Erfindung der Violet Adams
freut sich, euch alle kennenzulernen.«
»Und nun«, sagte Ashton und trat hinter Violet hervor, »bin ich gespannt zu hören, wie ihr es geschafft habt, eine Lady in White’s hineinzuschmuggeln.«
»Ach«, sagte Toby und zog sein Jackett aus, »das war mein Verdienst. Weißt du, du fragst nach einem Privatzimmer für ein Privatspiel, aber unten in der rechten hinteren Ecke.«
»Der farceur hat mich durch das Fenster hineinschlüpfen lassen«, unterbrach ihn Miriam. »Und wenn einer der Kellner hereingekommen ist, habe ich mich unterm Tisch versteckt. Was ziemlich oft war, angesichts der Mengen an heißer Schokolade, die diese beiden gros garcons bestellt haben.«
»Die ist so gut und cremig«, schwärmte Drew und schloss die Augen.
»Du bist schon jetzt eine meiner neuen liebsten Freundinnen«, sagte Ashton zu Miriam. »Ich fürchte, mit so etwas wie heißer Schokolade können wir hier nicht dienen, aber wir haben reichlich andere Erfrischungen. Und ich habe den Kartentisch aufgestellt. Was habt ihr im Club gespielt?«
»Poker«, sagte Toby. »Soll ich geben?«
»Sicher«, antwortete Ashton, »aber ich muss noch mehr erfahren, wie diese falschen Liebesbriefe an Volio aussehen sollen, damit ich sie so schreiben kann, wie ihr sie haben wollt. Was darin stehen soll, was ihr wollt, dass er tun soll und so weiter.«
»Kannst du dafür sorgen, dass er den Mund nicht mehr aufmacht?«, fragte Violet. »Seine Stimme ist einfach nervtötend.«
»Ich werde Ashton helfen«, sagte Miriam und neigte den Kopf. »Cousin Ashton, meine ich. Ihr anderen könnt Karten spielen. Es ist so lieb von euch, mir zu helfen. Mehr braucht ihr wirklich nicht zu tun.«
»Ausgezeichnet«, sagte Ashton. »Dann lass uns anfangen.«
Während der nächsten Stunde arbeiteten Miriam und Ashton an einem Brief an Volio, dann gesellten sie sich zu den anderen, die Karten spielten. Draußen regnete es inzwischen heftig, doch sie hatten viel zu lachen, als Ashton ihnen von seinen diversen Abenteuern in den Kunstgalerien erzählte. Er lobte auch Miriams Geschick, Liebesbriefe zu schreiben, und schnell waren alle gute Freunde. Kurz vor dem Abendessen verließ die Gesellschaft das Haus. Miriam hielt den Brief umklammert, den sie heute Abend Volio zustellen wollte.
Sie winkten einer Droschke, drängten sich hinein und fuhren zurück nach Illyria.
»Dein Cousin ist wirklich nett«, sagte Toby in der Droschke zu Violet, »aber ich weiß nicht, ob es mir gefällt, dass er so von Miriam begeistert ist.«
Jack kicherte. »Darüber würde ich mir keine Sorgen machen.«
Miriam nickte. »Deine Eifersucht ist nur reizvoll, wenn sie angebracht ist, Toby«, sagte sie.
Toby runzelte verwirrt die Brauen, beschloss jedoch, sich mit dieser Antwort zufriedenzugeben.
»Er ist schwul, Toby«, sagte Drew.
Toby bekam große Augen. Oh«, sagte er, und alle fingen an zu lachen.
Am Eingang von Illyria trennte sich Miriam von der Gruppe. Toby erschlich sich einen Kuss, bevor er zum Abendessen in die Schule ging. Miriam spazierte durch den Garten neben Illyria zum Fluss. Es regnete jetzt noch stärker, sodass sie die Kapuze ihres Umhangs anhob und beobachtete, wie der Sturm das Wasser aufpeitschte. In der letzten Zeit litt sie unter Schlafstörungen, sie wurde von den Robotern im Keller gejagt, die das Gesicht des Dukes hatten. Bestimmt spielte ihr ihr Verstand einen Streich. Sie atmete tief durch, roch den Fluss und das nasse Gras und den Regen und schob die Gedanken an den Keller beiseite. Ließ sie vom Regen fortspülen.
Als Kind war es ihr in Persien nicht erlaubt gewesen, im Regen zu spielen. In Esfahan war das jüdische Ghetto eingezäunt, und die Straßen waren ausgefahrene Dreckpisten, die sich bei Regen in Matschpfützen verwandelten und spritzten, wenn die Regentropfen hineinfielen. Miriam starrte durch die Fenster zu ihnen hinüber und wünschte sich, hinausgehen und in ihnen spielen zu dürfen. Das Wasser vom Himmel sah so einladend aus, fast magisch. Vom Himmel durchnässt zu werden, erschien ihr wundervoll. Sie war erst sechs und begann erst langsam zu verstehen, dass es Regeln gab, die man befolgen oder brechen konnte.
Ihre Eltern sahen nicht zu ihr hin. Die Straße vor dem Fenster war leer. Die Mutter nähte am Feuer, und der Vater saß über seinen Rechnungen. Die Geschäfte liefen nicht gut. Vor Kurzem war eine Gruppe Jugendlicher aus dem Ort in seinen Laden eingebrochen und hatte viel gestohlen. Die Polizei hatte nichts unternommen, da es keine
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