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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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hätte ständig schreckliche Träume von einem riesenhaften, gesichts- und namenlosen Fremden, der mit der Krone von Aum auf dem Kopf in Anuin einreitet und seine Rechte auf sie geltend macht, um sie mit sich zu nehmen in ein reiches, kaltes Land im Inneren eines Berges oder tief unter dem Meer. Über ganz An hat mein Vater seine Leute ausgeschickt, um den Mann suchen zu lassen, der sich diese Krone gewonnen hat; er entsandte Boten hierher, an die Schule; er hat die Händler gebeten, sich überall dort, wohin ihre Geschäfte sie im Reich des Erhabenen führen, umzuhören. Er dachte nicht daran, in Hed nachzufragen. Ich auch nicht. Ich hätte daran denken sollen. Ich hätte wissen müssen, daß da nicht plötzlich eine mächtige, riesenhafte Gestalt wie aus einem Alptraum auftauchen würde - sondern daß uns noch Überraschenderes blühen würde. Jeden außer dir hätten wir erwartet.«
    Morgon zeichnete mit einem Finger eine Perle nach, die so milchig war wie ein Kinderzahn.
    »Ich werde sie lieben«, sagte er. »Ist das von Gewicht?«
    »Was meinst du?«
    Ruhelos griff Morgon nach seinem Bündel.
    »Ich weiß es nicht, und du weißt es auch nicht. Mir ist bang vor dem Ausdruck, der sich auf ihrem Gesicht spiegeln wird, wenn sie mich mit der Krone von Aum an den Hof von Anuin kommen sieht. Sie wird in Akren leben müssen. Sie wird - sie wird sich an meinen Schweinehirten, Snog Nutt, gewöhnen müssen. Er kommt jeden Morgen zum Frühstück. Rood, sie wird sich nicht wohl fühlen. Sie wurde in den Reichtum von An hineingeboren, und sie wird entsetzt sein. Genau wie dein Vater.«
    »Das bezweifle ich«, gab Rood gelassen zurück. »Die Herren von An mögen entsetzt sein, aber es müßte schon der Weltuntergang drohen, meinen Vater zu schrecken. Wer weiß, vielleicht hat er dich damals, vor siebzehn Jahren, gesehen, als er das Gelöbnis tat. Sein Geist ist wie ein Morast, keiner, nicht einmal Duac, weiß, wie tief er ist. Ich habe keine Ahnung, wie Rendel sich verhalten wird. Eines aber weiß ich: Nicht einmal wenn in Anuin der Tod auf mich wartete, würde ich mir dieses Schauspiel entgehen lassen. Ich kehre für eine Weile nach Hause zurück; mein Vater sendet mir ein Schiff. Komm mit mir.«
    »Ich werde auf einem Handelsschiff erwartet, das heute abend in See sticht; ich muß den Leuten Bescheid geben. Thod reist mit mir.«
    Rood zog eine Braue hoch. »Er hat dich gefunden. Dieser
    Mann könnte im Nebel ein Nadelöhr finden.« Fäuste donnerten an seine Tür; gereizt hob er die Stimme: »Fort mit euch! Wenn ich etwas zerbrochen habe, so tut es mir leid.«
    »Rood!« Es war die gebrechliche Stimme von Großmeister Tel, scharf in ungewohnter Strenge. »Ihr habt die Schlösser zu Nuns Büchern der Zauberkunst gesprengt!«
    Mit einem Seufzer erhob sich Rood und riß die Tür auf. Zornige Schüler, in dichter Schar hinter dem alten Großmeister zusammengedrängt, erhoben bei seinem Anblick ihre Stimmen wie zankende Krähen. Roods Stimme rannte gegen sie an.
    »Ich weiß, daß der Große Schrei verboten ist, aber er entspringt mehr dem Impuls als wohlbedachter Überlegung, und ich wurde von einem Impuls überwältigt. Bitte schweigt!«
    Mit einem Schlag verstummten die Stimmen. Morgon trat an Roods Seite, die Krone von Aum in den Händen; der große Stein in der Mitte war so schwarz wie das Gewand des Großmeisters, das Tel trug. Ohne ein Wort begegnete Morgon dem Blick des Großmeisters.
    Die Verärgerung in dem asketischen Gesicht, das die Farbe alten Pergaments hatte, löste sich in Verwunderung, und in die gespannte Stille hinein fragte Großmeister Tel: »Wer hat im Rätselkampf mit Peven von Aum gesiegt?«
    »Ich«, antwortete Morgon.
    In der Bibliothek der Großmeister mit ihrer ungeheuren Sammlung alter Bücher, die an den Wänden keinen freien Raum ließ, berichtete Morgon. Die acht Großmeister hörten ihm schweigend zu. Rood in seinem goldenen Gewand nahm sich wie ein Paradiesvogel zwischen ihren schwarzen Kutten aus. Keiner unterbrach ihn, und erst, als er geendet hatte, murmelte Großmeister Tel voll staunender Verwunderung: »Kern von Hed!«
    »Wie bist du darauf gekommen?« fragte Rood. »Wie wußtest du, daß du gerade dieses Rätsel stellen mußtest?«
    »Ich wußte es nicht«, gab Morgon zurück. »Ich habe es einfach gestellt, als ich so ermattet war, daß mir kein anderes Rätsel mehr einfiel. Ich glaubte, jeder kenne dieses Rätsel. Aber als
    Peven schrie: >Es gibt keine Rätsel aus Hed!<, wußte ich,

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