darren und Moir rollten sich in dem trockenen Bodenbewuchs herum und waren nur noch ein bißchen feucht, als sie aufstanden. Darren lächelte Moir sogar an und berührte sie leicht am Arm, doch sie starrte ihm nur leer und ausdruckslos ins Gesicht.
    Während sich die Dämmerung über das Land senkte, verließen sie den Bach und schlugen in der Mitte einer kleinen Senke ihr Nachtlager auf. Es gab dort Wedelpflanzen, jede etwa von Baumgröße, doch sie bestanden aus Hunderten von dünnen

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