Erdwind
keine über Mord. Ich würde viel lieber Li e be mit Ihnen machen und mir den Krieg für später aufh e ben.“
Elspeth prallte zurück vor diesem unvermittelten und, wie sie zugeben mußte, unerwarteten Antrag. Sie hatte Zweide u tigke i ten und Anspielungen vorausgesehen, aber solche Grobschlächtigkeit (solche unerfreuliche Grobschlächti g keit) e r schreckte sie und brachte sie aus der Stimmung.
„Haben Sie denn keine Angst, daß ich Sie auf dem Höh e punkt Ihrer Lust töten werde?“
„Auf dem Höhepunkt meiner Lust? Wie romantisch!“ Er grinste wieder. „Nein, davor habe ich keine Angst. Ich de n ke, Sie sind noch nicht soweit, daß Sie mich umbringen. Ich de n ke, daß Sie, ebenso wie ich, mehr daran interessiert sind, die Natur der Bestie kennenzulernen – wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Schiffs-Meister, aber …“ – sie piekte mit dem Finger in seinen Bauch – „… dicke Männer interessieren mich überhaupt nicht.“
Da wurde er ernstlich böse. Beim Zuschlagen verzerrte sich sein Gesicht zu einer Maske der Wut, die jedoch so schnell ve r schwand, wie sie gekommen war. Aber noch während sie unter seinem Schlag taumelte, hatte er ihr blit z schnell die Ja c ke von den Schultern gerissen.
Als sie wieder hochkam und die Arme über ihrer Blöße kreuzte, sah sie Gorstein lachen – der Schlag hatte ihn e r nüchtert. Er blickte auf die Diamanten, die in ihrer Hautfa s sung funkelten. Dieser gewalttätige, unangenehme Kerl war ihr zuwider; sein Benehmen war nicht nur roh, sondern u n verzeihlich … und u n berechenbar – eben das flößte ihr ein wenig Angst ein vor Schiffs-Meister Gorstein.
Sie überwand das instinktive Bedürfnis, sich vor seinen Blicken zu bedecken (das würde ihn gerade noch überhebl i cher machen, dachte sie – wie leicht war es doch, sich auf das Niveau eines so oberflächlichen Menschen hinunterz u beg e ben!), sondern sagte nur bitter: „Da haben Sie etwas ganz Dummes gemacht. Sie sind wie ein Kind, Schiffs-Meister. Ich kann kaum glauben, daß Sie dieses Wrack b e fehligen.“
„Nun – ich befehlige es, und lassen Sie sich durch das Aussehen der Gilbert Ryle nicht täuschen. Ein bißchen alt, aber ein feines Fahrzeug.“ Er starrte immer noch auf die Diamanten.
„Diese Steine, Mueller … sie müssen ziemlich wertvoll sein – oder irre ich mich da?“
Diese Frage empörte sie. „Weiß ich nicht mehr.“ Es war eine simple Tatsachenfeststellung, obwohl es wie Abwehr klang. „Sie ekeln mich an. Richtig zum Kotzen.“
Ihr war kalt am ganzen Leibe, ihr Herz schlug rasend. Sein Blick war so undurchsichtig wie die Edelsteine, nach denen er auf ei n mal so gierig war. Er wollte die Diamanten, wollte sie besitzen. Vielleicht empfand er in einer tieferen Schicht seines Bewuß t seins, in die er normalerweise nicht hinuntergelangte, den Besitz der magda- Steine als den B e sitz der magda selbst. Vielleicht war er auch nur unwissend und habgierig.
Jetzt bedeckte sie sich doch. Ekel und Abscheu waren ihr deu t lich anzusehen. „In Ihrer Begehrlichkeit liegt etwas scheußlich Grausames“, sage sie und wußte nicht, ob sie ihn auslachen oder anschreien sollte. Konnte ein Mensch so bösa r tig sein? Machte er ihr nur kalt berechnend etwas vor, weil er sie ablenken wollte?
„Ich bin ein sehr grausamer Mensch“, entgegnete Go r stein, und Stolz klang aus seiner Stimme.
„Ein eitler Mensch sind Sie.“
„Ich kenne meine Stärke, soviel ist richtig.“
„Oberflächliche Stärke, Schiffs-Meister. Warum blicken Sie nicht ein wenig tiefer?“
„Brauche ich nicht. Es ist kein Grund vorhanden, mich zu sch ä men oder mich zu fürchten.“
„Weil bei Ihnen überhaupt nichts vorhanden ist.“
Er lachte laut auf – etwas gezwungen. „Sie sind ja ein rechtes Luder, Mueller. Ein richtiges Luderchen. Ich merke, daß es mit mir durchgehen will. Sie merken das auch und provozieren mich ständig. Ziehen Sie sich Ihre Jacke wieder an oder was noch d a von übrig ist, ehe ich Ihnen was antue.“
Elspeth machte keine Anstalten, ihre zerfetzte Jacke au f zuheben. Gorstein drückte auf den Knopf eines Wan d schranks, und eine Batterie blitzender Karaffen mit farbe n freudigen Likören wurde sichtbar. Er goß sich einen Drink ein und sah Elspeth an, als wo l le er sagen: Nun – trinken Sie mit? Sie schüttelte den Kopf.
Er schloß das Schränkchen, trat wieder zum Fenster, hielt das Glas zum Licht empor und schwenkte
Weitere Kostenlose Bücher