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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Bergen, die südlichen Regionen, das gesamte Reich unter dem Blick von Falkenaugen an den ihnen gebührenden Platz. Er sah den Schatten des Falken in kraftvollem, lautlosem Flug das Reich überspannen und spürte, wie dieser Schatten über seinen Rücken glitt. Die Vision erlosch. Der Schatten wurde zu einer Erinnerung an die Nacht, und seine Hände verkrampften sich. »Er ist gefährlich«, flüsterte er. »Er war es immer. Warum bin ich so unentrinnbar an ihn gebunden?«
    Am selben Abend verließ er die Stadt der Kreise und hielt sich Tage und Nächte, die er nicht zählte, von der Welt und beinah vor sich selbst verborgen, versunken in die Gesetze des Landrechts von Herun. Gestaltlos glitt er in die Nebelschwaden hinein, versank in den stillen, gefährlichen Sümpfen und spürte, wie der Morgenfrost sein Gesicht versilberte, als er über Schlamm und Binsen und zähem Sumpfgras erhärtete. Er schrie den schrillen, einsamen Schrei der Sumpfvögel und blickte aus starrem Stein zum Himmel und den Sternen auf. Er schweifte durch das flache Hügelland und senkte seinen Geist in Felsen, Bäume, Bäche, erkundete die von Eisen und Kupfer und ungeschliffenen Edelsteinen schweren Berge. Er spann ein riesiges Netz über die schlafenden Felder und die üppigen Weiden, von denen Nebelschleier aufstiegen, kroch in die Stoppeln des toten Wurzelwerks, in frosterstarrte Ackerfurchen und in die Halme des Grases ein, das die Schafe nährte. Die sanfte Anmut des Landes erinnerte ihn an Hed, doch in seinem Inneren wohnte eine dunkle, rastlose Gestalt, die hier und dort in Gestalt von einsam stehenden Felsnadeln hervorgebrochen war. Er flog dem Geist der Morgol sehr nahe, wäh-rend er dieses Land erkundete; er spürte, daß ihre Wachsamkeit und ihre Intelligenz aus Notwendigkeit geboren waren, daß das Erbe eines Landes, dessen Sümpfe und plötzlich einfallende Nebel jenen, die es besiedelt hatten, immer gefährlich werden konnten. Sein seltsames Gestein barg Geheimnisse, seine Hügel bargen Reichtum; auch diese Dinge waren im Geist der Morgol verankert. Während Morgon sich tief in die Gesetze des Landes versenkte, fühlte er, wie sein eigener Geist beinahe Frieden fand, von der Notwendigkeit zu klarem Sehen und Erkennen gezwungen. Als er schließlich soweit war, daß er wie die Morgol in die Dinge hinein- und durch sie hindurchsehen konnte, kehrte er in die Stadt der Kreise zurück.
    Er kam so, wie er gegangen war - eine Nebelschwade, die aus der stillen, kalten Nacht von Herun hereinwehte. Nachdem er wieder seine natürliche Gestalt angenommen hatte, folgte er dem Klang der Stimme der Morgol, und schließlich stand er im feurigen Spiel von Licht und Schatten in ihrem kleinen, kostbaren Herrschersaal.
    Die Morgol sprach mit Yrth, als er auftauchte; er fühlte sich der ruhigen Gelassenheit ihres Geistes noch immer verbunden. Er bemühte sich nicht, die Verbundenheit zu brechen. Er fühlte sich geborgen und ruhig in diesem Frieden. Lyra saß neben ihr; Rendel hatte sich näher ans Feuer gesetzt. Sie hatten zu Abend gegessen. Nur ihre Weinbecher und die Karaffen standen noch auf der Tafel.
    Rendel drehte den Kopf und sah Morgon; sie lächelte über einen Ausdruck in seinen Augen und ließ ihn ungestört. Dann zog Lyra seine Aufmerksamkeit auf sich. Sie trug ein leichtes, fließendes, feuerfarbenes Gewand; ihr Haar war geflochten und unter einem Netz aus Goldfäden zu einem kunstvollen Knoten gedreht. Nichts mehr von der vertrauten stolzen Selbstsicherheit war in ihrem Gesicht; ihre Augen wirkten älter, so als wäre sie verletzlicher geworden, als wollten die Erinnerungen an die schrecklichen Tage in Lungold, als sie hatte zusehen müssen, wie die Wachen unter ihrem Befehl gefallen waren, sie nie wieder loslassen. Sie sagte etwas zu Morgol, das Morgon nicht hörte.
    »Nein«, antwortete ihr die Morgol kurz und einfach.
    »Ich reise nach Ymris.« Eigensinnig starrten ihre dunklen Augen die Morgol an, doch ihre Stimme war ruhig. »Wenn nicht mit den Wachen, dann an deiner Seite.«
    »Nein.«
    »Mutter, ich gehöre nicht mehr deiner Wache an. Ich schied aus, als ich aus Lungold heimkehrte, du kannst also von mir nicht erwarten, daß ich dir ohne Überlegung gehorche. Ymris ist ein schreckliches Schlachtfeld - schrecklicher noch als Lungold. Ich gehe hin - «
    »Du bist meine Landerbin«, fiel ihr die Morgol ins Wort. Ihr Gesicht war noch immer ruhig, doch Morgon spürte die Furcht, die erbarmungslos und kalt wie die Nebel von Herun tief

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