Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
Vom Netzwerk:
legte es sich an seinen Hals, und er fuhr zusammen.
    »Warum?« Die Klinge hatte seiner Stimme allen Klang genommen. »Sagt mir wenigstens, warum!«
    »Hütet Euch vor dem ungelösten Rätsel.« Sie wandte den Kopf von ihm ab und nickte dem Händler zu.
    Morgon schloß die Augen.
    »Niemals sollt Ihr einen anderen Rätsellöser unterschätzen«, sagte er und zupfte die unterste Saite der Harfe.
    Das Schwert zersprang, und er hörte einen Schrei wie den schwachen Schrei eines Vogels. Dann brach rund um ihn herum klirrendes Getöse los, als alte Schilde, die an den Mauern aufgehängt waren, mit metallischem Krachen auseinanderbrachen und ihre Splitter auf den Steinboden schlugen. Morgon spürte, wie er selbst aus großer Höhe herabstürzte, und er vergrub das Gepolter seines Sturzes in dem Pelzumhang. Stimmengewirr folgte auf das Klirren und Dröhnen von Metall. Es klang verwischt, undeutlich.
    Jemand schüttelte ihn.
    »Morgon, steht auf. Könnt Ihr aufsteh’n?«
    Er hob den Kopf. Rork Umber, nur mit einem Umhang und einem Waffengürtel bekleidet, half ihm auf die Beine.
    Heureu stand oben an der Treppe und blickte zu ihnen nieder. Eriel hielt sich hinter ihm.
    »Was geht hier vor?« fragte er verdutzt. »Es klingt, als würde hier eine Schlacht geschlagen.«
    »Verzeiht mir«, sagte Morgon. »Ich habe Eure Schilde zerbrochen.«
    »Ja, das habt Ihr getan. Wie, in Aloils Namen, habt Ihr das fertiggebracht?«
    »So.« Noch einmal zupfte er die Saite der Harfe, und das Messer an Rorks Gürtel, die Lanzen der Wächter an den Türen zersprangen.
    Heureu schnappte entgeistert nach Luft.
    »Yrths Harfe.«
    »Ja«, gab Morgon zurück. »Ich dachte mir, daß sie es sein müßte.« Seine Augen glitten zu Eriels Gesicht, die noch immer hinter Heureu stand, die Hände auf den Mund gedrückt. »Ich dachte - mir träumte, Ihr wäret hier unten bei mir gewesen.«
    Verwundert schüttelte sie den Kopf.
    »Nein. Ich war bei Heureu.«
    Er nickte. »Dann war es ein Traum.«
    »Ihr blutet ja«, rief Rork plötzlich. Er drehte Morgon zum Licht. »Woher habt Ihr die Wunde an Eurem Hals?«
    Morgon berührte sie. Da begann er zu zittern, und hinter Eriel sah er Astrins hageres, blutloses Gesicht.
    Mit einem Schlaftrunk wieder zur Ruhe gebettet, träumte er von Schiffen, die mit menschenleeren Decks und zerfetzten Segeln auf einem wildumtosten, schwarzen Meer umhertrieben; von einer schönen, schwarzhaarigen Frau, die ihn töten wollte, indem sie die unterste Saite auf einer gestirnten Harfe zupfte, und die weinte, als er sie mit donnernder Stimme anschrie; von einem Rätselkampf, der niemals endete, mit einem Mann, dessen Gesicht er nicht zu sehen bekam, der ihm ein Rätsel nach dem anderen aufgab, Lösung um Lösung forderte und doch niemals selbst eine Lösung bot. Snog Nutt tauchte von irgendwoher auf, hockte geduldig im Regen, der ihm in Strömen das Genick hinunterlief, und wartete darauf, daß der Kampf enden würde, doch er war ohne Ende. Schließlich verwandelte sich der fremde Rätselspieler in Tristan, die ihm befahl, nach Hause zurückzukehren. Er fand sich in Hed, wo er bei Abenddämmerung durch die nassen Felder schritt und den Geruch der Erde aufsog. Gerade als er die offenen Türen seines Hauses erreichte, erwachte er.
    Das Gemach mit den prächtig gezierten Wänden aus blauem und schwarzem Stein war von einem grauen Nachmittagslicht erfüllt. Jemand, der am Feuer saß, beugte sich vornüber, ein heruntergefallenes Scheit wieder aufzulegen. Morgon er-kannte die magere, ausgestreckte Hand, das silbernschimmernde Haar.
    »Thod«, sagte er.
    Der Harfner stand auf. Sein Gesicht war eingefallen, schwach gezeichnet von Müdigkeit; in seiner Stimme, die ruhig und gleichmäßig war wie immer, lag keine Spur davon.
    »Wie fühlt Ihr Euch?«
    »Wieder am Leben.« Er drehte sich um und sagte widerstrebend: »Thod, mich bedrückt etwas. Es mag sein, daß ich geträumt habe, aber ich glaube, Heureus Frau wollte mich töten.«
    Thod hüllte sich in Schweigen. In dem kostbaren, dunklen Gewand mit den weiten Ärmeln ähnelte er ein wenig einem Großmeister von Caithnard. Flüchtig berührte er mit den Fingern seine Augen, dann setzte er sich auf die Bettkante.
    »Erzählt.«
    Morgon erzählte. Der Regen, dessen Rauschen hin und wieder in seine Träume eingedrungen war, klopfte sachte an die breiten Fenster; er lauschte ein Weilchen stumm, nachdem er geendet hatte, dann fügte er hinzu: »Ich kann nicht dahinterkommen, wer sie sein könnte.

Weitere Kostenlose Bücher