Erdwind
stimme jedoch insoweit zu, daß die Aerani gla u ben, daß ihr Orakel absolut ist; und genau wie Sie bin ich dagegen, daß dieser Glaube zerstört wird. Doch dieser Gla u be wird eben zerstört, wenn Gorstein die Mon i toren nicht implantieren läßt.“
„Nein! Das darf nicht geschehen, Peter. Das ist untragbar! Alles, was diese Leute wollen, was sie brauchen, ist, daß man sie in Ruhe läßt.“
Sie merkte, daß Moir sich unter einen überhängenden Fel s block geschmiegt hatte und sie gespannt beobachtete. Der Wind war jetzt sehr stark, und die aufkommende N e belwand verschleierte bereits das Marschland.
„Und in dem Glauben gelassen werden, daß ihr Orakel falsch ist?“ entgegnete Peter Ashka.
„Das werden sie vergessen oder wegrationalisieren.“
Der alte Mann sah müde aus, als erschöpfe ihn dieses Streitgespräch. „Elspeth … das ching hat gesagt, die Impla n tation wird keine Folgen haben. Das hat es präzise und ei n deutig konstatiert. Setzt den Aerani die Monitoren ein, und nichts wird sich ändern. Beide Seiten werden glücklich und zufrieden sein, alles bleibt, wie es ist.“
„Das hat das ching wirklich gesagt?“
„Jawohl“, bekräftigte er laut, senkte aber gleich wieder die Stimme. „Sie müssen es mir glauben – die Aerani laufen ins U n glück, wenn diese Mission nicht durchgeführt wird, so unerklä r lich sie ihnen vorkommen mag. Sie müssen damit fertig werden.“
Elspeth war immer noch im Zweifel. „Angenommen, sie stehen es durch, und ihre Lebenshaltung ändert sich; ang e nommen, sie gehen einen anderen Weg, nicht mehr den leichten, einen unerwarteten. Dann wird sich auch die B e deutung der ching- Voraussage ändern. Es hat ja schließlich nur eine Wahrscheinlichkeit ausgesagt, nicht wahr? Sie wo l len aber anscheinend be i des auf einmal haben. Das hiesige Orakel kann nicht absolut sein, weil absolute Aussagen nicht mit dem tao verei n bar sind; doch in diesem Falle glauben Sie an die Unfehlba r keit des ching, weil …“ Sie brach ab und starrte ihn an. Er schwieg. „Warum eigen t lich, Peter? Warum liegt Ihnen so verzweifelt viel daran, daß diese Mi s sion durchgeführt wird? Der Wert eines Orakels hängt doch nicht davon ab, daß man seine Voraussage eintreffen sieht … warum, Peter?“ wiederholte Elspeth ihre eindringliche Fr a ge.
Sie erschrak vor dem schrecklichen Ausdruck seines G e sichts; er sah aus wie von bösen Geistern gejagt, nicht wie ein Mann, der mit dem tao im inneren und äußeren Frieden ist, sondern wie jemand, der das Gleichgewicht verloren hat und jeden Moment fürchten muß, in einen psychologischen A b grund zu stürzen, in den zeitlichen und ewigen Tod.
„Sie haben natürlich recht“, sagte er schließlich. „Meine Angst, meine Verzweiflung gehen sehr tief. Diese Welt ist eine entset z liche Welt, Elspeth, und ich bin entsetzt über sie; doch warum ich solche Angst habe, verstehe ich nicht ganz. Ich weiß nur, daß ich ein schwacher Mensch bin. Das habe ich nie verborgen, und ich habe mich dessen auch nie g e schämt. Meine Schwäche war irr e levant, weil ich in anderer Hinsicht so stark war; das ist bei uns Rationalisten ganz n a türlich. Aber ich bin dem Tode nahe, auf kurzfristigen A b ruf, eine Sache von ein paar Monaten. Ich fürc h te mich nicht vor dem Tode – ich fürchte mich vor der menschlichen R e aktion auf sein Nähe r kommen. In den nächsten Monaten brauche ich Stärke, Stärke von außen her, die Stärke eines b e stimmten Mannes, denn nur ein Mann ist stark genug, um mich zu stützen …“
„Schiffs-Meister Gorstein …“
„Ja. Gorstein. Er war mein nächster Freund, mein bester Freund unter den Menschen, und das während des größten Teils meiner Mannesjahre. Merkwürdig, wie Freundschaft u n bewußt bleiben kann, bis es zu einer Krisis kommt, nicht wahr? Ich habe erst kürzlich gemerkt, wie sehr ich ihn bra u che, damit er mir durch meine letzten Lebensmonate hilft. Ich glaube, ohne ihn würde ich einen sehr schlimmen Tod haben. Mit ihm dagegen einen friedlichen. Und ein friedl i cher Tod ist mein größter Wunsch.“
Elspeth wollte etwas einwenden, in einem ähnlichen Ton, wie Gorstein heute vormittag mit ihr gesprochen hatte, um Ashka die Selbstsucht vorzuwerfen, mit der er sein eigenes Leben über das der Kolonie stellte. Doch sie merkte, daß sie es nicht konnte, und auf jeden Fall hatte sie den Verdacht, daß es ihm nicht so sehr auf die Durchführung der Mission ankam, als darauf, daß er sich
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