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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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mit dem Schiffs-Meister im Einklang fühlen konnte.
    Er fuhr fort: „Ich glaube, daß Gorstein sehr rasch mein Feind werden wird, wenn die Mission verschoben wird … Ich glaube es, weil mir das Orakel ‚Lied der Erde’ etwas ganz Bestimmtes gesagt hat … Sie können es mir armem Sterblichen vielleicht nicht so nachfühlen, aber die Aussicht, daß zwischen Gorstein und mir Feindschaft entsteht, ist ve r nichtend.“
    „Sie haben mein Mitgefühl, Peter, glauben Sie mir. Aber …“ Sie brach ab und starrte ihm ins bleiche Gesicht; sein zerbrec h licher Körper zitterte vor Kälte; er wirkte mehr wie ein Kind als wie ein Mann von tiefer Intuition. Was g e schah ihm, fragte sie sich. Wie konnte er so hartnäckig die Tats a che ignorieren, daß der Aeran anders war? Oder lag es an ihr selbst? Nahm sie dieses Ander s sein so leicht in Kauf, daß sie eine vernünftigere Alternative übersah? Sie dachte dabei natürlich an das Orakel – daß das Lied der Erde, wenn es Feindschaft zwischen Gorstein und Ashka vorausgesagt hatte, etwas vorausgesagt hatte, das tatsächlich eintreffen würde, ganz gleich, wie sich die Beziehungen zwischen Rau m schiff und crog entwickelten.
    Armer Mann, dachte sie. Er rennt direkt in den Konflikt und klammert sich doch an den Glauben, daß ein Konflikt vermi e den werden kann. Wie tragisch das für ihn sein wird … wie traurig …
    Vorahnung durchschauerte sie. Sie sah Ashka so wie er war, t o desbewußt, voller Angst vor dem Faktum des Todes, voller Angst vor dem Verlust der guten Freunde, die er ha t te, voller Angst, kurz gesagt, vor all jenem Sterblich-Menschlichen, das andere unter Kontrolle hielten, weil er, der Rationalist, ihnen dabei half. Und ihm konnte keiner helfen.
    „Es tut mir leid“, sagte sie, „aber ich bleibe bei meiner Ansicht. Wenn Gorstein nicht beschlossen hätte, die Impla n tation aufz u schieben, hätte ich weiter versucht, ihn dazu zu bringen. Und wenn er sich anders entschließt, gehe ich noch einmal zu ihm und diskutiere weiter. Es steht für diese Welt zuviel auf dem Spiel, als daß man geteilter Meinung darüber sein könnte, Peter. Hier ist nun mal etwas Seltsames gesch e hen, und es ist an Menschen geschehen, und es mag vor u n denklichen Zeiten einer menschl i chen Population schon einmal geschehen sein – und ebensogut kann es wieder g e schehen. Wir müssen wirklich herausbeko m men, was das ist, meinen Sie nicht auch? Aber wie können wir das in dem gegenwärtigen Klima? Deshalb muß diese Implantation ve r hindert werden.“
    Bevor er etwas sagen oder einwenden konnte, rief Moir: „Darren fängt gerade einen Schwarzflügler. Kommt her und seht!“
    Mit einem letzten Blick auf Ashka lief Elspeth zu dem Mä d chen hinüber und spähte geduckt in den anrollenden Nebel, der den Jäger und seine schlafende Beute mit einem feinen weißen Schleier umhüllte.
    Leise hockte sich Ashka neben Elspeth hin, und sie l ä chelte ihn an. „Passen Sie auf“, sagte sie, „es ist ziemlich eindruck s voll.“
    „Das essen die Aerani, nicht wahr?“
    „Sie essen das Fleisch – es schmeckt scheußlich –; aus den Flughäuten machen sie Kleider und aus dem Skelett Waffen. Ein Allzweck-Wildbret!“
    „Er will das Tier mit diesen Peitschenschnüren fangen? Das reißt ihn doch mit in die Luft. Das Vieh ist doch dreimal so groß wi e der Junge.“
    „Sehen Sie sich’s nur an“, entgegnete Elspeth. „So etwas h a ben Sie in Ihrem Leben noch nicht gesehen.“
    „Da!“ kreischte Moir entzückt. Gespannt sah Elspeth ins Tal hi n unter. Darren hatte den Schwarzflügler mit seinen beiden Ta n gelkrautranken erwischt. Kein Wunder, daß ihn das Tier mit di e sen beiden fest zupackenden Schlingen am Bein nicht abschü t teln konnte.
    Laut klang sein Triumphschrei durch die schwere, feuchte Luft. Der Schwarzflügler fuhr zurück, geräuschvoll schlugen seine Schwingen, sein Schrei schrillte durch den Waldpfad, alarmierte die Tiere auf den Klippen. Darren erhob sich mit ihm und fing an zu zerren. Elspeth sah, wie seine kraftvolle Gestalt einen Auge n blick auf den Füßen stand und dann von dem starken, um sein Leben kämpfenden Tier – halb Vogel, halb Riesenfledermaus – fortgerissen wurde. Der Schwar z flügler peitschte die Luft; Mensch und Tier hoben ab, stiegen zwei, drei Fuß über Bode n höhe, berührten dann wieder das Moos, liefen, stolperten, hüp f ten wieder hoch; Darren hielt eisern fest, mit gestreckten Armen, starren, unter dem Haarpelz sich spa n

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