Erfindung der Violet Adams
ihrer freien Arbeitszeit mehr als einmal eine Zigarre von ihm angenommen und geraucht. Er betrachtete die Mechanik anders als Bunburry: direkter – für ihn galt es, so viel Energie wie möglich aus jedem Zahnrad, aus jedem Stück Kohle zu gewinnen. Er erfreute sich an Verzierungen und intelligenten Funktionen, doch entscheidend war, wie gut der Motor einer Maschine arbeitete. Deshalb war er auch so begeistert von Violets Motor mit seiner extremen Funktionalität.
Cecily hingegen schien Forney nicht zu mögen und begann, das Mechaniklabor zu meiden; sie behauptete, dass ihr von dem Zigarrenrauch schwindelig wurde. Das eine Mal, als sie herunterkam und Violet rauchend antraf, reagierte sie sehr verärgert, bis Violet die Zigarre ausmachte. Anschließend war Forney zu ihr gekommen und hatte ihr fest auf den Rücken geklopft. »Frauen, was?«, hatte er gesagt. »Können ein bisschen Rauch nicht vertragen, sollten nicht in London leben. Aber ich denke, wir lieben sie dafür, dass sie so süß und elegant sind.« Einen Moment schien er mit seinen Gedanken woanders zu sein. »Nun, machen wir uns wieder an die Arbeit«, sagte er und klopfte Violet noch einmal auf den Rücken.
Violet glaubte nicht, jemals süß und elegant zu werden, doch andererseits rauchte auch Ada Byron Zigarren, und ihre vielen Affären waren in der wissenschaftlichen Welt kein Geheimnis. Eine Zigarre würde den Duke nicht dazu bringen, Violet zurückzuweisen. Nicht einmal wie sie sich als Dame verhielt, wäre ein Grund zur Zurückweisung. Wie sie sich als Mann verhielt, darauf kam es an, und was noch wichtiger war, dass sie behauptet hatte, ein Mann zu sein, während sie das tat.
In den Nächten begann die Lüge, Violet ernsthaft zu schaffen zu machen. Wenn sie im Bett lag und nicht länger wie ein Mann, aber auch nicht wirklich wie eine Frau gekleidet war, fühlte sie sich unentschlossen und schuldig. Sie wollte allen die Wahrheit sagen. Sie hatte Schlafstörungen und warf sich im Bett zu den Geräuschen der Getriebe hin und her.
Die Briefe des Dukes wurden herzlicher und liebevoller. Schon bald lud er sie zu der Ausstellung im Kristallpalast in weniger als zwei Monaten ein, um sich das Modell des Raumschiffs anzusehen, das zu konstruieren sie ihm geholfen hatte. Violet schrieb zurück, dass sie da sein würde. Das war keine Lüge, natürlich nicht, doch es war weniger wahr, als dass sie sich gut dabei fühlte. Der Duke hatte begonnen, ihr sein Herz auszuschütten, langsam, subtil, und sie hatte ihm noch immer nicht das große Geheimnis anvertraut, das sie auseinanderbringen könnte.
Es war Sonntag, als der Duke und sie das nächste Mal persönlich miteinander sprachen. Sie hatte den größten Teil des Tages zusammen mit Ashton und Jack verbracht und den falschen Brief von Cecily für Miriam geschrieben, um ihn Volio zu geben. Sie hatten zusammen zu Mittag gegessen, doch Violet wollte zurück nach Illyria, um zu arbeiten, sodass sie und Jack früher gingen. Als sie auf das Schulgelände kamen, sah Violet den Duke im Garten stehen und auf den Fluss schauen. Jack sah erst sie und dann den Duke misstrauisch an, dann verschwand er, ohne ein Wort zu sagen, im Schulgebäude.
Violet ging in den Garten und blieb neben dem Duke stehen. »Ich liebe den Fluss«, sagte er. »Ich weiß, dass er verschmutzt ist, und wenn ich wirklich nahe herangehen würde, röche ich seinen Gestank, aber mir gefällt das Bild, das er vermittelt. Das Bild von Wasser, das ständig in Bewegung ist. Es kommt mir so friedlich vor, schon allein das Geräusch.«
»Ich finde das Geräusch der Getriebe in Illyria beruhigend«, sagte Violet.
»Wirklich?« Der Duke kicherte. »Ich bin mir sicher, Ihrer Schwester ginge es nicht anders. Aber Sie sollten sich etwas Zeit nehmen, auch einmal auf das Wasser zu schauen. Es ist auf seine eigene Weise brillant. Immer in Bewegung und sehr tief. Ich bin mir ziemlich sicher, dass man darunter nichts hören kann.«
»Gefällt Ihnen das, Sir?«, fragte Violet.
»Nun, ja. Wenn auch nicht in dem morbiden Sinn, wie ich es gesagt habe. Ich spreche hier nicht vom Tod. Ich finde einfach die Vorstellung eines Lebens ohne Erwartungen erfrischend. Unter Wasser gäbe es nur mich. Nicht die Stimme meines Vaters, die mir sagt, dass ich es besser machen muss, noch die der wissenschaftlichen Welt, die sagt, dass ich nicht gut genug bin.« Der Duke seufzte. »Doch jetzt habe ich mehr gesagt, als Sie wissen wollten.«
»Würden Sie auch die Stimme meiner
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