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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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voneinander unabhängig vorstellte; so passten sie auch zu den Zahnrädern in dem unbeweglichen Kreis in der Mitte. Vorsichtig drehte er jede Bronzescheibe, sodass die Zahnräder in einem zusammenhängenden System einander zugewandt waren.
    Sobald das letzte Zahnrad an seinem Platz war, schoss der mittlere Kreis mit einem leisen Pling vor. Zufrieden lächelnd entfernte Ernest ihn von der Wand. Es war ein Ring. Ein Bronzering mit einem großen Kreis auf der Vorderseite, in dem einige kleine Zahnräder waren, wie bei einer Taschenuhr. Ebenfalls wie bei einer Taschenuhr befand sich an der Seite ein kleiner Knopf. Ernest drehte ihn einige Male, und die Zahnräder drehten sich einen Moment lang langsam mit einem leisen summenden Geräusch.
    Endlich verstand Ernest. Er sprang aus der Wanne, trocknete sich ab, zog sich etwas an und ging in den Keller. Er kannte den Weg zu dem Zug inzwischen so gut, dass er keine Lampe brauchte, um sich zurechtzufinden, nahm aber trotzdem eine mit und erreichte schließlich nach seinem Zusammenstoß mit Volio den Zug. Er lächelte, als er auf dem Bahnsteig stand. Hier war endlich die Tür zu den Geheimnissen seines Vaters, und jetzt hatte er den Schlüssel dazu.
    Im Inneren des Zugs drückte er alle Schalter und Knöpfe. Die Gleise summten, der Zug leuchtete auf, und die Bremse löste sich, doch der Zug fuhr noch immer nicht. Ernest holte den Ring aus seiner Tasche, drehte an dem Knopf und fügte ihn in die kleine Vertiefung in dem Bedienpult ein, bevor er aufhörte, sich zu drehen. Von irgendwo unter ihm war ein leises Klicken zu hören – von einer zweiten Bremse? – , und der Zug fuhr, hinein in die Dunkelheit.
    Die Zugfahrt dauerte länger, als er erwartet hatte. Um den Zug war es dunkel, und er konnte nicht viel sehen, doch es roch nach Stein und nasser Erde. Mindestens zwei Mal war er sich sicher, dass die Gleise über einen unterirdischen Fluss führten, und einmal kam es ihm so vor, als ob sie durch einen Fluss gingen. Manchmal kreischte und wackelte der Zug, und Ernest musste sich an einer Wand festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Manchmal meinte er, draußen Tiere schreien zu hören. Wo war er? Wohin fuhr er? Er starrte aus den Fenstern, sah jedoch nichts bis auf die Dunkelheit, in die er stürzte.

    In dieser Nacht lag Violet wie in so vielen anderen wach. Sie musste immer wieder daran denken, dass sie den Duke weiterhin anlog und wie viel schöner das Leben ohne diese Lüge wäre. Sie wollte ihm endlich die Wahrheit sagen. Als sie schließlich einschlief, hatte sie zwei Träume: In dem einen erzählte sie dem Duke alles, und er hielt ihren Plan für intelligent und sagte ihr, dass er sie liebte. In dem anderen erzählte sie es ihm, und er stand mit offenem Mund vor ihr, bevor er ihr sagte, dass er niemals ein Mädchen lieben könne, dass so unredlich und arrogant wie sie sei.
    Langsam und leise stieg sie aus dem Bett und schlich sich aus dem Zimmer. Manchmal tröstete sie das Kurbeln der Getriebe, deshalb machte sie sich auf den Weg in den Aufenthaltsraum der Schüler, wo sie besser zu hören waren, doch auch nachdem sie ihnen eine Stunde zugehört hatte, fühlte sie sich nicht entspannter. Sie stand mit steifem Rücken auf und ging zum Aufzug, fuhr ins Erdgeschoss hinunter und durchquerte die Große Halle. Sie war nahezu leer und dunkel, nur von ein paar goldenen Lampen beleuchtet, doch hier waren die Geräusche der Getriebe am lautesten.
    Noch immer im Nachthemd, näherte sie sich im Dunkeln dem Zentralgetriebe. »Im Erfindergeist zeigt sich die Größe des Mannes« oder, wie Ada es ausgedrückt hatte, »die Größe der Menschheit«. Wie dem auch sei, sie war mit Sicherheit eine große Erfinderin. Sie hatte eine ganze Rolle erfunden, eine Reihe von Lügen, und jetzt wollte sie nichts anderes, als diese loswerden und in den Armen des Dukes liegen. Sie konnte die Fassade nicht mehr lange aufrechterhalten. Sie wusste, dass das Ende in weniger als zwei Monaten in Sicht war, doch sie hatte das Gefühl, dass die Zeit nicht schnell genug vergehen konnte.
    Aus der Dunkelheit war ein Geräusch zu hören, und der Duke trat langsam aus den Schatten. »Sir!«, sagte sie mit ihrer Männerstimme. »Entschuldigung, Sir. Ich konnte nicht schlafen und habe gedacht, dass ein Gang mir helfen würde.« Der Duke sagte nichts, starrte nur zu dem Zentralgetriebe hoch. In dem gedämpften Licht schien seine Haut Bronze. Violet blickte an sich hinunter. Sie fragte sich, ob es hell

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