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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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brennenden Holzes und bratenden Fleisches. Morgon wanderte ein Stück flußaufwärts und fing mit den Händen ein paar Fische. Er nahm sie aus, füllte sie mit wilder Zwiebel und trug sie zu ihrem Lager zurück.
    Rendel hatte gebadet und ein Feuer angefacht; sie saß daneben und kämmte sich das nasse Haar. Als er sie so im Schein ihres Feuers sitzen sah, als er selbst in den Lichtkreis trat und sah, wie sie den Kamm senkte und zu ihm aufblinzelte, stiegen neunundneunzig Flüche über seine eigene Grobheit in seiner Kehle auf. Sie sah es in seinen Zügen, und ihr Gesicht veränderte sich, als er neben ihr niederkniete. Er legte ihr die in Blätter eingehüllten Fische zu Füßen wie ein Geschenk. Ihre Finger streichelten seine Wangen und zeichneten seinen Mund nach.
    »Verzeih mir«, flüsterte er.
    »Was? Daß du recht hast? Was hast du mir mitgebracht?« Neugierig schälte sie ein Blatt weg. »Fisch.«
    Wieder verfluchte er sich im stillen. Sie umfaßte sein Gesicht mit ihren Händen und küßte ihn wieder und wieder, bis der Staub und die Erschöpfung des Tages verflogen und die lange Straße wie ein Lichtstrahl im Gewirr seiner Erinnerungen funkelte.
    Später, nachdem sie gegessen hatten, lagen sie am Feuer, und sie lehrte ihn die restlichen Flüche. Sie hatten den imaginären Dieb bis auf die Ohren, Eckzähne und Fußknöchel in einen Eber verwandelt, als die stockenden, zaghaften Klänge einer
    Harfe die Nachtluft kräuselten und sich mit dem Murmeln des Flusses mischten. Morgon, der ihnen lauschte, merkte erst, daß Rendel mit ihm sprach, als sie ihm die Hand auf die Schulter legte. Er fuhr zusammen.
    »Morgon.«
    Abrupt stand er auf, trat an den Rand des Lichtkreises, den das Feuer warf, und spähte angestrengt in die Nacht. Seine Augen gewöhnten sich an das Mondlicht; er sah verstreut flackernde Feuer, die die mächtigen, vernarbten Stämme der Eichen erleuchteten. Die Luft war still, dünn drangen Stimmen und Musik aus der Ferne durch das Schweigen. Er erstickte einen plötzlichen drängenden Impuls, die Saiten der Harfe mit einem Gedanken zu zerreißen, und ließ wieder Frieden in die Nacht einkehren.
    Rendel sagte hinter ihm: »Du spielst nie auf deiner Harfe.«
    Er erwiderte nichts. Die Klänge der Harfe verstummten nach einer Weile; langsam holte er Atem und rührte sich wieder. Er drehte sich um und sah Rendel, die am Feuer saß und ihn beobachtete. Sie wartete, bis er neben ihr saß, ehe sie sprach. Da sagte sie wieder: »Du spielst nie auf deiner Harfe.«
    »Ich kann hier nicht spielen. Nicht auf dieser Straße.«
    »Nicht auf der Straße, nicht auf dem Schiff, als du vier Tage lang nichts tatest - «
    »Jemand hätte es hören können.«
    »Nicht in Hed, nicht in Anuin, wo du sicher warst - «
    »Ich bin niemals sicher.«
    »Morgon«, hauchte sie ungläubig. »Wann willst du lernen, auf dieser Harfe zu spielen? Sie birgt deinen Namen, vielleicht dein Geschick. Es ist die schönste Harfe im Reich, und du hast sie mir noch nicht einmal gezeigt.«
    Endlich sah er sie an.
    »Ich werde lernen, wieder auf ihr zu spielen, wenn du lernst, dich zu verwandeln.«
    Er legte sich auf den Rücken. Er sah nicht, was sie mit dem Feuer tat, doch es erlosch plötzlich, als wäre die Nacht wie ein Stein auf es niedergefallen.
    Er schlief unruhig, in ständigem Bewußtsein ihrer Nähe, und einmal wachte er auf, hätte sie am liebsten wachgerüttelt, um mit ihr zu sprechen, sich ihr zu erklären, doch der Anblick ihres Gesichts, das im Mondlicht fern und verschlossen wirkte, hielt ihn davon ab. Er drehte sich um, schob einen Arm vor die Augen und schlief wieder ein. Und wieder erwachte er, ohne jeden Grund, wie es schien; doch irgend etwas, das er gehört oder gewittert hatte, der Fetzen eines Traums, den er unmittelbar vor dem Erwachen gehabt hatte, sagte ihm, daß es einen Grund gab. Er sah den Mond tiefer in die Nacht hineingleiten. Dann stand etwas vor ihm auf und verdunkelte den Mond.
    Er schrie. Eine Hand drückte sich auf seinen Mund. Er stieß mit den Füßen zu und hörte ein Stöhnen. Er wälzte sich herum und sprang auf die Beine. Irgend etwas traf klatschend sein Gesicht, so daß er torkelnd gegen einen Baumstamm stürzte. Er hörte Rendel schreien, voll Schmerz und voll Angst, und warf einen Flammenstrahl in die glühende Asche ihres Feuers.
    Das Licht erhellte flackernd ein halbes Dutzend bulliger Gestalten, die wie Händler gekleidet waren. Einer der Männer hielt Rendel an den Handgelenken fest;

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