Erfindung der Violet Adams
nicht darauf, einen zu bekommen. Die einzige Gruppe, die versucht hatte, Ansprüche auf sie geltend zu machen, war die Familie ihres seligen Mannes, doch sie hatten nicht protestiert, als sie eines nachts fortgegangen und nicht wiedergekommen war. All das gab ihr die Freiheit zu tun, was sie wollte, vorausgesetzt, sie war vorsichtig. Sie atmete langsam ein.
»Du wirst ihm nichts sagen«, sagte Toby zu Volio. »Und selbst wenn du etwas sagen solltest, werden wir alle behaupten, dass du spinnst. Richtig, Kumpels?« Toby drehte sich um, um die anderen anzusehen. Drew nickte schnell, und nach einem kurzen Zögern taten Jack und Violet es ihm gleich. Der Raum war in dem trüben elektrischen Licht dämmrig, und die Schatten schlichen sich um die Bronze, lang und alles verschlingend.
»Ich werde es ihm sagen«, drohte Volio mit rauer Stimme, »und er wird mir glauben. Oder er wird zumindest Mrs Isaacs nicht mehr aus den Augen lassen. Aber ich denke, er wird sie eher entlassen, nur für alle Fälle. Er ist ein vorsichtiger Mann, der Duke. Wahrscheinlich wird er es auch allen sagen, die Sie danach einzustellen gedenken. Wenn überhaupt jemand eine arabische Jüdin als Gouvernante einstellt.«
Miriam sah ihre Freiheit davonschwimmen. Ihr ganzes Leben lang war ihr gesagt worden, was sie zu tun hatte – von der Familie, von ihrem Mann. Sie war nie wirklich frei gewesen, bis nur noch sie übrig gewesen war, und selbst da war sie furchtbar einsam gewesen, bis sie begriffen hatte, dass Freiheit bedeutete, dass sie nachts ausgehen, die Gesellschaft von brillanten, jungen Männern wie Toby suchen und sich verlieben konnte, und dass es niemanden wirklich etwas anging, solange sie vorsichtig war. Würde ihr all das genommen, bliebe ihr nur die Einsamkeit. Ein Leben als Frau in einem hochgeschlossenen schwarzen Kleid, die sich um die Kinder anderer Leute kümmerte, eine Außenseiterin, ein Schatten. Sie fiel auf die Knie.
Violet rang mitfühlend nach Luft, da sie die Tränen sah, die Miriam in die Augen stiegen, und wusste, was Miriam fühlte. Sie wäre gerne zu Miriam gegangen und hätte ihr die Arme um den Hals gelegt, wie eine Schwester das tun würde, und ihr gesagt, dass alles gut werden, dass niemand sie einsperren oder hinauswerfen würde. Sie konnte weiter sie selbst und frei sein. Doch Violet war jetzt ein Mann, und eine solche Geste war ihr als solcher nicht erlaubt.
»Bitte … «, flehte Miriam. Toby trat auf Volio zu und wollte ihm einen Faustschlag verpassen, doch Volio, der die Nacht nicht mit Trinken verbracht hatte, trat schnell zur Seite und näherte sich Miriam.
»Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde nichts sagen«, versprach Volio. »Nichts über Ihre lockere Moral, Ihre Trinkerei, Ihre Vergnügungen, Ihre unangemessenen Beziehungen zu den Schülern … es wird ein Geheimnis bleiben.«
»Was wollen Sie dafür?«, fragte Miriam mit strammem Mund.
»Geben Sie diesen Brief einfach der lieben Cecily.« Er holte einen Brief aus der Tasche und gab ihn ihr. Miriam starrte zu ihm hoch. Er hatte nicht einfach eine Frauenstimme gehört. Er hatte auf sie gewartet. Er war vorbereitet gewesen. Er wusste schon eine ganze Zeit, dass sie sich hinausschlich.
»Was ist das?«
»Ein Liebesbrief.«
»Der Duke wird das nicht gutheißen.« Miriam starrte den Brief an und schniefte.
»Dann werden wir es ihm eben nicht sagen, nicht wahr? Ich hoffe, ich bekomme bald eine Antwort. Andernfalls muss ich davon ausgehen, dass Sie mir diesen kleinen Gefallen nicht getan haben.«
»Ich kann Cecily nicht zwingen, Ihnen zu schreiben!«, sagte Miriam und warf den Brief auf den Boden. »Was ist, wenn sie sich nichts aus Ihnen macht?«
»Denn werden Sie ihr von meinen Tugenden vorschwärmen«, zischte Volio.
»Ich kann sie nicht zwingen, Sie zu lieben«, sagte Miriam leise.
»Ich vertraue darauf, dass Sie Ihr Bestes tun werden«, sagte Volio und beugte sich zu ihr hin. Ihre Augen keilten sich ineinander fest. Violet, die die beiden von der Seite beobachtete, dachte, dass jeden Moment einer den anderen schlagen würde. Stattdessen schlug Miriam die Augen nieder, und Volio zog sich triumphierend die Treppe hinauf zurück. »Gute Nacht!«, rief er über die Schulter.
»Bastard«, sagte Toby. »Bastard!«, wiederholte er, bevor er mit der Faust gegen die Wand schlug, die ein leises metallisches Klirren von sich gab.
»Toby, hör auf«, sagte Miriam und erhob sich vom Boden. »Ich mache, was er sagt, so gut ich kann. Oder ich werde …
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