Erfindung der Violet Adams
schloss.
»Ich dachte, du wolltest arbeiten«, sagte Jack.
»Ja, schon«, erwiderte Violet, »aber ich habe meine Meinung geändert.«
»Ich habe Amelia mit ihrem Essen einen Sirup gegeben. Ich denke, dass sie jetzt nicht mehr schreit.«
»Vielleicht hätte sie erst gar nicht zu schreien angefangen, wenn du ihr nicht den Sprachapparat einer Eule verpasst hättest.«
»Es ist für die Wissenschaft«, verteidigte sich Jack.
»Was ist mit der Eule passiert?«
»Sie war schon tot. Sie war ziemlich alt. Ich bin nicht so grausam zu Tieren, wie es vielleicht den Anschein hat, weißt du.«
Violet ging in die Toilette und zog sich um. »Erinnerst du dich an die erste Vorlesung des Dukes?«, rief sie.
»Über die Raumfahrt? Ja.«
»Was genau hat er gesagt?«
»Du weißt doch: Er hat behauptet, das Raumfahrt möglich ist, wir aber das richtige Fahrzeug brauchen, und dass die Verbrennung –«
»Er hat etwas von Verbrennung gesagt?«
»Ja.«
Violet kam in ihrem Nachthemd aus der Toilette. »Oh«, meinte sie niedergeschlagen.
»Was ist los? Ich dachte, du hast gesagt, dass du das geschrieben hast.«
»Ich habe mich geirrt, glaube ich«, sagte Violet.
»Und woher weißt du das jetzt?«, fragte Jack.
»Ich habe mich mit ihm gestritten.«
»Mit dem Duke?«, fragte Jack und machte große Augen.
»Ja«, antwortete sie, »und dann habe ich ihn geküsst.«
»Du hast den Duke geküsst?« Jack Augen wurden immer größer, größer, als Violet sie je gesehen hatte. Sie konnte nicht sagen, ob er in Lachen ausbrechen oder einen Panikanfall bekommen würde.
»Ja«, sagte sie leise.
»Weiß er, dass du eine Frau bist?«
»Ich … ich weiß es nicht. Wir haben uns nur geküsst. Er hat … mich nicht angefasst.«
»Glaubst du, dass er schwul ist?«
»Ich weiß es nicht. Aber er hat sehr überrascht ausgesehen, demnach vielleicht eher nicht. Oder ich küsse einfach umwerfend.«
»Hat er dich hinausgeworfen?«
»Nein … Er hat sich entschuldigt.«
»Nun«, sagte Jack und wirkte ein wenig erleichterter, »dann wird er dich wahrscheinlich auch nicht hinauswerfen.«
Er lehnte sich in seinem Bett zurück und lachte. »Natürlich verliebt die kleine Violet, die nichts anderes als die Wissenschaft im Kopf hat, sich erst, wenn es sie Kopf und Kragen kosten kann.«
»Ich bin nicht verliebt!«, protestierte Violet. »Und ich bin auch nicht klein. Ich bin sogar größer als üblich für mein Alter.«
»Warum hast du ihn dann geküsst?«
»Mein Kuss hat nichts mit meiner Größe zu tun.«
»Ich meine, wenn du nicht in ihn verliebt bist.«
»Oh … ich glaube, damit er den Mund hält. Wir haben uns gestritten, wie ich schon gesagt habe, und er wollte keine Vernunft annehmen; er hat weiter Unsinn geredet und für Vernunft ausgegeben. Da habe ich ihn geküsst. Und da war er still. Das war doch ziemlich intelligent, denke ich.«
»Sicher«, sagte Jack trocken.
»Nicht jeder fällt auf ein hübsches Gesicht herein wie du, Jack«, sagte Violet und ging ins Bett. »Einigen von uns ist unsere Arbeit wichtiger als unbedeutende Romantik.«
»Meine Liebe zu Cecily ist nicht unbedeutend«, entgegnete Jack, »und wenn sie erst nicht mehr sauer auf mich ist, werden wir gute Freunde. Und dann wird sie mich lieben.«
»Sie liebt dich nicht«, sagte Violet. »Ich habe dich erwähnt, als wir uns letzte Woche unterhalten haben, und ihr Gesicht ist fast purpurn angelaufen.«
»Das braucht Zeit«, erklärte Jack weise, »aber ich kann warten.«
»Du sprichst von ihr, als wäre sie ein Kind«, sagte Violet. »So gewinnt man doch nicht die Zuneigung einer Frau.«
»Sie ist kein Kind. Sie ist ein Genie.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe Toby über ihre Arbeit ausgefragt. Er hat sie mir erklärt, und ich habe nichts verstanden, deshalb nehme ich an, dass sie ein Genie ist.« Er rollte sich ins Bett, von Violet weg. »Aber geniale Frauen sind die schwierigsten.« Violet griff nach einem Kissen und warf es ihm an den Kopf. »Aua«, schimpfte er. Zufrieden löschte Violet das Licht und ging schlafen.
Kapitel 17
C ecily fiel auf, dass ihr Cousin sich merkwürdig benahm. Er war zwar schon immer ein wenig seltsam gewesen, doch in der vergangenen Woche war er noch seltsamer geworden. Er verließ kaum sein Labor . Zur Essenszeit, wenn er denn gezwungen war, mit den Schülern in einem Raum zu sein, sprach er nur wenig und sah nervös zu ihnen hinüber, als erwartete er, dass einer von ihnen sich auf ihn stürzte. Und vor allem wenn er mit
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