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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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schon zuwider. Sie beschaute ihre viereckigen, schlecht gepflegten Nägel. Menschen, die ihre Arbeit hatten,eine Existenz mit Sinn und Zweck, paßten da nicht hin. Übrigens kostet so was sicher furchtbar viel Geld, und durch dieses Arbeitsverbot wird sie ohnehin bald wirtschaftlich ins Gedränge kommen.
    Man brach auf. Als sie im Gegensatz zu den anderen zu Fuß gehen wollte, bestand Herr Hessreiter darauf, sie zu begleiten. Stolz ging er neben ihr. Sie hatte Eindruck gemacht, ihre Sache gefördert. Er betrachtete das als persönlichen Erfolg. Der ganze Mann, schwer und schwebend, war eine einzige Zuversicht. Johanna strich skeptisch neun Zehntel von seinen Hoffnungen ab. Schritt aber, befriedigt auch von dem einen Zehntel, fröhlich neben ihm her; seine fleischige Gegenwart schien ihr kein schlechter Schutz.
    Er sprach auf dem nicht kurzen Weg von allen möglichen abseitigen Dingen, kam schließlich, nach endlosem Herumdrücken, auf das saudumme Verbot ihrer beruflichen Tätigkeit. Meinte, das werde ihr auch ökonomisch zu schaffen machen; denn er stelle sich vor, wenn man es nicht nötig hätte, würde man doch lieber nicht jedem Hanswurst sein Geschmier analysieren. Johanna, an die scharfen, klaren Sätze Jacques Tüverlins denkend, das umständliche Ungefähr ihres Begleiters genießend, erwiderte nach einer Weile, ja, Bilder zu kaufen wie der Herr Hessreiter, dazu lange es ihr nicht. Dann, scheinbar unvermittelt, fügte sie hinzu, sie habe während der Reden des Herrn Pfaundler flüchtig an einen Winteraufenthalt in Garmisch gedacht. Stürmisch pflichtete Herr Hessreiter ihr bei. Garmisch, das sei eine ausgezeichnete Idee. Dort könne sie auf zwanglose Art mit aller Welt in Verbindung kommen, alle Welt sei dort umgänglich, gutgelaunt. Natürlich müsse sie nach Garmisch. Sie möge ihm ja rechtzeitig sagen, wann sie hingehe. Es wäre eine furchtbare Enttäuschung für ihn, wenn sie ihm nicht erlaubte, ihr dort behilflich zu sein. Sie dürfe sich auf ihn verlassen, er werde alles, was sie ihm anvertraue, bestens erledigen. Johanna, wie auch er sagte: bestens erledigen , spürte einen kleinen Ruck, wie sie einen kleinen Ruck gespürt hatte, als er im nötigen Augenblickanfing, von Geld zu reden. Er hielt, vor ihrer Tür, die feste Hand Johannas mit den viereckigen Nägeln in seiner fülligen, gutgepflegten, schaute ihr mit schleierigen Augen zutraulich, dringlich in das breite, unbefangene Gesicht.
    Johanna, während sie sich schlafen legte, lächelte. Lächelnd dachte sie an die altmodische, angenehme Art des Großbürgers Paul Hessreiter, versuchte, seine weiten, rudernden Armbewegungen nachzumachen, beschloß endgültig, nach Garmisch zu gehen, schlief lächelnd ein.
8
Randbemerkungen zum Fall Krüger
    Jacques Tüverlin diktierte seiner saubern, blitzblanken Sekretärin einen Essay zum Fall Krüger. »Der Mann Martin Krüger«, diktierte er, in einem weiten, einfarbigen Hausanzug schlenkerig auf und ab gehend, »der Mann Krüger ist der Regierung unbequem. Er hat Ansichten, die dem Wesen der Bevölkerung, der Methode der Verwaltung zuwider sind. Auch widersprechen seine Kunstanschauungen den üblichen Sitten und Gebräuchen, an denen der in seiner Grundschicht alpine, konservative Stamm, der die bayrische Hochebene bewohnt, festhält. Daß diese Sitten und Gebräuche nicht übereinstimmen mit denen des übrigen Europa, daß sie, basierend auf den Notwendigkeiten sehr früher Jahrhunderte, auf den Bedürfnissen kleiner Siedlungen oder einzelner Höfe, patriarchalisch, also unlogisch und störend sind, tut nichts zur Sache. Der Tatbestand, daß der Mann Krüger weite, rascherem Verkehr entsprechende Anschauungen auf seinem Gebiet in die Tat umsetzte, während man ringsum enge, beschränkte Dinge pflegte, gibt der Regierung dieses engen Landes selbstverständlich das Recht, sich des Mannes mit den konträren Ansichten als eines Verbrechers zu entledigen.«
    Der Lautsprecher des Rundfunks gellte einen Tanz, eine Freundin Jacques Tüverlins beschwerte sich am Telefon, daß er sie im Restaurant habe sitzenlassen; er hatte tatsächlich vergessen und schob alles auf die Sekretärin; doch die war unschuldig, denn er hatte ihr nichts mitgeteilt. Der Bote eines Verlags forderte dringend Korrekturfahnen ein. Er wich nicht aus dem Vorzimmer, er hatte Auftrag, nicht ohne die Korrekturen abzuziehen. Jacques Tüverlin liebte Lärm beim Arbeiten. Die Sekretärin wartete geduldig, er diktierte weiter.
    »Eine bessere,

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