Erdzauber 03 - Harfner im Wind
wandelte sich in ungläubiges Staunen, nachdem die drei ihre natürliche Gestalt angenommen hatten.
»Morgon!« Als sie sein schmales Gesicht sanft mit ihren Händen umschloß, erkannte er, wer jener war, den er mit in ihr Haus gebracht hatte.
Yrth stand ruhig und schweigend da. Er schien in seine eigenen Gedanken vertieft, als sähe er durch ihrer aller Augen und müßte das Gewirr von Bildern ordnen.
Die Morgol strich Rendel das nasse Haar aus dem Gesicht.
»Ihr seid das große Rätsel von An geworden«, sagte sie, und Rendel wandte rasch den Blick von ihr ab, senkte die Augen zu Boden. Doch die Morgol hob ihren Kopf und küßte sie lächelnd. Dann wandte sie sich den Zauberern zu.
Iff legte seine Hand auf Yrths Schulter und sagte mit ruhiger Stimme: »El, das ist Yrth; ich glaube, Ihr kennt Euch noch nicht.«
»Nein.« Sie neigte den Kopf. »Euer Besuch ist meinem Haus eine Ehre, Sternenbildner. Tretet ein, drinnen ist es trocken und warm. Im allgemeinen kann ich sehen, wer meine Hügel überquert, und kann mich auf den Empfang meiner Gäste vorbereiten; aber drei müden Krähen schenkte ich keine Beachtung.« Sie legte ihre Hand leicht auf Yrths Arm, um ihn zu führen. »Woher kommt Ihr?«
»Aus Isig und Osterland«, antwortete der Zauberer. Seine Stimme klang rauher als sonst. Die Wachen im Gewirr der Gänge blickten auf die Besucher, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, doch in ihren Augen spiegelten sich Verwunderung und Nachdenklichkeit.
Morgon, der Yrth beobachtete, wie er neben der Morgol herging, den Kopf leicht ihrer Stimme zugeneigt, merkte erst nach einiger Zeit, daß Iff zurückgeblieben war und mit ihm sprach.
»Die Nachricht von dem Angriff auf Hed erreichte uns wenige Tage, nachdem er sich zugetragen hatte - so schnell verbreitete sich der Vorfall im Reich. Er löste Angst und großen Schrecken aus. Die meisten Menschen sind aus Caithnard geflohen, aber wohin können sie sich wenden? Nach Ymris? Nach An, das Mathom beinahe ohne Verteidigung zurückläßt, wenn er sein Heer nach Norden führt? Nach Lungold? Diese Stadt muß sich selbst erst noch von den entsetzlichen Kämpfen erholen. Nirgends mehr im Reich können die Menschen Zuflucht finden.«
»Haben die Rätselmeister Caithnard verlassen?« fragte Rendel.
Der Zauberer schüttelte den Kopf.
»Nein. Sie weigern sich fortzugehen.« Seine Stimme klang leicht gereizt. »Die Morgol bat mich, zu ihnen zu reisen und zu fragen, ob sie Hilfe, Schiffe für sich selbst und ihre Bücher brauchen. Sie sagten, die Lehrsätze der Zauberei enthielten vielleicht das Geheimnis, dem Tod auszuweichen. Die Lehrsätze der Rätselkunst jedoch besagen, daß es vergeblich ist, dem Tod den Rücken zu kehren, da man ihn, sobald man sich umdreht, nur wieder vor Augen haben wird. Ich flehte sie an, ausnahmsweise einmal praktisch zu denken. Sie meinten, Lösungen auf unbeantwortete Fragen wären ihnen jetzt eine größere Hilfe als Schiffe. Ich hielt ihnen vor, daß sie vielleicht in ihrer Schule umkommen würden. Darauf fragten sie mich, ob der Tod denn das Schrecklichste sei. Und da begann ich, die Rätselkunst ein klein wenig zu verstehen. Aber mir fehlte die Fertigkeit, mit ihnen zu rätseln.«
»Der Weise«, meinte Morgon, »geht einem Rätsel so hartnäckig nach wie ein Geizkragen einer Münze, die einem Spalt in den Dielenbrettern zurollt.«
»Offenbar. Hätte ich etwas tun können? Sie scheinen mir sehr verwundbar zu sein und sehr kostbar für das Reich. «
Das schwache Lächeln in Morgons Augen erlosch.
»Es gibt nur ein Mittel, ihnen zu helfen: Wir müssen ihnen das geben, was sie wünschen.«
Die Morgol blieb vor einem großen, hellen Raum stehen. Auf dem Boden lagen dicke, braune Teppiche, die Wände waren mit kostbaren, golddurchwirkten Stoffen bespannt.
»Meine Bediensteten werden Euch alles bringen, was Ihr braucht«, sagte sie zu Morgon und Rendel. »Im ganzen Haus stehen Wachen. Wir erwarten Euch in Iffs Studierzimmer. Dort können wir miteinander sprechen.«
»El«, erwiderte Morgon leise. »Ich kann nicht bleiben. Ich bin nicht gekommen, um mit Euch zu sprechen.«
Sie schwieg still, dachte wohl über seine Worte nach, wenn auch ihr Gesicht kaum eine Regung zeigte. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm.
»Ich habe alle Wachen aus den Städten und an den Grenzen abgezogen. Goh bildet sie hier aus, damit sie nach Süden abreisen können, falls es das ist, was Ihr braucht.«
»Nein«, entgegnete er leidenschaftlich. »Ich habe in Lungold
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