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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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verstummten. Iondai schnarchte laut, Moir schlummerte friedlich. Aber Darren?
    Sie fuhr auf und sah, daß Darren neben ihr kniete und sie anstarrte.
    „Hallo“, sagte sie, und ehe sie fragen konnte, was er wollte, fühlte sie seine warmen feuchten Lippen auf ihrem Mund. Sie rückte sich zurecht, so daß sie auf dem Rücken lag, und er kam neben sie; der lange Kuß war nun nicht mehr ein bloßer Spaß. Sie fühlte, daß er ihren Gürtel zu öffnen versuchte.
    Elspeth hatte eigentlich überhaupt keine Lust (es war viel zu kalt) und fragte sich innerlich ganz unbeteiligt, warum sie sich seine Verführungsversuche gefallen ließ. Sie schlug die Augen auf, sah, daß Darrens Augen geschlossen waren, hörte seine erstickten Laute und roch den süßlichen Duft seiner Behaarung. Sie umfaßte seinen Hals und berührte die empfindliche Haut seiner Schultern, und er antwortete mit Zärtlichkeiten, die ihr weh taten, so daß sie seine Hand wegschob. Wo war die Sinnlichkeit, die Zartheit vom ersten Mal?
    Er versuchte, sich auf sie zu legen, doch sie hinderte ihn daran, löste ihre Lippen von seinem Mund, flüsterte: „Nein – nicht doch so schnell!“ Sie drückte ihn zurück, so daß er auf dem Rücken lag, und glitt etwas tiefer, so daß ihr Kopf auf seinem Bauche lag. Sein moschusartiger, animalischer Duft erfüllte ihre Sinne, und sie spürte erste Anzeichen einer Begierde.
    Sein plötzlicher Aufschrei (Schmerz? Überraschung? Oder war es Lust?) weckte Moir auf. Sie setzte sich hoch und erkannte, was vorging. Elspeth rückte hastig weg. In der Dunkelheit konnte sie nicht ausmachen, ob das Mädchen vor Bitterkeit oder vor Enttäuschung zu weinen begann, doch es war unverkennbar, daß Tränen auf ihren Wangen glitzerten.
    Wie vorauszusehen war, ignorierte sie Elspeth am nächsten Morgen völlig und machte nicht den geringsten Versuch, ihre unterschwellige Feindseligkeit und Verachtung gegenüber der älteren zu verbergen. Elspeth fand, daß Vernunftgründe aufzuzeigen nutzlos sein würde und daß es am besten sei, das Mädchen allein mit der Tatsache der veränderten Beziehungen fertig werden zu lassen, denn zweifellos glaubte Moir, daß ein solcher Wechsel stattgefunden habe.
    Auf einen dringlichen Ruf Iondais eilte Elspeth zu ihm an die Felskante. Der alte Seher hatte sich flach auf den Bauch gelegt, und Darren tat desgleichen. Geduckt spähte Elspeth nach der Stelle, auf die Iondai deutete. Sie sah graue Felsen und vielfältiges Grün, aber vor diesem wirren Hintergrund hob sich etwas ab – ein Mann!
    Langsam bewegte er sich durch das Unterholz, blieb manchmal stehen und starrte an der Felswand hoch, die von seinem Standpunkt aus steil und unzugänglich aussehen mußte.
    Elspeth erkannte den Schiffs-Meister. Große Freude durchfuhr sie: Er stand unter ihr. Er hatte sie noch nicht entdeckt. Sie war im Vorteil.
    „Vernichtet alle Spuren des Feuers!“ rief sie hastig, und Moir, die sofort begriff, streute Erde auf die Asche. Elspeth und Darren bemühten sich, die Stelle, wo sie geschlafen hatten, so gut es ging unkenntlich zu machen. Wenn sie Glück hatten, würde Gorstein, der wahrscheinlich in den Techniken der Jagd nicht besonders geübt war, übersehen, daß die Pflanzen unter dem Felsen niedergedrückt waren.
    Vorsichtig gingen sie den Hang hinauf und hielten sich möglichst in den tiefen Rinnen oder schlichen geduckt durch das niedere Buschwerk, wenn sie über offene Flächen mußten. Sie kamen überraschend schnell voran; manchmal mußten sie klettern, dann wieder konnten sie lange Strecken über moosigen Grasboden und schütteren ‚Wald’ marschieren. Die Luft war ziemlich kühl, was aber wohl nicht auf die Höhenlage, sondern darauf zurückzuführen war, daß man in die kältere Zone kam.
    In regelmäßigen Abständen hielten sie inne und suchten nach Gorstein. Nur einmal sahen sie ihn – er stand unter ihnen und blickte herauf. Er machte keine Bewegung, um sich zu verbergen; anscheinend suchte er nicht den ganzen Berg ab, sondern hatte eine bestimmte Stelle im Auge. Es sah aus, als blicke er direkt auf sie.
    „Ich glaube, er hat uns gesehen“, sagte Elspeth beiläufig.
    „Kann sein, daß du recht hast“, sagte Darren. „Was meinst du, daß wir jetzt tun sollen?“
    Moir kicherte, und Elspeth warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. „Entweder gehen wir noch schneller – oder wir greifen ihn an.“
    „Er scheint allein zu sein“, sagte Iondai. „Ich beobachte ihn schon eine ganze Weile und habe kein

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