Erfindung der Violet Adams
Miriam es voller Abscheu drehte, entglitt es Volios Griff. Volio schlug sie leicht ins Gesicht. »So behandelt man seine Herren nicht«, sagte er.
»Sie sind nicht mein Herr«, entgegnete Miriam. »Und mehr als diese Briefe werden Sie von mir nie bekommen. Sollten Sie das versuchen, werde ich dem Duke von Ihren Versuchen, sich mir aufzudrängen, berichten, und wenn mich das meine Arbeit kostet, nehme ich das in Kauf.«
Volio lachte einmal kurz auf. »Dem Duke?«, sagte er. »Der Duke ist ein Nichts in Illyria. Ein Aushängeschild. Er kennt nicht einmal die Geheimnisse der Schule. Er ist nichts gegen uns.« Seine Worte hingen in der Luft, selbstsicher und spannungsgeladen, während der Regen weiter auf sie hinunterfiel. Miriam starrte Volio konzentriert an, versuchte, den Sinn in seinen Worten zu verstehen und herauszufinden, ob er bluffte. Wusste er etwas über die Duke-Roboter? Der Regen fiel jetzt heftig, und ein langer Donner vibrierte in der Luft.
»Dann werde ich eben Cecily erzählen, dass Sie sich mir aufgedrängt haben. Dann wird sie bestimmt nichts von Ihnen wissen wollen«, sagte Miriam.
Volio starrte sie einen Moment an, das Wasser lief ihm über das Gesicht, dann spuckte er aus. »Gut«, sagte er. »Nur die Briefe. Sie sind ein durchtriebenes Luder. Wie die meisten Juden, nehme ich an. Ich gebe Ihnen meine Antwort für Cecily übermorgen Abend. Ich brauche die Zeit, um die Gefühle, die ich in meinem Herzen trage, in Worte zu fassen.« Er lächelte auf eine Weise, die das Blut in ihren Adern gefrieren ließ, und verschwand in der Dunkelheit.
Miriam atmete laut aus, wandte das Gesicht wieder dem Fluss zu und ließ den Regen an sich hinunterlaufen. Sie hatte schon früher in ihrem Leben Dinge erlebt, die ihr Angst gemacht hatten – Hass und Feuer und Gewalt – , doch Volio schien all das noch zu übertreffen. Er trug Hass, Feuer und Gewalt in sich, doch es war diese Aura aus Grausamkeit, die sie ängstigte, der Gedanke, dass er sich allen so überlegen fühlte, dass er das Recht daraus ableitete, sie zu sezieren, nur um ihr Blut zu riechen.
Miriam zitterte erneut, ihr Körper wurde langsam feucht unter dem Umhang. Sie wollte sich später mit Toby in einem Hotel treffen. Sie atmete einmal tief durch und hörte dem Geräusch des Regens noch eine Weile zu, bevor sie zur Straße ging und an Tobys Wärme dachte, an seine Hände, die an ihrer Taille und ihren Hüften hinunterglitten, und wie er voller Bewunderung und Freude lächelte, wenn er ihren Körper küsste. Sie würde ihm nichts von Volios Vorschlag erzählen. Das würde nur zu Gewalttaten führen und möglicherweise zu Tobys Rauswurf aus der Schule, und wenn Volio, was seine Macht anging, nicht gelogen hatte, vielleicht zu Schlimmerem. Es entsprach der Wahrheit, dass sie nicht wusste, wer Illyria wirklich leitete. Sie war immer davon ausgegangen, dass es der Duke war, doch Volio hatte mit solcher Überzeugung gesprochen, dass sie sich nicht mehr so sicher war.
Sie zog ihren Umhang fester um sich und fuhr mit einer Droschke zum Hotel. Sie würde Toby sagen, dass die Übergabe gut gelaufen war, dass Volio nichts Wichtiges gesagt hatte und ihn dann in die Arme nehmen und ihn lieben, bis sie bis auf den Regen alles vergessen hatte.
Kapitel 15
M alcolm Volio war gerade dabei, die Geschenke zu seinem elften Geburtstag zu öffnen, als der Duke von Illyria ihn zu seinem Erben machte. Es war einer jener stickigen Augusttage, an denen die Hitze ins Haus kroch und es in einen Ofen verwandelte. Malcolm saß auf dem Boden, eine Reihe von verpackten Geschenken um sich ausgebreitet. Sein Vater und seine Mutter hatten auf Stühlen hinter ihm Platz genommen. Seine Mutter arbeitete an einer ihrer hässlichen, kunstlosen Gobelinstickereien, die sie immer machte. Malcolms älterer Bruder, Ralph, war mit etwas in den Stallungen beschäftigt, wo er den größten Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit erledigte. Er hatte gerade sein erstes Jahr in Illyria beendet. Er verbrachte inzwischen die meiste Zeit bei der Arbeit, manchmal mithilfe seines Vaters. Der Vater hätte ebenfalls den ganzen Tag in den Stallungen gearbeitet, hätte die Mutter ihn nicht geholt.
Malcolm hatte sich gerade entschlossen, welches Geschenk er als Erstes öffnen wollte, eine große Kiste von Tante Jenny, als vor dem Landhaus eine Droschke vorfuhr.
»Wer kann das sein?«, fragte Malcolms Mutter, warf ihre Gobelinstickerei auf den Tisch und erhob sich steif, um ans Fenster zu gehen. »Wer
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