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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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entschuldigen. Er hatte den Brief nicht vollendet, weil er nicht gewusst hatte, was er ihr schreiben sollte. An einem Sonntag kam er von einem Mittagessen mit seinem Vater und seinem Bruder zurück, der ihn ignoriert hatte. Die beiden hatten nur von ihrer Waffenforschung für die Königin gesprochen und dass sie diese nicht zu schätzen wusste und sie die Waffen stattdessen lieber gegen die Königin richten sollten. Sie hatten leise und glucksend gelacht, wie es ihnen eigen war, und ihre Schnurrbärte hatten dabei gewippt. Malcolm hatte das Aussehen seiner Mutter geerbt: eine zarte, blasse Haut und dunkle Haare. Sein Vater und sein Bruder waren kräftiger gebaut, beide neigten zur Glatze und dort, wo noch Haare wuchsen, waren sie von einem kräftigen Rot. Sie fertigten ihn oft einfach ab, und wenn er mit ihnen über Probleme mit den Robotern sprechen wollte, sagten sie: »Du wirst das schon hinbekommen, alter Junge, jetzt lass uns über wichtigere Dinge sprechen, ja?«
    Er stieg aus der Kutsche, die ihn zurück nach Illyria gebracht hatte, und beabsichtigte, sich sofort in sein behagliches Labor zurückzuziehen, als er Cecily allein im Garten sah. Da niemand in der Nähe war, hielt er es für eine gute Gelegenheit, mit ihr zu reden. Sie trug ein wunderschönes weißes Kleid und hielt einen dazu passenden weißen Spitzenschirm in der Hand, um sich vor der späten Nachmittagssonne zu schützen. Inzwischen war es Anfang Juni und warm geworden, doch die Brise von der Themse her war angenehm. Sie guckte auf den Fluss und streichelte träge Shakespeare, der auf ihrem Schoß sah.
    »Cecily«, sagte Volio und setzte sich neben sie.
    Cecily runzelte die Stirn. Sie fand es nicht passend, dass er sie mit ihrem Vornamen anredete.
    »Ja, Mr Volio?«, sagte sie.
    »Sie müssen mich Malcolm nennen«, verlangte Volio.
    Sie antwortete nicht und sah ihn nicht einmal an. Vielleicht wusste sie bereits, was er ihr sagen wollte, oder war einfach verärgert, dass er ihr in der letzten Zeit nicht geschrieben hatte. »Ich wollte sagen, dass es mir leidtut.«
    »Was?«
    »Nun, ich habe Ihnen drei Wochen nicht geschrieben und darüber hinaus –«
    »Mir geschrieben?«, unterbrach Cecily ihn und drehte sich verwirrt zu ihm um. »Wann haben Sie mir jemals geschrieben?«
    »Cecily«, begann Volio und hob die Hand, um sie zu unterbrechen, »niemand ist in der Nähe. Wir können offen reden.«
    »Sir«, sagte Cecily und stand auf. »Ich denke nicht, dass es passend wäre, offen miteinander zu reden.« Volio starrte zu ihr hoch, seine Hände zitterten. »Und Sie haben mir definitiv nie geschrieben.«
    »Aber … «, wandte Volio ein und griff in seine Jacketttasche, um ihren letzen Brief herauszuholen. Enttäuschung machte sich in ihm breit, und seine Hände waren trocken. Er reichte ihr den Brief.
    Sie nahm ihn, las ihn kurz und lachte. »Mr Volio«, sagte sie, noch immer kichernd, und gab ihm den Brief zurück. »Ich glaube, da hat Ihnen jemand einen Streich gespielt. Das ist nicht meine Schrift.« Als er den Brief nicht nahm, zuckte sie mit den Schultern und ließ ihn fallen, bevor sie zurück in die Hallen von Illyria ging.
    Volio blieb noch einen Moment im Garten sitzen, vornübergebeugt, mit gebrochnem Herzen und völlig still. Dann hob er den Brief auf und zerknüllte ihn in der Hand. Etwas in seinem Inneren zitterte. Er hatte ein Gefühl, als wären seine Augen aus Glas und zerbrochen, in tausend kleine Scherben zersprungen, und als wären darunter neue Augen, richtige, fleischige, die sehr viel mehr sahen. Er spürte den Wind, der ihn umwehte, und das Potenzial eines Hurrikans, das in ihm lag. Er hörte den Fluss vorbeirauschen und den zunehmenden Tsunami in seinem Inneren, der ganz London überfluten würde. In seinen Händen spürte er das Pochen seines Bluts, das wie ein Streitwagen durch seine Adern preschte. Er hatte die Macht, diese Fluten und Stürme zu erschaffen, und er wusste jetzt, dass es keinen Grund gab, dies nicht zu tun. Cecilys Liebe zu ihm war das einzig Gute in dieser Welt gewesen. Ohne sie fühlte er die Erde beben und den Erdball bersten. Ohne Cecilys Liebe sah Volio keinen Grund, den Wahnsinn in sich zurückzuhalten, keinen Grund, die Dummköpfe dieser Welt zu verschonen, unter denen er sein ganzes Leben gelitten hatte. Das einzige Geräusch im Garten kam von Volios Lippen, die sich teilten, um einen Atemzug hinauszulassen, und der Brise, die ihm das dunkle Haar aus dem Gesicht blies.
    Natürlich war es ein Streich

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