Erdwind
weißen Stengeln, die raschelnd im Dunkeln wehten, als suchten sie nach einem unbekannten Manna. Iondai versicherte Elspeth, diese Pflanzen seien ganz harmlos. Darren glaubte das ebenfalls, rollte sich eng zusammen und schlief ein. Moir, die Arme um die Knie geschlungen, beobachtete ihn gleichgültig, dann wandte sie sich nach Elspeth um. Elspeth rief, sie solle sich zu ihr setzen, doch Moir schüttelte nur kurz den Kopf und legte sich auf die Seite. Iondai gab Elspeth wieder seine Lederdecke und scharrte etwas dürres Gestrüpp zusammen, mit dem er sich zudeckte. Sie froren alle sehr, doch Elspeth war fast gelähmt vor Kälte.
Schlafen konnte sie nicht, und sie war dankbar, daß Darrens Erschöpfung seinen sexuellen Appetit dämpfte. So stand sie von ihrem Erd-Bett auf, wandelte ein Stückchen über den kahlen Hang, hockte sich dann hin und starrte auf den Kamm über dem nächsten Tal. Wann, so fragte sie sich, würde Gorstein diesen Geröllpfad heruntergerutscht kommen? Erst nachdem sie die Höhle erreicht hatten? Bestimmt schon früher. Die Höhle und damit die letzte Chance, dieses flüchtige Verstehen zurückzuerobern, das sie vor ein paar Tagen erlebt hatte, lag noch mehrere Tagesmärsche höher … über kahle Felsen, schmale Saumpfade … und durch Schnee, tiefen, eisigen Schnee.
Eine Vision riesiger Flächen gleitenden Eises jagte ihr unbeherrschbare Schauer durch den Leib. Warum fürchtete sie sich so vor dieser harmlosen Substanz? Warum empfand sie so heftige, gerade noch unterdrückbare Übelkeit bei dem bloßen Gedanken, daß eine Schneeflocke ihre Haut berühren würde? Die Antwort lag irgendwo in jener Leere, die ihre Vergangenheit war. Sie empfand weder Bedauern noch Bitterkeit über den Verlust dieser Jahre ihres Lebens – wie könnte sie auch, wenn sie nicht mehr wußte, was sie verloren hatte?
Gesichter … Bilder … ein Gefühl der Isoliertheit … Stunde um Stunde sog das Vakuum auf dem Aeran mehr und mehr von diesen Überresten auf. Sie merkte, daß sie Ausdrücke gebrauchte, bei denen sie mitten im Satz innehielt, weil sie nicht mehr wußte, was sie sagte, was sie meinte. Sie konnte immer noch dahinterkommen – gewöhnlich ergab es sich ohne weiteres aus dem Zusammenhang. Aber immer öfter passierte es ihr, daß sie zum Sprechen ansetzte und dann im letzten Moment innehielt, weil ihr irgendeine Metapher, ein Ausdruck entfallen war, so daß sie nicht mehr wußte, was sie sagen sollte.
Wo saß die Sprache? Wo im Gehirn? Irgendwo vorn, ein größeres Gebiet einer Hirnhälfte und ein kleiner Fleck irgendwo im Hinterhirn; so ähnlich hatte Ashka es ihr erklärt. Das war’s – die linke Hirnhälfte für die Sprache; das entsprechende Gebiet der rechten für geometrische Perspektive – will sagen: Symbole. Es kam aufs gleiche hinaus: ein Verstehen der Bedeutungen diverser Symbole; und an diesen Gebieten war der aeranische Psychoparasit, der mit so großem Appetit die anderen Teile des Hirns auffraß, offenbar nicht interessiert.
Und das stimmte in Wirklichkeit gar nicht. Nur die intellektuellen Gedächtniszellen waren angegriffen. Sie hatte nicht vergessen, wie man geht oder assoziiert oder schreibt … es war das abstrakte Wissen, das abgesaugt wurde … Erfahrungen, Erinnerungen, die Gesichts- und Gehörsaufzeichnungen ihrer dreißig Lebensjahre, die Gebiete der Lust, der Sehnsüchte, der Erfahrungen, die im Notfall wieder herausgezogen werden konnten, die aber zum Überleben nicht unbedingt nötig waren, wie anderes im Leben Erworbene, einschließlich der Kommunikation.
War es so einfach? Überleben auf dem Aeran? Sprache nur zu Funktionszwecken, weil Tun jetzt wichtiger war als Introspektion, als Denken? Die alte Weise, die primitive Ethik.
Der Aeran warf aus jedem Hirn alles heraus, was überflüssig war, so daß … ja, so daß …? So daß das Hirn hübsch leer sein würde, um neue Erfahrungen aufnehmen zu können? So daß die lästigen Erinnerungen an ein anderes Universum nicht mehr da sein und das neue Tier verwirren, seine Überlebenschancen negativ beeinflussen konnten?
Wenn das so war, dann war es nicht der Aeran, der zerstörte, sondern ihr eigenes Denken! Ashka hatte darüber etwas gesagt … aber was?
(Panik! Sekundenlang blieb alles weiß, als sie versuchte, den Dialog zu rekapitulieren; doch dann fiel ihr der Nebel ein. Durch den Nebel erinnerte sie sich an das lange, ruhige Gespräch mit dem Rationalisten.)
Ashka hatte vom Wandel in den Beziehungen zum ching
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